Göttingen in der Corona-Pandemie: Haushaltsentwurf mit 24 Millionen-Euro-Lücke

Die Corona-Pandemie hat Göttingen fest im Griff. Sie und ihre Auswirkungen auf die Finanzen der Stadt standen am Freitag im Mittelpunkt der Rede von Oberbürgermeister Rolf-Georg Köhler (SPD) zur Einbringung des Haushaltsentwurfes für das kommende Jahr. „Die Corona-Pandemie stellt Göttingen vor ungeahnte Herausforderungen. Sie hat Auswirkungen auf alle Bereiche des Lebens, also auch auf finanzielle Belange“, sagte Köhler in der Ratssitzung. „Die derzeitige finanzielle Lage Göttingens bleibt zunächst schwierig.“ Die Pandemie habe die Haushaltspläne durcheinandergewirbelt. Das gelte für das laufende Jahr, das gelte umso mehr für das nächste und sicher auch für die kommenden Jahre. Köhler untermauerte das mit den Eckdaten zum Haushaltsentwurf: Dieser sehe einen Ergebnishaushalt mit Erträgen in Höhe von rund 473 Millionen Euro vor, bei den Aufwendungen kalkuliere die Verwaltung mit rund 497 Millionen Euro. „Daraus ergibt sich für das kommende Jahr eine Unterdeckung von rund 24 Millionen Euro“, bilanzierte Köhler. Schmetz: „Nicht aus der Ruhe bringen lassen“: Kämmerer Christian Schmetz erläuterte, dass sich das Minus im Wesentlichen aus den fehlenden Steuererträgen – etwa bei der Gewerbesteuer ergebe. „Während im Jahr 2019 das Gewerbesteuerergebnis bei rund 89,5 Millionen Euro lag, werden wir das Jahr 2020 mit gut 51 Millionen Euro Gewerbesteuererträgen abschließen. Für den kommenden Haushalt planen wir wieder mit 65 Millionen Euro.“ Von dem 2021 zu erwartenden Defizit dürfe man sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. „Denn wir haben in der Zeit gespart und daher haben wir jetzt in der Not.“ „Es gibt aber Lichtblicke am Horizont: Geld und Liquidität sind vorhanden“, sagte Köhler. Aber: „Weniger als geplant. Gott sei dank etwas mehr als befürchtet. Mit zusätzlichen Krediten und vielleicht sogar weiteren Rettungsschirmen hoffentlich ausreichend, um für die Menschen in dieser Stadt einen genehmigungsfähigen Haushalt 2021 aufzustellen.“ Köhler: „Das, was wir vorhatten, wird gemacht“: „Wir wollen – so wie wir das für das Jahr 2021 vorgesehen haben – unsere Investitionsplanung fortschreiben“, sagte Köhler. Die Devise könne jetzt nicht lauten, alles auf null zu kürzen, Investitionen zu unterlassen. „Wir haben die Mittel, angefangene Projekte weiterzuführen oder zu Ende zu bringen.“ Corona zwinge an vielen Stellen zum Umdenken, „aber das, was wir vorhatten, wird gemacht“, sagte Köhler. „Das, was der Rat in der Vergangenheit beschlossen hat, bleibt bestehen und wird umgesetzt.“ Lesen Sie auch Einbruch bei Steuereinnahmen: Corona-Krise setzt Landkreis Göttingen und Gemeinden Prognose: Corona-Pandemie kostet die Stadt Göttingen 37 Millionen Euro Wie bewerten Göttingens OB Köhler und Landrat Reuter Konjunkturpaket? Und Schmetz betonte: „Mit dem vorliegenden Haushaltsentwurf versuchen wir gegenzusteuern, ohne begonnene Projekte zu gefährden oder uns von bereits beschlossenen Investitionen zu verabschieden.“ Das sei machbar, so Schmetz, „wenn wir uns gemeinsam auf den Weg machen und unseren eingeschlagenen Kurs konsequent einhalten“. Köhler nannte etwa Investitionen ins Otto-Hahn-Gymnasium, die Maßnahmen des Sportstättenentwicklungsprogramms, den Ausbau des Radwegenetzes und eine Verstärkung des Klimaschutzes. Stadt Göttingen will 2021 44 Millionen Euro investieren: „Unser Investitionsprogramm sieht bis 2024 ein stolzes Volumen von insgesamt 141 Millionen Euro in fast allen Bereichen vor“, sagte Schmetz. Allein 2021 sind mehr als 44 Millionen Euro für Investitionen vorgesehen. Der Oberbürgermeister betonte, dass der Haushaltsentwurf weiterhin auf Nachhaltigkeit und auf die Substanzerhaltung setze. Die begrenzten Mittel sollten dort eingesetzt werden, wo sie am wichtigsten seien, sagte Köhler und nannte Schulen, den öffentlich geförderten Wohnungsbau, das Radwegenetz, einen nachhaltigen ÖPNV, die Integration, die Berufsfeuerwehr und Kultur und Sport. Weitere Beispiele seien Investitionen in die nördliche Innenstadt, in die Stadthalle und in städtische Gesellschaften und deren Projekte. „Trotz Pandemie wird kein Bereich ausgelassen.“ Dickste Brocken im Investitionsprogramm bis 2024 sind Schulen mit rund 29 Millionen Euro, Straße und Verkehr mit 24 Millionen Euro und Kultur mit 18 Millionen Euro. Köhler appellierte an die Ratspolitik, an einen genehmigungsfähigen Haushalt mitzuarbeiten. „Es gilt, das Leistbare zu formulieren und anzupacken, nicht das Wunschkonzert anzustimmen. Für die Priorisierung im Investitionsprogramm trägt die Politik daher ein hohes Maß an Verantwortung“, sagte Köhler. Die Beratungen über den von Verwaltung am Freitag vorgelegten Entwurf beginnen nach der Weihnachtspause im Januar. Von Michael Brakemeier