Göttinger Digitalisierungsrat begleitet Digitalisierung

„Digitalisierung ist ein Megatrend, ein Thema, das weltweit läuft.“ Diesen Satz sagte Göttingens Oberbürgermeister Rolf-Georg Köhler (SPD) am Dienstagmittag im Kreise von 17 Mitstreitern in den Räumlichkeiten der Alten Mensa. Die historische Immobilie bildete die Kulisse für eine mutmaßlich zukunftsweisende Zusammenkunft: die Gründung des Göttinger Digitalisierungsrats. Was genau sich hinter dieser Bezeichnung verbirgt, beschreibt die Stadtverwaltung auf der pünktlich zur Vorstellung des neuen Gremiums um 12.30 Uhr freigeschalteten Internet-Präsenz so: „Mitglieder sollen Spitzenvertreter von Key-Stakeholdern in Göttingen sein. Der Digitalisierungsrat soll die strategische Ausrichtung des Smart-City-Prozesses überwachen und weiterentwickeln.“ Themenfelder definiert: Man wolle gemeinsam ein breites Feld beackern. Köhler formulierte die gemeinsamen Ziele bewusst vage. Natürlich hat man bereits mögliche Handlungsfelder abgesteckt, diese könnten in einem Themenbereich, der einem derart schnellen Wandel unterworfen sei, immer nur eine Momentaufnahme sein. Diana Walkinstik-man-alone, Leiterin der Kommunalen Dienste Göttingen, nannte als Beispiele „Mobilität und Umwelt“, „Wissenschaft und Bildung“ und das für die Region wichtige Thema „Gesundheit“. Konkreter war während der Präsentation am Dienstag die Liste der beteiligten „Stakeholder“ (zu deutsch etwa Anteilseigern oder Mitglieder). Neben den im Rat der Stadt vertretenen Fraktionen und Gruppen auch Universität, Hochschulen und Forschungseinrichtungen, Handwerk und Handel waren auch die Bürgermeister der Nachbargemeinden Rosdorf und Bovenden vertreten. Natürlich sei man grundsätzlich offen für weitere Mitglieder, so Köhler. „Digitalisierung hört ja nicht an Gemeindegrenzen auf.“ Eine gezielte Erweiterung des Kreises der 18 ist allerdings momentan nicht angedacht. Vier Gremien und ein Ziel: Der Rat ist allerdings nicht das einzige Gremium, das im Rahmen des Strategieprozesses ins Leben gerufen wurde. Laut Internet-Präsenz wird es außerdem eine Steuerungsgruppe aus ausgewiesenen Digitalisierungsexperten, mehrere Themengruppen, sowie eine Projektgruppe geben. Letztere werde die übrigen Gremien in ihrer Arbeit unterstützen und den Gesamtprozess lenken. Und dann wäre da noch die Gruppe der Göttinger Bürger, die an dem Prozess beteiligt werden sollen. Schließlich sei Digitalisierung eine gesellschaftliche Aufgabe. Ohnehin wolle er den Eindruck zerstreuen, bei dem Thema Digitalisierung handele es sich um ein Thema, das sich im Inneren des Rathauses abspiele. Die Modernisierung der Verwaltung sei lediglich eine Facette des Gesamtprojekts. Auch dürfe Digitalisierung nicht mit dem Ausbau der Infrastruktur gleichgesetzt werden. Netzausbau sei sicherlich eine grundlegende Voraussetzung für eine Smart-City, aber sicher nicht Kernaufgabe eines regional tätigen Digitalisierungsrats. Göttingen muss Vergleich nicht scheuen: Göttingen müsse den Vergleich mit anderen Regionen dabei sicher nicht scheuen, erklärte Ramin Yahyapour, Geschäftsführer der Gesellschaft für wissenschaftliche Datenverarbeitung. Der Professor für Praktische Informatik hob vor allem das wissenschaftliche Umfeld als Standortvorteil Göttingens hervor. „Wir sind derzeit nicht hinten dran. Aber unsere Herausforderung besteht darin, dass sich daran auch in fünf Jahren nichts geändert hat.“ Apropos Perspektiven: Köhler kündigte an, bereits Ende des Jahres erste Ergebnisse vorlegen zu wollen. Die Arbeit des Digitalisierungsrates sei darüber hinaus aber zeitlich nicht beschränkt. „Bei der Digitalisierung gibt es kein Ende.“ Im Jahr 2016 geisterte das japanische Fujisawa als die erste Smart-City der Welt durch die Schlagzeilen. Die Bewohner der vom Konzern Panasonic gebauten Retortenstadt genießen seither den Komfort einer High-Tech-Infrastruktur und zahlen den Preis des beinahe gläsernen Menschen. Smart-City entwickelte sich seither zum Inbegriff für die digitalisierte Kommune auch in Deutschland. Die Georg-August-Universität in Göttingen machte es zur Überschrift des vierten Digitalgipfels im Frühjahr 2018. Wenige Tage später brachte ein Antrag der CDU-Fraktion die Smart-City auf die Tagesordnung des Göttinger Rates. Die Konkretisierung gipfelte in der Ankündigung des Oberbürgermeisters Rolf-Georg Köhler (SPD) beim jüngsten Neujahrempfang, in Kürze den Digitalisierungsrat ins Leben rufen zu wollen. Dieser existiert nun offiziell seit dem 25. Februar 2020 und soll Ende des Jahres einen ersten Sachstand bekannt geben. Von Markus Scharf

Digitalisierungsrat einberufen - „Smart City“ Göttingen bekommt Struktur