Göttingen: Wellcome-Engel entlasten Familien mit Babys im ersten Lebensjahr

Die in sieben Gemeinden des Landkreises Göttingen tätigen Wellcome-Engel feiern Geburtstag. 2015 haben sie das Projekt „Wellcome – praktische Hilfe nach der Geburt“ in Hann. Münden aus der Taufe gehoben und seitdem „30 Familien unterstützt und ihnen über 1100 Stunden ihrer Zeit geschenkt“, sagt die Koordinatorin des Projekts, Iris Laskowski. Laskowski arrangiert die Einsätze der irdischen Abgesandten im Auftrag der Evangelischen Familien-Bildungsstätte (Fabi) Göttingen. Inzwischen sind sie auch in Staufenberg, Dransfeld, Adelebsen, Bovenden, Friedland und Rosdorf aktiv. Bundesweit hat die gemeinnützige Wellcome-GmbH 230 Standorte. Das Metier der Engel ist die Begleitung auf dem Ausweg aus einem Dilemma: Sie leisten in jungen Familien praktische Hilfe im ersten Jahr nach der Geburt eines Babys. Ehremamtlich. „Die Nachfrage der Familien wächst stetig“: „Die Nachfrage der Familien wächst stetig“, sagt die 49-jährige Laskowski. In einem Dorf in der Gemeinde Adelebsen habe eine Mutter um Hilfe gebeten, da sie nicht nur ihr Baby, sondern auch das Geschwisterkind betreuen und den Haushalt organisieren musste. „Sie kannte niemanden, den sie hätte fragen können.“ Von den Wellcome-Engeln hatte sie jedoch gehört, und die hörten sie. In den Familienzentren des Landkreises gibt es einen Treffpunkt für junge Familien – das Café Kinderwagen. Dort liegen Infoblätter der Engel aus. „Auch dadurch erfahren Familien vom Wellcome-Angebot“, so Laskowski. „Jede Familie, die ein Baby im ersten Lebensjahr und subjektiv das Gefühl hat, dass sie Unterstützung braucht“, kann sich melden. Der Beistand sei niederschwellig und erfolge unkompliziert. Landkreis und Familienbildungsstätte kooperieren: Der Landkreis, so Laskowski, kooperiert mit der Familienbildungsstätte (Fabi) und beteiligt sich an der Finanzierung der Einsätze – wie der Evangelische Kirchenkreis als Träger der Fabi. Die Wellcome-Engel sind ein weiterer „kleiner Baustein“ in den Präventionsketten der „Frühen Hilfen“ im Auftrag des Kinderschutzgesetzes, so die Diplom-Sozialpädagogin. „Ineinander verzahnt haben die Bausteine eine große Wirkung.“ „Das Durchschnittsalter der Engel beträgt 61 Jahre“, sagt Laskowski. Erfahrung könne ein Vorteil im Alltag der betroffenen Mütter sein. „In einem Krankenhaus hat eine Mutter allein entbinden müssen, da die Corona-Bestimmungen Begleitung nicht zuließen. Zu Hause wurde sie von einer Hebamme betreut. Ansonsten war sie sehr allein, ohne Netzwerk. Es war ihr erstes Kind, und nach der Geburt ging es ihr schlecht. Es bestand der Verdacht auf postnatale Depression.“ Ein Engel konnte die Stimmung aufhellen, so Laskowski. Da die ältere Frau aufgrund der Kontaktbeschränkungen die Wohnung der jungen Mutter nicht betreten wollte, „sind die beiden spazieren gegangen und haben sich unterhalten, über Geburten und Kinderbetreuung früher und heute. Das hat der Mutter geholfen.“ Wellcome-Engel ein bis zwei Mal pro Woche im Einsatz: Die Engel entlasten Mütter. Sie spielen mit Geschwistern „und wachen über den Schlaf des Babys“, während die Mutter ruht oder Einkaufen geht. Sie unterstützen im ersten Baby-Jahr „für ein paar Monate ein bis zwei Mal pro Woche, zwei bis drei Stunden ganz praktisch im Alltag, so wie es sonst Familie, Freunde oder Nachbarn tun würden“, so Laskowski. Die Familien zahlen einen geringen Betrag pro Betreuungsstunde, betont die Koordinatorin, auch Raten sind möglich. „Und viele Familien spenden darüber hinaus. Am Geld soll die Unterstützung nicht scheitern.“ Die Engel sind versichert, „ihre Fahrtkosten werden erstattet“, sagt Laskowski. Eine Schulung müssen sie nicht absolvieren. „Es sind ausschließlich Frauen, aber es könnten natürlich auch Männer sein.“ Wellcome-Ehrenamtliche in der ganzen Bundesrepublik würden Familien mit Babys unterstützen, sagt Iris Laskowski, Koordinatorin der Wellcome-Engel-Einsätze bei der Evangelischen Familienbildungsstätte Göttingen. Die Kanzlerin halte ihre schützenden Hände über das Projekt, denn Angela Merkel (CDU) sei Schirmherrin von mehr als 230 Wellcome-Standorten in Deutschland. 2018 habe das Projekt den „Niedersachsenpreis“ für ehrenamtliches Bürgerengagement erhalten. Als bundesweit agierendes Sozialunternehmen wolle Wellcome mit „seiner unmittelbaren Unterstützung Eltern entlasten, beraten und vernetzen, damit ihre Kinder in einer liebevollen Umgebung gesund aufwachsen können“, heißt es auf wellcome-online. Die praktische Hilfe nach der Geburt sei seit 2002 als Social Franchise organisiert. Einrichtungen der Familien-, Kinder- und Jugendhilfe unterstützten vor Ort mit einem Wellcome-Team Familien, die im ersten Lebensjahr nach der Geburt Hilfe suchen würden – ganz praktisch mit Ehrenamtlichen zu Hause. Potenzielle Helfer brauchen „Herz für Familien“: Wer sich für diese ehrenamtliche Tätigkeit interessiert und sich vorstellen kann „der ,Fels in der Brandung’ für junge Eltern zu sein“, könne sich beraten lassen und einen Termin vereinbaren, so Laskowski. „Alles, was sie dafür brauchen, ist ein Herz für Familien und Freude am Umgang mit Kindern. Auch Eltern, die sich einen Wellcome-Engel wünschen, können sich gerne melden.“ Iris Laskowski ist bei der Evangelischen Familien-Bildungsstätte, Telefon 0551/488-6983, oder per Mail erreichbar – an: hann.muenden@wellcome-online.de. Von Stefan Kirchhoff