Göttingen im Schnee: Der Frust auf den Nebenstraßen ist verständlich

Ein dumpfes Grollen lässt mich am Donnerstagnachmittag vom Schreibtisch hochschrecken: Der Schneepflug kommt. Ich eile zum Fenster, um ein Blick auf das Gefährt zu erhaschen, auf das ich und mit mir wahrscheinlich alle Anwohner meiner Straße seit Tagen warten. In einer ähnlichen Situation befinden sich seit dem Wochenende viele Menschen im Landkreis: Warten auf Godot, die Schneepflug-Version. Der Frust angesichts verschneiter Straßen wächst – und er ist nachvollziehbar. Die vollmundige Ankündigung der Räumdienste in der Region, auf den Wintereinbruch sei man vorbereitet, hat sich als Fehleinschätzung erwiesen. Doch der Frust sollte sich nicht gegen die Falschen richten. „Winterdienste in Stadt und Landkreis sind vorbereitet“, titelte das Tageblatt, bevor die ersten Flocken fielen. Genau diesen Eindruck vermittelten die zuständigen Stellen. Diese Einschätzung, das zeigt sich seit Tagen, war offenbar falsch. In Göttingen scheint mittlerweile diese Einsicht zu reifen. Das zeigte am Donnerstag das „Krisengespräch“ mit den Göttinger Entsorgungsbetrieben, denen offenbar schlichtweg nicht genügend Ressourcen zur Verfügung stehen, um der Schneemassen schneller Herr zu werden. Warum nicht früher, möchte man fragen. Lesen Sie auch Schnee in Göttingen: Passanten, Taxifahrer und die GEB kämpfen gegen die weißen Massen Winterchaos in Göttingen: Ärger und Unmut über nicht geräumten Schnee in den Straßen Abgeordneter Stefan Wenzel: Bus- und Zugausfälle „mehr als unverständlich“ Vor dem Wintereinbruch: Winterdienste in Stadt und Landkreis Göttingen sind auf Schneefall vorbereitet Wetter-Liveticker: Wintereinbruch in Göttingen – das müssen Sie wissen Schnee in Göttingen: Wann wird meine Straße geräumt? Ebenso am Donnerstag kommt also der Schneepflug durch meine Straße. Meine Enttäuschung und die einer jungen Frau, die gerade ihr Auto freizuschaufeln versuchte, ist groß, als sich nach der Durchfahrt des Räumfahrzeugs an der Dicke der Schneedecke nur wenig geändert hat, dafür aber die Autos am Straßenrand – auch das der jungen Frau – durch einen nun umso höheren Schneehaufen vom Rest der Straße getrennt sind. Nur gut, dass derselbe Schneepflug kurz darauf noch einmal vorbeikommt. Bei allem Ärger über die Versäumnisse, die das Schneeräumen in diesen Tagen noch schwerer machen, sollten wir eines nicht vergessen: Hinter den Lenkrädern der Schneepflüge, mit Schneeschaufeln bewaffnet an den Fußgängerüberwegen der Region – das sind alles Menschen, die seit bald einer Woche für ihre Mitmenschen im Dauereinsatz sind. Gegen sie sollte sich der Groll all jener, die nun für einige Tage nicht mehr so problemlos Auto fahren können wie gewohnt, am allerwenigsten wenden. Von Tammo Kohlwes