Fragen und Antworten zum Zeckenstich in Göttingen und Südniedersachsen

Die Temperaturen sind gestiegen und somit auch die Anzahl von Zecken in der Natur. Welche Zecke ist wo in Südniedersachsen zu befürchten? Wie können sich Menschen vor einem Stich schützen? Prof. Uwe Groß vom Institut für medizinische Mikrobiologie an der Universitätsmedizin Göttingen beantwortet die wichtigsten Fragen, ebenso wie der Neurologe und Chefarzt Prof. Roland Nau am Evangelischen Krankenhaus Göttingen-Weende. Welche Zecken sind in Südniedersachsen heimisch? Die wichtigste Zecke ist der sogenannte Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus), der in ganz Europa zu finden ist, und auch in Südniedersachsen vorkommt. Ab acht Grad Celsius werden die Zecken aktiv, ein warmer Winter fördert also ihre Vermehrung. Welche Krankheiten drohen? In Südniedersachsen können Zecken Borreliose, eine bakterielle Infektionskrankheit, übertragen. „Frühere Untersuchungen weisen darauf hin, dass in Göttingen und im Umland in ungefähr jeder dritten Zecke Borrelien nachweisbar sind“, sagt Groß. In anderen Regionen, in Süddeutschland etwa, kann zusätzlich auch die Frühsommermeningoencephalitis (FSME) übertragen werden. FSME kann bei Menschen eine Hirnhautentzündung auslösen. Wie kann man sich vor den Blutsaugern schützen? Bei Wanderungen in der Natur empfiehlt Groß, lange Hosen zu tragen sowie Hemden mit langen Ärmeln. Noch sicherer wäre es, wenn die Strümpfe über die Hosenbeine gezogen werden. Helle Kleidung hilft, um die Zecken leichter zu entdecken. Vor allem junge Zecken, die sogenannten Nymphen, stechen und die sind kleiner als der Kopf eines Zündholzes. Zusätzlich können Repellentien zum Schutz vor Zecken eingesetzt werden. Dabei handelt es sich um synthetische Mittel und Öle zur Abwehr von Parasiten. Wie kann man die Zecke entfernen? Und was sollte man auf keinen Fall tun? Groß empfiehlt, die Zecke innerhalb von zwölf Stunden nach dem Stich zu entfernen. Die Zecke sollte direkt über der Haut als Ganzes entfernt werden. Das gelingt am einfachsten mit einer Zeckenpinzette oder mit einer spitz zulaufenden feinen Pinzette. Der Stechapparat der Zecke hat kein Gewinde, daher muss man nicht nach links oder rechts drehen. Die Zecke kann sanft, eventuell mit leichtem Rütteln, mit der Pinzette aus der Haut gezogen werden. In Apotheken und Drogerien gibt es zudem sogenannte Zeckenkarten: Mit diesen können Betroffene den Kopf der Zecke einklemmen und so den Blutsauger von der Haut entfernen. Wer es sich zutraut, kann einen reißfesten Faden zwischen Zecke und Haut platzieren und diesen langsam zuknoten. Wenn der Kopf der Zecke in der Haut verbleibt, kann es zu einer Hautinfektion kommen. „Nach Entfernen der Zecke muss die Wunde gründlich desinfiziert werden“, fügt Nau hinzu. Auf keinen Fall sollte man versuchen, die Zecke auf der Haut mit Öl, Alkohol oder Klebstoff zu ersticken oder zu ertränken oder sie zu zerquetschen. In diesen Fällen kann das Spinnentier gereizt werden: Es „spuckt“ dann seinen Speichel samt Krankheitserreger in die Wunde. Welche Symptome sollten einen hellhörig werden lassen? Die meisten Borrelieninfektionen werden von den Betroffenen nicht bemerkt. Es wird geschätzt, dass nur weniger als 30 Prozent der Infizierten Symptome entwickeln. Am häufigsten wird wenige Tage bis Wochen nach dem Zeckenstich eine Rötung an der Einstichstelle bemerkt, die sich ausbreiten kann. Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es? Für die Behandlung der Borreliose stehen Antibiotika zur Verfügung, die mindestens zehn Tage, oft auch bis zu vier Wochen, genommen werden müssen. Die FSME kann bisher nur symptomatisch behandelt werden; eine antivirale Therapie steht nicht zur Verfügung. „Für Menschen, die in Risikogebieten wandern möchten, empfehle ich die FSME-Impfung“, so der Neurologe Nau. Der sogenannte Gemeine Holzbock oder Ixodes ricinus ist die wichtigste Zeckenart in unserer Region. Sie lebt im Unterholz, daher der Name Holzbock. Der Holzbock beißt nicht, er sticht. Dabei wird zunächst die Haut des Wirtes (Mensch oder Tier) mit scherenartigen Mundwerkzeugen aufgerissen. Anschließend dringt er mit dem Stechrüssel in das Gewebe ein und saugt dort über mehrere Tage Blut. Meistens krabbelt die Zecke beim Menschen eine Zeit lang auf der Kleidung oder der Haut herum, um zunächst eine geeignete Stelle zu finden. Gerne sticht er zu, wo die Haut dünn ist, also an eher versteckten Stellen, wie etwa die Kniekehle oder hinter dem Ohr. Allerdings sind es weniger die erwachsenen Zecken, als vielmehr die Nymphen, die stechen. Diese Zeckenstadien sind kleiner sind als der Kopf eines Zündholzes. Daher muss genau hingeschaut werden, um die Zecke als solche zu erkennen. Erst durch ihre langanhaltende Blutmahlzeit werden sie größer und sind dann auch leicht zu erkennen. Sie erreichen die Autorin per E-Mail an lokales@goettinger-tageblatt.de Von Anja Semonjek