Göttingen: Lernplattform IServ ist zum Schulstart nicht erreichbar

Schulstart in Deutschland – und die Lernplattform funktioniert nicht: IServ, das Online-Tool, auf das viele Schulen auch in Göttingen in Corona-Zeiten setzen, ist nicht erreichbar. Somit gestaltet sich das Lernen von zuhause schwierig, denn Videokonferenzen und das Abrufen von Mails waren am Montagvormittag nur eingeschränkt möglich. Lars Humrich, Schulleiter an der Neuen IGS Göttingen, bestätigt, dass es „hakt“. Für schulinterne Absprachen, wie beispielsweise Lehrerkonferenzen, nutze die Neue IGS eine andere Plattform, erläutert er. „Auf Schulleitungsebene geht es, für Schüler und Lehrer ist es aber heute schwierig.“ Videokonferenzen würden überhaupt nicht laden, aber: „Es ist nicht so, dass dadurch jegliches Lernen unmöglich wäre.“ Schulen sind nicht komplett von IServ abhängig: Die Lehrer würden sich anderweitig behelfen, die Kommunikation mit den Schülern erfolge über andere Kanäle und per E-Mail, berichtet Humrich von Lösungsmöglichkeiten für die aktuelle Situation. Auch Georg Bartelt, Schulleiter am Hainberg-Gymnasium in Göttingen, hätte sich einen „reibungsloseren Schulstart“ gewünscht. Für Videokonferenzen weiche man auf die niedersächsische Bildungscloud aus, sagt er, „das funktioniert in Teilen“. Doch auch über diese Plattform ruckele es. Ein Großteil der Lehrer habe den Unterricht aber zweigleisig vorbereitet, sodass eine Alternative zur Verfügung stehe. „Nach den Ferien und gerade in dieser besonderen Situation mit dem Distanzunterricht wäre es wichtig, Schüler zu sprechen und per Video zu sehen“, meint Bartelt. Doch das sei am Montag nicht möglich gewesen. Lesen Sie auch Stadtelternrat macht Druck: Offener Brief für besseren Corona-Schutz in Göttinger Schulen Halbe Klassen bis Ostern? Wie geht es an Niedersachsens Schulen weiter? Homeschooling: Probleme bei iServ und Moodle am Montagmorgen – Eltern verärgert IServ: Schulplattform teilweise nicht erreichbar Göttingen: Das sagen Schulleiter zu der neuen Corona-Verordnung Auch die Geschwister-Scholl-Gesamtschule setzt auf IServ, wie Schulleiter Tom Wedrins berichtet. „Es ist aktuell schwierig, wie geplant mit den Schülern zu kommunizieren“, da die Videokonferenzen nicht funktionieren würden, sagt er. Der Unterricht laufe dennoch so gut wie möglich weiter, denn: „Es ist nicht so, dass die Schüler von morgens bis mittags in Videokonferenzen vor dem Bildschirm sitzen.“ Vielmehr seien ihnen bereits am Wochenende Aufgaben übermittelt worden, die sie eigenständig bearbeiten müssten. Per Videokonferenz würden die Lösungen dann durchgesprochen. „Wir sind also nicht ganz von dem System abhängig“, sagt Wedrins. Nur „Anlaufschwierigkeiten“? Er hofft, dass es sich bei den Problemen nur um „Anlaufschwierigkeiten“ handele, sagt der Schulleiter. Eine Vermutung, warum die Plattform am Montag nicht funktioniert habe, äußert Wedrins ebenfalls: „Wenn sich nun alle gleichzeitig einwählen, ist es kein Wunder, dass IServ in die Knie geht.“ Wie die Vorsitzende des Landeselternrats, Cindy-Patricia Heine aus Göttingen, berichtet, habe der Ausfall von IServ und Moodle am Montag dafür gesorgt, dass bei ihr das Telefon nicht stillgestanden habe. Neben IServ habe auch die niedersächsische Bildungscloud nicht zu 100 Prozent funktioniert, sodass für den Vormittag geplante Videokonferenzen auf den Nachmittag verschoben werden mussten. Auch das habe gerade bei den älteren Schülern, die nachmittags arbeiten würden, für Probleme gesorgt. „Es war fast zu erwarten“, sagt Heine und erneuert noch einmal ihre Kritik am Digitalisierungsgrad der niedersächsischen Schulen. „Es fehlt weiter an Konzepten zur Umsetzung von Distanzlernen.“ Die Digitalisierungspläne seien vom Land nur unzureichend umgesetzt worden. Wenn der Distanzunterricht aufgrund technischer Probleme nicht funktioniere, müsse man sich überlegen, ob man in den Schulen mit Raumluftfiltern oder ähnlichem nicht für einen besseren Infektionsschutz sorgen könne, damit Präsenzunterricht wieder möglich sei. Michael Brüggemann ist derselben Meinung. Der Schulleiter des Göttinger Felix-Klein-Gymnasiums vermutet ebenfalls eine Überlastung durch den Ansturm, er glaubt aber, dass das schnell behoben werden kann: „Bei den Serverfarmen müssen nur weitere Rechner dazu geschaltet werden“, sagt er. Er hofft, dass das System schnellstmöglich wieder funktioniert, denn die Schüler im Distanzunterricht seien auf IServ angewiesen. Am Vormittag habe die Plattform gar nicht funktioniert, gegen Mittag habe er sich aber wieder einloggen können, sagt Brüggemann. „Es lädt zwar langsam, aber es lädt“, sagt er. Wenn die Störung kurzfristig behoben werde, müsse man das „nicht überdramatisieren“. Wie das Internetportal netzwelt.de berichtete, seien unter anderem aus Göttingen die meisten Störungen zu IServ gemeldet worden. Auch aus Hamburg, Essen und Berlin seien Hunderte Störungsmeldungen eingegangen. So seien neben der Videofunktion teilweise weder ein Login noch das Abrufen von Mails möglich gewesen. IServ teilte am späten Nachmittag auf seiner Homepage mit, dass das Problem behoben worden sei. „Der heutige Schulstart zeigte, wie desorientiert und fehlerhaft die Bildungspolitik hier in Niedersachsen läuft. Mit Problemen haben alle gerechnet, aber nicht mit dem Problem, dass der Umgang mit den digitalen Lernplattformen immer noch nicht sicher ist“, meint Tim Wiedenmeier als stellvertretender Vorsitzender des Stadtschülerrats Göttingen. Wenn man bedenke, dass sich die Kultusminister des Bundes erst 2016 getroffen hätten, um ein Konzept für das digitale Lernen auszuarbeiten, sei das kein Wunder. Von Tobias Christ