Göttinger Kinobetreiber äußern sich zu einer möglichen Wiedereröffnung

Seit Anfang Dezember vergangenen Jahres sind die Kinos in Deutschland aufgrund der Corona-Pandemie wieder geschlossen. Nun hat sich die Allianz aller Kino- und Verleihverbände an die Bundeskanzlerin, den Chef des Kanzleramtes sowie sämtliche Ministerpräsidenten gewandt: „Sofern sich die positive Entwicklung des Infektionsgeschehens fortsetzt und die Pandemie auch mit Mutationen beherrschbar bleibt, plädieren die Kinos für einen Wiedereröffnungstermin zu Ostern“, heißt es in dem Schreiben. Gefordert wird zudem ein bundesweit geltender Starttermin. Was sagen die Kinobetreiber im Landkreis Göttingen dazu? „In den meisten Bundesländern steht eine Öffnung der Kinos erst auf dem Plan, wenn der Inzidenzwert unter 20 sinkt“, erläutert Roy Kleinecke, der das Movietown Eichsfeld in Duderstadt betreibt. „Den erreichen wir bis Ostern nicht“, ist er überzeugt. Wie eine Wiedereröffnung aussehen könnte und welche Hygienemaßnahmen dann gelten würden, dazu könne er noch nichts sagen: „Da gibt es noch keine Vorgaben vom Land“, sagt Kleinecke. Derzeit komme das Kino einigermaßen über die Runden, denn „die Überbrückungshilfe 3 greift“. Kleinecke gibt aber zu, dass man derzeit „etwas ratlos“ dastehe, was die Zukunft bringe. „Kino liegt im Trend und wird immer mehr besucht“, meint Ingrid Breul-Husar von der Cinemaxx-Pressestelle. 2019 sei von den Besucherzahlen her in Europa ein Rekordjahr gewesen, das zeige, dass Kinos relevant für die Gesellschaft und „ein äußerst beliebter Ort der Begegnung für Jung und Alt“ sowie „gut für Geist und Seele“ seien. Das Kino sei ein Ort, an dem man völlig abschalten könne. „Diese Momente werden im alltäglichen Leben immer seltener und die Menschen sehnen sich wie nie zuvor danach, wieder Freizeitaktivitäten außerhalb der eigenen vier Wände nachzugehen, sobald es möglich ist. Ein Kinobesuch bietet hier einen sicheren Rahmen“, so Breul-Husar. Eine Meinung, die Telke Reeck vom Lumière in Göttingen teilt: „Der Film ist das Leitmedium unserer Zeit. In der Welt der bewegten Bilder spiegeln sich die jeweiligen Rahmenbedingungen einer Gesellschaft wider.“ Darüber hinaus habe das Kino als Lernort Eingang in den Schulalltag gefunden: Sei es etwa im Rahmen des Deutsch- und Fremdsprachenunterrichtes oder als Exkursion im Geschichtsunterricht. Für Grund- und Förderschüler hingegen sei der Besuch des Kinos oftmals die erste Begegnung mit einem Film auf der großen Leinwand. Zugleich diene der Ausflug dem Erwerb wichtiger sozialer und kommunikativer Kompetenzen, die auch für den Besuch anderer kultureller Einrichtungen eine Rolle spielten. Wiedereröffnung wird herausfordernd: „Im Kinobereich macht einzig eine bundesweite Wiedereröffnung wirklich Sinn, weil es auch vonseiten der Filmverleiher keine neuen Starttermine für aktuelle Filme gibt, solange nur einzelne Bundesländer die Öffnung der Kinos wieder zulassen“, sagt Telke Reeck. Die Geschäftsführerin der Göttinger Kinos Lumière und Méliès erläutert die aktuelle Situation: „Momentan kommen wir mit Kurzarbeitergeld, Zuschüssen und Überbrückungshilfen noch ganz gut durch.“ Richtig herausfordernd werde die Wiedereröffnung. Denn wie bei allen anderen Kultureinrichtungen, die ihre Einnahmen über Besucher generieren, machten die derzeitigen Abstandsregeln und damit eine Begrenzung der Zuschauer „eine Öffnung teurer als eine Schließung, weil die Einnahmen so nicht einmal die Personalkosten decken“. Momentan richte man sich darauf ein, „diesen Zustand bis mindestens zum Herbst 2021 durchhalten“ zu müssen und plane entsprechend. „Aber leicht wird das nicht, und die Situation ist existenzbedrohend.“ Lesen Sie auch Hannovers Kino-Experten geben Filmtipps für den Corona-Lockdown Hann. Münden: Kino steht kurz vor dem Aus Finanzielle Herausforderungen spürbar: Und wie das Kino dann angenommen werde, stehe ebenfalls noch in den Sternen: Nach der ersten Wiedereröffnung im September 2020 „haben wir noch eine deutliche Zurückhaltung bei unserem Publikum gespürt“. Im Laufe des Oktobers seien die Zahlen dann immer mehr angestiegen und die Vorstellungen ausverkauft gewesen. Aber: „Das klingt jetzt nach mehr als es war, denn statt 105 Sitzplätzen im Méliès konnten wir wegen der Abstandsregelungen nur maximal 34 besetzen und im Lumière statt 144 nur 42“, sagt Reeck. Auch die großen Betreiberketten wie das Cinemaxx sehen sich vor finanzielle Hürden gestellt: Die Pandemie stelle die gesamte Branche vor eine historische Herausforderung, teilt Ingrid Breul-Husar von der Cinemaxx-Pressestelle mit. Es sei von zentraler Bedeutung, dass die gesellschaftliche Relevanz von Kinos sowohl auf Bund- als auch auf Länderebene gesehen werde. „Gerade Multiplexbetreiber und Kinoketten fallen aufgrund ihrer Größe durch fast alle Raster für Förderprogramme, wobei sie ganz andere Kostenvolumina zu bewältigen haben als kleine Kinos.“ Auch die von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und Bundesfinanzminister Olaf Scholz angekündigten Hilfen für die aktuellen Schließungsmonate müssten in der versprochenen Form dringend erfolgen. Von Tobias Christ