Göttingen: Viktor Schneider wird 100 Jahre alt

100 Jahre: Das ist ein Alter, von dem viele von uns nur träumen können. Für Viktor Schneider ist dies heute Realität geworden. Der Göttinger hat eine spannende und bewegte Lebensreise hinter sich. Geboren wurde Schneider am 2. Januar 1921 in Freudenthal im damaligen Sudetenland. Die Stadt liegt im heutigen Tschechien, damals hatte die Stadt eine überschaubare Bevölkerung, rund 8000 Menschen lebten dort. Unter ihnen wuchs Schneider auf. Er verbrachte seine Kindheit in einfachsten Verhältnissen. “Es war dennoch eine glückliche Kindheit“, erinnert sich Schneider. Die Ferien verbrachte er damals bei Verwandten. „An meine Jugendzeit erinnere ich mich gut“, erzählt der rüstige Jubilar. Mit 15 Jahren begann er eine Ausbildung als Kraftfahrzeugs-Schlosser, 1940 meldete sich der damals 19-jährige freiwillig zum Militär. „Ich war bis zum letzten Kriegstag im Einsatz“, erinnert er sich. Im Fronteinsatz verletzte sich Schneider aber frühzeitig und wurde anderen Aufgaben zugewiesen. Nach dem Krieg floh er aus seiner Heimat wie viele Deutsche zu der Zeit, um den Russen zu entkommen. In Bayreuth in Gefangenschaft geraten: Von Linz in Österreich wollte Schneider zu einem ehemaligen Kameraden nach Göttingen wandern. „Ich dachte dort gäbe es Verpflegung“, erinnert sich Viktor Schneider. „In Bayreuth bin ich durch die Amerikaner in Gefangenschaft geraten, nach zwei Tagen war ich aber wieder frei“, erzählt er. „Durch den Bayrischen und Thüringer Wald bin ich marschiert, auch durch den Harz, dann war ich endlich in Göttingen angekommen, die Schuhe von dem Marsch habe ich noch aufbewahrt.“ In Göttingen kam Schneider dann für drei Wochen bei seinem Kameraden unter. „Ich brauchte ja Arbeit, also bin ich zur Polizei gegangen, ich wollte Verkehrspolizist werden“, erzählt der 100-Jährige. Allerdings hatte Schneider Pech, es gab keine freie Stelle. „Der Hauptmann der Polizei hat mich dann zur Feuerwehr geschickt, dort habe ich meine Bewerbung abgegeben, und nicht einmal zwei Wochen später war ich eingestellt“, berichtet er. Man hört noch heute die Freude in seiner Stimme, wenn er über die Zeit bei der Feuerwehr berichtet. Schneider bekam ein Zimmer in Geismar, bei seiner späteren Schwiegermutter. 1948 heiratet Schneider seine Frau Ruth. Das Ehepaar zog dann in eine Dienstwohnung am Geismartor. Das Paar bekam zwei Kinder, Gabi und Wolfgang. Verantwortlich für alle Feuerwehrfahrzeuge: Beruflich ging es für Schneider schnell nach oben. Um 1960 machte er zum ersten Mal eigenständig Urlaub im Fichtelgebirge, welches sein Urlaubsdomizil für viele Jahre wurde. Vorher besuchte er Verwandte in Süddeutschland, um sich dort zu erholen. Bei der Feuerwehr stieg er zum Werkstattleiter auf. Somit war er verantwortlich für alle Feuerwehrfahrzeuge der Berufsfeuerwehr Göttingen. Schneiders Leidenschaft für seinen Beruf machte ihn in ganz Göttingen bekannt. Er arbeitete oft am Wochenende und war stets in Göttingen unterwegs, um bei Firmen beispielsweise Fahrzeugpflege und Reparaturen durchzuführen. „Dadurch habe ich viele Leute kennengelernt, in der Stadt wurde ich oft gegrüßt und angesprochen“, freut er sich. Im Alter von 63 Jahren ging Schneider dann in den Ruhestand. Von da an unterstützte er gern Verwandte und Bekannte bei Arbeiten am Haus und im Garten. Weiterhin pflegte er seine Mitgliedschaften in der Landsmannschaft und im Polizeichor. Besondere Freude bereiten Viktor Schneider heute seine zwei Enkel und fünf Urenkel. „Es ist wichtig, ein gesundes Leben zu führen, das zahlt sich aus, anders wäre ich ja wohl nicht 100 Jahre alt geworden“, empfiehlt der Göttinger lachend. Von Max von Schwartz