1992 hat er es aufgemalt unter dem Titel „The Göttinger“. Damit folgte Gernhardt einem Vorschlag seines Vorbilds Georg Christoph Lichtenberg, der einmal anregte, man möge vom Helden eines Romans dessen „Begriff von der Erde in einer kleinen Charte“ beifügen, „in der Mitte das Dorf, wo er lebt“, der Rest „sehr viel kleiner, wie es weiter weg kömmt“.
Gernhardts Göttingen, so auch der Titel des 1997 erschienenen und längst vergriffenen Büchleins über die Verbindung des Humoristen zu seiner Heimatstadt, zeigt des Autors Weltbild so: Markt und Gänseliesel im Zentrum, Altes Rathaus, Fachwerkhäuser und Jakobiturm, in der Ferne Hamburg, England, Grönland.
Tatsächlich, das belegt das Buch, stand Göttingen für Gernhardt stets im Zentrum, auch wenn er im Dezember 1937 in Reval (Estland) geboren worden war und er schon nach dem Abitur in Stuttgart und Berlin studierte, ab 1964 in Frankfurt und zeitweise in Italien lebte. Göttingen, so zitieren Verwandte ihn, „das ist wie Heimat“.
Dabei ging es ihm anfangs nicht gut in Göttingen. Mit den 1941 und 1943 geborenen Brüdern Per und Andreas war er an der Seite seiner Mutter 1946 hier angekommen, lebte zunächst in der Wohnung von Verwandten. Der Vater war im Januar 1945 gefallen.
Zeit mit dem Bleistift vertrieben
Die Mutter hielt die Familie mit Laubsägearbeiten über Wasser. Spielsachen, sagt Schwägerin Yvonne Telzerow-Gernhardt, gab es nicht. Aber immer einen Bleistift. Damit habe sich Robert seit frühester Kindheit die Zeit vertrieben.
Zauberhafte Kritzeleien, etwa ein Organigramm über die Deutschen Romantiker, sind in der Schulzeit am Felix-Klein-Gymnasium dabei entstanden, dazu Gedichte über seine Lehrer oder die Bausünden der Stadt.
Am bekanntesten ist dieses: „Im Bombenkrieg blieb nicht viel heil/ nur Göttingen bekam kein Teil/ Woraus man dort geschlossen hat:/ Dann machen wir uns selber platt.“ Und zum Beleg dichtet er über den Platz, der nun seinen Namen trägt: „Der Vorgängerbau war ein Jugendstilbad/ sehr schön, sehr rar, sehr eigen/ Das brachte der Durchschnitt auf sein Niveau/ anno sechzig. Der Rest ist Schweigen.“
Dennoch hat Gernhardt Göttingen geliebt. Jedes Jahr traf er sich hier mit Klassenkameraden. Seine Mutter besuchte er regelmäßig, gab gar Lesungen im Wohnstift für sie, bis sie mit 101 Jahren 2005 starb. Ein Jahr später starb auch er, erst 69-jährig. Dass er ein rechter Göttinger war, weist ein Detail seiner Zeichnung The Göttinger unumstößlich aus: Im Zentrum des Marktes steht die Rundbank.