Göttingen: Eineinhalb Millionen Euro für sichere Schulen in Corona-Zeit

In seltener Einmütigkeit hat sich der Rat der Stadt Göttingen entschieden, außerplanmäßig 1,5 Millionen Euro für Schutzausstattung und Schutzkonzepte der Schulen bereitzustellen. Die Mittel sollen für die Beschaffung von mobilen Lüftungsgeräten zur Verfügung stehen, ebenso für Plexiglaswände, FFP-2-Masken und Schnelltests. Der Rat hat die Verwaltung dazu ermächtigt, die sonst üblichen Ausschreibungspflichten auszusetzen, denn alles soll möglichst schnell gehen. Der interfraktionelle Antrag ist von allen Fraktionen getragen worden, er beruhte auf einem Antrag der CDU-Fraktion. So lobte denn CDU-Fraktionschef Olaf Feuerstein die „guten Gespräche über Parteigrenzen“ hinweg. SPD-Fraktionschef Tom Wedrins merkte an, dass es einen 100-prozentigen Schutz vor der Ansteckung mit dem Corona-Virus nicht geben werde. „Wir setzen auf einen Mix zur Vorsorge“, sagte er. Wenn die Schulen, wie aktuell vorgesehen, nach Ostern in das Szenario B wechseln (Präsenzunterricht unter Hygienestandards wie Mund-Nasen-Bedeckung und Abstand), müsse auf klassenübergreifenden Unterricht verzichtet werden, empfahl er dringend. „Wir hoffen, dass das Geld reicht“: Die für die Göttinger Schulen zuständige Dezernentin Maria Schmidt(Grüne) geht davon aus, dass 600 von insgesamt 1039 Klassenräumen nur ungenügend gelüftet werden können. Eine Abfrage der Bildungsstätten (an der aber nicht alle Schulen teilgenommen haben) hat das ergeben. „Wir werden jetzt die Details ermitteln und fragen, was die Schulen wollen und dann hoffen wir, dass das Geld reicht“, sagte Schmidt in der Ratssitzung am 12. Februar in der Sparkassen-Arena. Der im Göttinger Rat gefasste Beschluss soll die Schulen insgesamt deutlich sicherer machen vor Corona-Infektionen, in dem ein ineinandergreifendes Konzept zur Eindämmung der Ausbreitung der Viren realisiert wird. So ist es in der Begründung zum interfraktionellen Antrag festgehalten. Ziel müsse es sein, in allen Klassenräumen die Virenlast langfristig zu verringern. Mit diesem „beispielhaften Handeln“ würde die Stadt Göttingen niedersachsenweit sicherlich als Modellregion gelten. Die Anordnungen zum Durchlüften von Klassenräumen (auch bei Minustemperaturen) hätten sich als nicht praktikabel erwiesen, heißt es weiter. Die Wirksamkeit etlicher Gerätetypen sei klar bewiesen, sie würden bereits in öffentlichen Gebäuden sowie Kliniken und Gerichten zum Einsatz kommen, um die Ansteckungsgefahren weitgehend auszuschließen. Bei der Beschaffung mobiler Lüftungsgeräte sollen Wirksamkeit, Luftdurchsatz, Lautstärke, Unterhaltungsaufwand und der Preis eine Rolle spielen. Da verschiedene Produkte die technischen Voraussetzungen erfüllen, könnten auch verschiedene Produkte zum Einsatz kommen. Die Vorsitzende des Landeselternrats, Cindy-Patricia Heine, dankte dem Gremium dafür, den Schutz der Göttinger Schüler nachhaltig anzugehen. „Das ist eine wegweisende Präventionsmaßnahme“, beurteilte sie die einstimmige Ratsentscheidung. Heine geht von einer dritten Welle aus, dann aber sei die Stadt Göttingen vorbereitet. Sie sagte auch, dass andere Städte sowie der Niedersächsische Städtetag aufmerksam verfolgen, welchen Weg Göttingen einschlägt. Produkte einer Prüfung unterzogen: Im Gespräch ist seit Wochen, die Bevölkerung um Spenden für die Ausrüstung der Schulen mit Lüftungsanlagen zu bitten. Eine entsprechende Kontoverbindung ist aber noch nicht öffentlich bekanntgegeben worden. Die Stadtverwaltung hat bereits verschiedene Luftfilteranlagen einer Begutachtung unterzogen und empfiehlt vier Produkte beziehungsweise rät von anderen ab. Kriterien sind unter anderem die Lautstärke sowie die Leistungskapazität und die durch UV-Licht erzielte Abtötung von Krankheitserregern. Linke will eine Million Euro umleiten: Die Wählergemeinschaft Göttinger Linke hatte in der Ratssitzung mit einem Antrag versucht, eine Summe von rund einer Million Euro für das Unterfangen aufzubringen. Der Vorschlag: Die der Sparkasse Göttingen zugewiesenen Gewinne der Städtischen Wohnungsbau in Höhe von etwas mehr als einer Million Euro sollten der Stadt Göttingen überlassen werden, um die Göttinger Schulen mit Luftfiltersystemen und Trennscheiben auszustatten. Der Antrag ist zwar lange im Rat diskutiert worden, fand aber keine Mehrheit. Lesen Sie auch Stadtelternrat macht Druck: Offener Brief für besseren Corona-Schutz in Göttinger Schulen Aerosol-Forscher: „In Klassenräume gehören Trennwände und Luftreiniger“ Kein universelles Muster bei Luftreinigungsanlagen für Schulen Die Sparkasse, argumentierte Ratsfrau Dagmar Sakowsky (Grüne) müsse als Bank für den hiesigen Mittelstand arbeiten, indem sie ihn finanziert. Das könne sie aber nur mit ausreichend Eigenkapital. Möglich sei es freilich, die Sparkasse zu einer Spende aufzurufen. Außerdem, das sagte Oberbürgermeister Rolf-Georg Köhler (SPD), sei die Sparkasse ein rechtlich selbstständiges Institut. „In welcher Höhe die Sparkasse spendet, entscheidet der Vorstand, niemand sonst“, fügte Köhler an. Von Ulrich Meinhard