Göttinger Polizei auf Coronastreife an Ostern

1000 Personenansprachen, 600 Platzverweise, 182 Ordnungswidrigkeiten und fünf Strafanzeigen. Die nackten Zahlen der Göttinger Polizeidirektion (PD) lassen ein turbulentes Osterwochenende vermuten. Tatsächlich aber findet Polizeipräsident Uwe Lührig in seiner Bilanz versöhnliche Worte: „Das sommerliche Wetter lockte viele Menschen nach draußen. Der Großteil der Bürgerinnen und Bürger hielt sich verantwortungsbewusst an die erlassenen Regeln oder zeigte sich einsichtig, wenn die Polizei auf Verstöße hingewiesen hat.“ Für Stadt und Landkreis Göttingen lesen sich die Zahlen dann auch schon versöhnlicher: 250 Ansprachen, 60 Platzverweise und 90 Verfahren in der Zeit von Freitagmorgen bis Montagabend. „Der Schwerpunkt liegt dabei klar im Stadtgebiet“, so Polizeisprecherin Jasmin Kaatz. Wenn auch zumindest eines der Highlights für die Corona-Streife knapp außerhalb der Stadtgrenze spielte. Einsatz an der JVA: Am Sonnabendvormittag wurden die Beamten nach Rosdorf gerufen. Hier hatten sich neun Personen vor der Justizvollzugsanstalt (JVA) versammelt – inklusive Lautsprecherwagen, Pyrotechnik und Transparenten. Die Knast-Soligruppe Göttingen demonstrierte für mehr Möglichkeiten zur sozialen Teilhabe der Gefangenen und solidarisierte sich mit deren Einschränkungen im Zuge der Infektionsschutzmaßnahmen. Tatsächlich verstießen die Demonstranten damit aber gegen die Allgemeinverfügung des Landes. Auf die Organisatoren wartet daher ein Ordnungswidrigkeitsverfahren – möglicherweise mehr. Die Soligruppe allerdings reagierte noch am selben Tag und bezichtigte ihrerseits die Beamten, bei der Feststellung der Personalien den Infektionsschutz missachtet zu haben. „Sie haben sich ohne Atemschutzmasken grundlos auf Einzelne geworfen, sind uns dabei deutlich zu nahe gekommen und haben damit unsere Gesundheit gefährdet“, hieß es in einer Pressemitteilung der Gruppe. Dass die Schilderung im Polizeibericht etwas anders klingt, ist wenig verwunderlich. Am Ende des Einsatzes ist klar: Polizeibeamte tragen keine Masken – es sei denn, sie schützen sich damit selbst. Ihnen ist es im erlaubt, den Mindestabstand von 1,50 Meter im Zuge ihrer Tätigkeit zu unterschreiten – Privatpersonen nicht. Zur gleichen Erkenntnis kam eine Dreiergruppe am Göttinger Gänseliesel am Ostermontag. Hier solidarisierte man sich mit Geflüchteten und ihrem Schicksal im Mittelmeer. Unabhängig von der Intention der Beteiligten waren auch sie eine Versammlung in der Öffentlichkeit und verstießen damit gegen derzeit geltende Regeln. Falscher Infizierter: Ein weiterer „unerfreulicher Einsatz“ der Osterbilanz der Göttinger Polizeidirektion: Im Landkreis Schaumburg erregte ein 37-Jähriger die Aufmerksamkeit der Coronastreife. Er gab sich als Covid-19-Infizierter aus und zwang die Beamten zum Einschreiten – diesmal in voller Schutzausrüstung. Wie schon bei ähnlichen Fällen in der jüngeren Vergangenheit verlief ein anschließender Test negativ. Lührig dazu: „Die Situation ist weiterhin ernstzunehmen. Solch ein Fehlverhalten wird nicht toleriert.“ Neben den Verstößen habe es aber eben auch vielerorts positive Beobachtungen gegeben. So seien beispielsweise am gesamten Wochenende keine Osterfeuer entzündet worden. Auch andere geplante Großveranstaltungen hätten nicht stattgefunden. Das tägliche GT/ET Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Göttingen täglich gegen 17 Uhr im E-Mail-Postfach Bereits vor dem Wochenende hatten die Landkreise im Zuständigkeitsbereich der PD Göttingen das Betreten öffentlicher Plätze untersagt. Touristische Ausflüge oder Reisen zu privaten Zwecken sollten so verhindert werden – und der Plan ging weitgehend auf. Der Polizeipräsident appellierte an die Bürger auch bei möglichen Lockerungen der Beschränkungen, „der Situation weiterhin mit Disziplin zu begegnen“. Und er kündigte an: „Wir werden auch weiterhin die Einhaltung der Beschränkungen kontrollieren und Verstöße sanktionieren.“ Immer wieder begegnet der Göttinger Polizei im täglichen Einsatz die Aussage, dass der Aufenthalt als Gruppe im Freien durch das Versammlungsrecht gedeckt sei. „Das trifft allerdings nicht zu“, so Polizeisprecherin Jasmin Kaatz. In der Allgemeinverfügung der niedersächsischen Landesregierung vom 23. März 2020 heißt es dazu: „Zusammenkünfte und Ansammlungen im öffentlichen Raum sind auf höchstens zwei Personen beschränkt.“ Die dazu formulierten Ausnahmen umfassen weder Freizeitaktivitäten noch politische Kundgebungen. Zum Vorwurf, Polizeibeamte würden im Streifendienst ihre Mitmenschen gefährden, heißt es von der Göttinger Polizei: Zum einen sei das Auftreten mehrerer Polizeibeamter als Gruppe durch die Allgemeinverfügung („Zusammenkünfte von mehreren Personen zu beruflichen Zwecken“) gedeckt. Außerdem weiche man bei Einsätzen nur dann vom Mindestabstand von 1,5 Metern ab, wenn es die jeweilige Maßnahme erfordere. Zum Tragen von Schutzmasken sei man zudem als Polizist im Dienst ebenso wenig verpflichtet, wie als Privatperson. Weitere Themen: Corona –der Überblick für den 14.4. Zahl der Infizierten im Landkreis Göttingen Der Corona-Liveticker Von Markus Scharf

Ostern - Corona-Kontrollen: Polizei löst zwei Kundgebungen auf