Göttingen: Wohin mit der Hauptpost? Postbankfiliale am Bahnhof schließt

Briefe frankieren lassen, Pakete aufgeben, Postfächer mieten und Einschreiben versenden. Das alles mit langen Öffnungszeiten an zentraler und verkehrsgünstiger Stelle mitten in der Stadt und mit einem großzügigen Platzangebot: Die Hauptpost in Göttingen ist als Begriff und Institution im Bewusstsein vieler Göttinger fest verankert. Teils lange Schlangen vor dem Eingang zeigen derzeit die besondere Bedeutung, die das Angebot in der Weihnachtszeit hat, die sich damit aber längst nicht erschöpft. Die „Hauptpost“ ist eine Bank: Das Problem: Mit der Schließung der Postbankfiliale im Gebäude mit der Adresse Heinrich-von-Stephan-Straße 1-5 werden auch die Postdienstleistungen ihr Zuhause verlieren. Denn die Hauptpost ist ausschließlich eine Bankfiliale. Über eine Kooperationsvereinbarung zwischen Deutscher Post DHL und der Postbank bietet die Bank dort Postdienstleistung an. Streng genommen bringt man also seine Post zur Bank, wenn man sie zur Hauptpost bringt. Und nach der Übernahme durch die Deutsche Bank im Mai, kennzeichnet die Postbank ein harter Sparkurs. 100 Filialen bundesweit sollen laut übereinstimmenden Medienberichten geschlossen werden. Darunter die Filiale am Göttinger Bahnhof. Fragen, die sich anschließen, sind: Wie geht es mit der Hauptpost weiter? Wo sollen die Göttinger künftig ihre Pakete, Briefe und Einschreiben abgeben, wo wird es Postfächer geben? „Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung“ verlangt Informationen: Fragen wie diese formuliert offensiv das Göttinger „Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung“, ein nach eigenen Angaben linksliberales, parteiübergreifendes Bündnis von Göttinger Stadtratsmitgliedern um Francisco Welter-Schultes (Piratenpartei) sowie aus Initiativen, Vereinen und Splitterparteien. In einer Pressemitteilung macht das Bündnis auf die besondere Bedeutung der Hauptpost für Göttingen aufmerksam, weist sowohl auf die bevorstehende Schließung als auch auf eine mögliche Verlagerung der Postdienstleistungen in die Filiale der Deutschen Post in der Groner Straße 15 und nicht zuletzt auf die logistischen Schwierigkeiten hin, die diese Umstellung aufgrund des zusätzlich entstehenden Lastwagenverkehrs hätte. Auf Nachfrage stellt sich allerdings heraus, dass das Bündnis weder einen klaren Hinweis auf einen konkreten Schließungstermin der Postbankfiliale hat, noch ein qualifizierter Grund für die Annahme besteht, dass das Angebot durch die Station in der Groner Straße kompensiert werden soll. Mehr Bürgerbeteiligung in der Kommunalpolitik ist eine der zentralen Aussagen, mit denen das Göttinger Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung im September 2021 zur Kommunalwahl antreten will. In seinem Grundsatzprogramm fordert das 2019 gegründete Bündnis unter anderem mehr Bürgerbefragungen, die Erleichterung von Bürgerentscheiden und Stadtbezirksräte in allen Stadtvierteln. Der Wunsch der Bürger nach mehr Beteiligung an Planungsprozessen insbesondere bei bau- und verkehrspolitischen Themen und im Klimaschutz nehme deutlich zu, teilt das Bündnis als seine Auffassung mit. Die großen Parteien im Göttinger Rat würden gerade in diesem Bereich ihre Verantwortung zwar formulieren, sie aber nicht wahrnehmen. „Sie versäumen es, die klimapolitischen Ziele, die sie sich gesetzt haben, mit geeigneten Maßnahmen zu unterfüttern“, kritisiert das Bündnis und führt dazu die Entscheidungen von Rot-Grün zum Gewerbegebiet Dragoneranger an. Mit seinem Programm will das Bündnis eine Alternative dazu bilden: „Eine positive Zusammenarbeit mit den Bürger könnte zu einem lebenswerteren Göttingen beitragen.“ Dass die Entwicklungen rund um das Thema Hauptpost für Göttingen nicht irgendein Thema sind, bestätigt Dominik Kimyon auf Tageblatt-Anfrage. Der Pressesprecher der Stadtverwaltung und Leiter der Öffentlichkeitsarbeit teilt mit: „Der Wegfall der Hauptpost ist aus Sicht der Stadt Göttingen kein zufriedenstellender Zustand für die Menschen in der Stadt. Eine Handhabe, etwas dagegen zu unternehmen, hat die Stadt indes nicht. Bemühungen, einen neuen Standort zu finden, blieben bislang erfolglos.“ Planungen wenig konkret: Tageblatt-Anfragen bei der Postbank und bei der Deutschen Post DHL ergaben, dass die weiteren Planungen der Unternehmen noch wenig konkret sind und es für die Befürchtungen des Bündnisses wenig Anlass gibt. Oliver Rittmaier, Pressesprecher der Postbank, verweist in seiner schriftlichen Antwort zunächst auf die Tageblatt-Berichterstattung im August und die bereits kommunizierten Veränderungen im Filialnetz der Postbank inklusive der Schließung der Filiale in der Göttinger Heinrich-von-Stephan-Straße. Einen konkreten Termin für die Schließung gebe es weiterhin nicht, schreibt Rittmaier. Um die Dienstleistungen der Post müssten sich deren Kunden aber keine Sorge machen. Die Post suche bereits nach einer geeigneten Nachfolgelösung, und diese Suche warte die Postbank ab, um einen reibungslosen Übergang zu ermöglichen. Lesen Sie auch Postbank schließt Filiale am Bahnhof in Göttingen Splitterparteien wollen Kräfte bündeln und als Bündnis zur Stadtratswahl in Göttingen antreten Neuer Standort bis Mitte März? Dies bestätigt Jens-Uwe Hogardt, ein Sprecher von Deutsche Post DHL. Die Suche nach einem neuen Standort laufe, und es sei beabsichtigt, das bisherige Angebot in vollem Umfang der Dienstleistungen und der Öffnungszeiten aufrecht zu erhalten. Wie die künftige Lösung aussehen wird und ob und wie dieses Ziel letztlich erreicht wird, stehe aber aktuell noch nicht fest. Ganz ungefähr lässt Hogardt das Ende der Hauptpost dann aber doch nicht und erwähnt abschließend ein Zeitfenster von „sechs, acht oder zwölf“ Wochen in Bezug auf die Dauer der Suche nach dem neuen Standort. Von Steffen Kahl