Göttingen: Pflegestellen für Straßenkatzen gesucht

Katzen in Not finden in der Region beim Göttinger Katzenschutz Hilfe. Die sogenannten „Maikätzchen“, die im Frühjahr auf die Welt kommen und oftmals sich selbst überlassen sind, finden momentan beim Verein ein zeitweises Zuhause. Gesucht werden händeringend Pflegestellen, in denen die Katzen bis zur Vermittlung leben können. „Die Maikätzchen sind spät dran, der Boom geht jetzt erst los“, sagt Vereinsmitglied Juliana Schmidt, die in ihrer Rosdorfer Wohnung eine Pflegestelle betreibt. Mit „Maikätzchen“ ist der Frühjahrswurf der Katzenmütter gemeint – in der Regel folgt im Herbst ein zweiter. Aktuell kann der Göttinger Katzenschutz auf 17 Pflegestellen zurückgreifen. Zu Beginn der Woche lebten dort 30 gerettete Katzen, am Mittwoch sollten noch zwei Mütter aus dem Eichsfeld mit neun Kindern, sogenannten Kitten, dazukommen. Der Göttinger Katzenschutz hat 50 Mitglieder: Den Verein gibt es erst seit drei Jahren, und entsprechend stolz ist der Vorsitzende Brücher auf die positive Entwicklung seit der Gründung: Der Göttinger Katzenschutz hat mittlerweile mehr als 50 Mitglieder und konnte im Jahr 2019 rund 16000 Euro für Tierarztkosten aufbringen – finanziert durch Mitgliedsbeiträge, Spenden und einen regelmäßigen Flohmarkt, der in diesem Jahr allerdings wegen der Corona-Pandemie ausgefallen ist. Dafür nähten fleißige Mitglieder Gesichtsmasken, deren Erlös in die Vereinskasse floss. „Wenn wir 1000 Euro Tierarztkosten im Monat haben, freue ich mich. Es können aber auch schon mal 4000 Euro sein“, sagt Brücher, der in diesem Zusammenhang vor einer allzu romantischen Sichtweise auf das Dorfleben mit dem Kätzchen auf der Mauer warnt: „Das ist Blödsinn. Die Straßenkatzen, die wir auflesen, sind alle krank, haben Würmer, Flöhe oder Darmparasiten.“ Ein besonders schlimmes Bild habe sich den Katzenrettern in einem Haus im Eichsfeld geboten, in dem nach einem Todesfall mehrere kranke Katzen mit zum Teil entzündeten Augen aufgelesen wurden. In einem anderen Fall sei eine junge Katze mit Zecken übersät gewesen. Besonders Esplingerode sei ein Straßenkatzen-Hotspot – „da gibt es mehr Katzen als Einwohner“, sagt Brücher. Die sogenannten „Maikätzchen“ gehen oftmals auf das Konto von herumspazierenden Katern, die von Brücher scherzhaft als „Streunerbomben“ bezeichnet werden. Juliana Schmidt päppelt seit einer Woche in ihrer Pflegestelle eine junge Katzenmutter mit vier 14 Tage alten Kitten auf. Die Katzenmama ist selbst erst ein Dreivierteljahr alt, schätzt Schmidt. Der Göttinger Katzenschutz kann nicht alle Katzen in Südniedersachsen retten, und weil die Kapazitäten endlich sind, habe es innerhalb des Vereins schon robuste Diskussionen zwischen Realisten und Idealisten gegeben. Ein anderes Problem: Die Katzenfreunde müssen darauf hoffen, helfen zu dürfen. „Wir sind wie Vampire. Wenn man uns nicht reinlässt, dürfen wir nicht gucken“, sagt Brücher. Tierarztkosten werden vom Verein übernommen: Wer eine Katzen-Pflegestelle aufmacht, braucht keine Angst vor Tierarztkosten zu haben – sie werden vom Katzenschutz übernommen, zur Not auch Kosten für Futter und Streu. Außerdem wird eine Erstausstattung wie zum Beispiel ein Kratzbaum gestellt. Brücher hofft, dass die Politik und damit die Gemeinden, die zuständig seien, die Situation mit einer Katzenschutzverordnung entspannen – mit einer Kastrationspflicht für Katzen aus Privathaushalten mit Freigang, einer Kennzeichnung und einer Registrierungspflicht. Der Göttinger Katzenschutz finanziert sich ausschließlich aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen, die Mitglieder sind ehrenamtlich tätig. Willkommen sind neben neuen Mitgliedern Spenden und Sachspenden wie Kratzbäume, Katzenfutter, Katzentoiletten und ehrenamtliche Helfer. Die Möglichkeiten zu helfen, sind vielfältig: Es gilt, Katzen einzufangen, zum Tierarzt zu fahren, Futterstellen zu betreuen oder auch eine Pflegestelle aufzumachen. Wie viele Katzen in einer Stelle aufgepäppelt werden können, richtet sich nach den Kapazitäten, aber auch nach den beruflichen Verpflichtungen der Pflegeeltern. Sind Flaschenkinder aufzuziehen, können kranke oder wilde Katzen versorgt werden? Bevor eine Katze vermittelt wird, kommt es zur sogenannten Vorkontrolle, bei der überprüft wird, ob die Katze zukünftig ein schönes Heim hat. „Wir machen das ja schließlich, weil wir die Tiere lieben und ihnen ein schönes Leben ermöglichen wollen“, sagt der Vorsitzende Burkhard Brücher. Bis dahin sind die Pflegestellen die Notunterkünfte für Straßenkatzen. Juliana Schmidt hat mit Melody aus Gieboldehausen, Mussa, der in der Nähe der Musa gefunden wurde, und Hugo drei ehemalige Pflegekinder adoptiert und wird dafür von Brücher frotzelnd als „Pflegeversagerin“ bezeichnet. In einem sind sich die beiden aber einig: Die Aufgabe sei „sehr erfüllend“, sagt Brücher, und Schmidt ergänzt: „Es macht Spaß, den Rackern ein gutes Leben zu geben und zu sehen, wie sie wachsen.“ Der Göttinger Katzenschutz ist zu erreichen unter Telefon 0178/6975773 oder per Mail unter goettinger-katzenschutz@web.de. Von Eduard Warda

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