Göttingen: Oft Grippe-Symptome nach Astrazeneca, aber keine schweren Verläufe

Tod und Lungenembolie nach Impfung: Schlagzeilen dieser Art sind aktuell Teil der Berichterstattung der Medien. Der Corona-Impfstoff von Astrazeneca steht im Verdacht, Blutgerinnsel auslösen zu können. Mehrere europäische Länder haben die Impfungen mit diesem Vakzin vorerst ausgesetzt, so auch Deutschland. Aus Südniedersachsen sind bislang keine schweren körperlichen Verläufe oder sogar Todesfälle nach einer Impfung mit dem Wirkstoff von Astrazeneca bekannt. Wohl aber zahlreiche mehr oder minder intensive körperliche Symptome wie Gliederschmerzen, erhöhte Temperatur und auch Fieber, Schüttelfrost, Übelkeit, Erbrechen und vor allem Kopfschmerzen. Reaktionen, wie sie auch bei Impfungen gegen andere Krankheiten in seltenen Fällen möglich sind, so die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA). Symptome können zwei Wochen lang auftreten: Diese Symptome könnten bis zu 16 Tage nach der Impfung auftreten und sich auch verstärken, sagt der Präsident des für Impfstoffe in Deutschland zuständigen Paul-Ehrlich-Instituts, Klaus Cichutek. Geimpfte hätten 16 Tage nach der Impfung nichts mehr zu befürchten. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat den mit Astrazeneca Geimpften empfohlen, bei deutlichen Beschwerden schnell zu reagieren. Wer sich mehr als vier Tage nach der Impfung zunehmend unwohl fühlt, etwa starke und andauernde Kopfschmerzen oder punktförmige Hautblutungen habe, sollte sofort einen Arzt aufsuchen. Am vergangenen Sonnabend sind im Evangelischen Krankenhaus Göttingen-Weende 250 Erzieherinnen und Erzieher mit Astrazeneca geimpft worden. Eine Nachfrage des Tageblatts hat ergeben, dass es (geschätzt) bei mehr als einem Drittel der Impflinge zu Nebenwirkungen kam, vor allem am Tag nach der Impfung, zum Teil aber auch länger anhaltend. Beklagt wurden die eingangs beschriebenen Symptome. Ein knappes Drittel der geimpften Personen meldete sich am Montag bei ihren Arbeitgebern krank. „Es fühlte sich wie eine Erkältung an“: „Die meisten sind inzwischen wieder vor Ort und am Kind“, sagt Christiane Meinel vom ASC Göttingen. Auch sie selbst hat sich am Sonnabend impfen lassen, hatte nach der Impfung erhöhte Temperatur: „Es fühlte sich an wie eine kleine Erkältung“, beschreibt sie das Empfinden. Nach einem halben Tag seien die Symptome abgeklungen. Von größeren gesundheitlichen Problemen sei ihr aus den eigenen Reihen nichts bekannt. Befragt nach ihrer persönlichen Meinung zum behördlichen Vorgehen sagt Meinel: „Man muss einmal die Menge der Geimpften ins Verhältnis setzen mit den Fällen schwerer Impfreaktionen. Aber natürlich muss geklärt werden, was der Impfstoff mit den Menschen macht.“ Der Geschäftsführer der AWO Göttingen gGmbH, Michael Bonder, berichtet auf Nachfrage von „normalen Impfreaktionen“ bei einigen seiner Mitarbeiter. Einige hätten sich zwei Tage krank gemeldet, schwere Verläufe habe es nicht gegeben. „Sie sehen ja, ich spreche mit Ihnen“: Heike Jagemann, Geschäftsbereichsleiterin der Caritas für Göttingen und Duderstadt, hat ähnliches zu berichten. Auch sie ist geimpft worden. „Sie sehen ja, ich spreche hier mit Ihnen“, sagt sie zur Frage nach dem eigenen Befinden. Leichte Impfreaktionen habe sie gehabt. „Wir haben Vertrauen, dass uns nichts Schlechtes geimpft wird“, sagt sie zur Nachfrage, ob jetzt Bedenken aufgekommen seien. Eine Einschätzung, die so in etwa auch für ihre Kolleginnen und Kollegen gelten müsste anhand der Rücksprachen. Ein Lob möchte Jagemann gerne noch aussprechen: „Die Impfaktion im Krankenhaus war sehr gut organisiert, ein reibungsloser Ablauf.“ „Ein großes Bohai um Astrazeneca“: Ordentlich Kopfweh hatte Heidi Jausly einen Tag nach der Impfung. „Mit war auch eiskalt und ich war schlapp“, berichtet die 55-jährige Erzieherin. Trotzdem sei sie auch rückblickend froh, geimpft worden zu sein. „Ich gehöre zur Hochrisikogruppe“, sagt die Mitarbeiterin der Kita am Fassberg. Das jetzt in allen Medien so ein großes Bohei um Astrazeneca gemacht wird, findet sie übertrieben. „Das schürt nur die Angst unter den Menschen, das zeigt sich auch im Kollegen- und Bekanntenkreis. Das finde ich schlimm.“ Sie gehe ganz entspannt in die nächsten Tage. Schließlich gebe es viel mehr schlimme Nebenwirkungen durch die Antibabypille, aber da schaue keiner hin. „Natürlich ist das schlimm, dass Menschen verstorben sind und die Ursache muss auch abgeklärt werden. Trotzdem muss man die Verhältnismäßigkeit sehen“, betont die Göttingerin. 1000 Impfungen bei den Göttinger Werkstätten: Eine der größten Impfaktionen innerhalb eines Unternehmen ist jüngst bei den Göttinger Werkstätten gelaufen. Rund 1000 Frauen und Männer, darunter betreute Menschen mit Behinderungen sowie Mitarbeiter aus dem Wohn- sowie dem Werkstattbereich, erhielten eine Schutzimpfung, die über 65-Jährigen mit Impfstoff von Biontech, alle anderen mit Impfstoff von Astrazeneca. Unter ihnen auch der Bereichsleiter Wohnen, Enno Roy. Abgeschlagen habe er sich nach dem Piks gefühlt, wie auch viele Bewohner und Kollegen. Einige meldeten sich arbeitsunfähig. „Das war schon eine Herausforderung für die Dienstplanung“, resümiert Roy. Prinzipiell sei es gut und wichtig, das geimpft wird. „Das ist auch die Rückmeldung, die ich im Hause bekomme. Das Risiko ist meines Erachtens sehr klein und damit vertretbar. Angst vor noch möglichen Folgen habe er nicht, dafür aber ein Lob für die beiden Impfzentren Göttingen und Herzberg. Roy spricht von einer „zugewandten Arbeit“ der Mitarbeiter dort: „Das war richtig bewegend.“ Er unterstreicht: „Der organisatorische Aufwand, den die Teams leisten müssen, ist enorm.“ „Ich würde das Impfangebot sofort nutzen“: Eine Absage über die jetzt geplanten Impfungen mit Astrazeneca erhielten die ifas gGmbh und ihre Tochtergesellschaft my.worX nach Anfrage beim Impfzentrum Göttingen. In beiden Unternehmen werden Menschen mit psychischen Erkrankungen beziehungsweise Behinderungen betreut. Nach Rücksprache mit dem Leiter des Impfzentrums Siekhöhe, Jens Windwehe, erfuhren die Einrichtungen, dass die Zuständigkeit für die Terminvergabe von den Kommunen wieder an das Impfportal des Landes übergegangen ist. 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