Göttinger Polizei schafft weitere Bodycams für ihre Beamten an

Vor ziemlich genau einem Jahr hat die Polizeidirektion Göttingen (PD) ein seinem Zuständigkeitsbereich flächendeckend sogenannte Bodycams eingeführt. Ziel war es, Polizeibeamte besser vor gewalttätigen Übergriffen zu schützen, erklärte Polizeipräsident Uwe Lührig im Dezember 2019. 57 Körperkameras waren seitdem im Einsatz, 16 davon in der Inspektion Göttingen (PI). Jetzt hat die Polizei noch einmal aufgerüstet und weitere 64 Geräte angeschafft. Offenbar haben sich die Kameras trotz anfänglich lauter Kritik aus dem Lager der Datenschützer im Dienstalltag bewährt. Seit Dezember 2019 seien die 57 Körperkameras allein schon 150 Mal als Beweismittel von Straftaten, wie zum Beispiel Widerstandshandlungen, bei Verkehrsordnungswidrigkeiten und im Rahmen der Gefahrenabwehr, eingesetzt worden. Die Polizeivollzugsbeamten seien im Vorfeld in der technischen und taktischen Anwendung der Kameras ausgebildet und über die rechtlichen und datenschutzrechtlichen Voraussetzungen umfassend informiert worden. Präventive Wirkung: Für Lührig steht die präventive Wirkung der Kameras klar im Vordergrund. In den vergangenen Jahren habe die Gewalt gegen Amtsträger zugenommen. Die Polizeidirektion registrierte für das Jahr 2018 noch 393 Delikte im Bereich „Gewalt gegen Polizeivollzugsbeamte“. Ein Jahr später waren es bereits 461 Delikte, die Tendenz für 2020 ist weiterhin steigend. Dass die Bodycams ein geeignetes Mittel zur Deeskalation sein können, verdeutlicht die Polizei in ihrer Mitteilung mit einem Beispiel. Ein Radfahrer sollte nach einem Verkehrsverstoß angehalten und kontrolliert werden. Er habe allerdings umgehend verständnislos, aufgebracht und beleidigend reagiert. In bedrohlicher Körperhaltung baute er sich direkt vor den eingesetzten Beamten auf, die aufgrund der Gesamtsituation ihre Bodycam einschalteten – nach vorheriger Ankündigung. Schlagartig habe sich das Verhalten des Mannes geändert. „Zwar blieb weiterhin uneinsichtig, sein aggressives Verhalten legte er jedoch augenblicklich ab und entschuldigte sich mehrfach gegenüber den Einsatzkräften für die vorangegangenen Beleidigungen“, so die Schilderung der Polizei. Klare Regeln: Allerdings müssen die Beamten klare Regeln befolgen, wenn sie die Bodycams zum Einsatz bringen. Zunächst müssen die Körperkameras stets offen und sichtbar mitgeführt werden. Außerdem ist an der Uniform der ausgerüsteten Beamten das Schild „Videoaufzeichnung“ angebracht. Und bevor das Gerät in Einsatzsituationen des täglichen Dienstes, wie Anhalte- und Kontrollvorgängen eingeschaltet wird, ist es Pflicht, den Gegenüber zusätzlich über die Aufzeichnung zu informieren. „Für uns ist ein hohes Maß an Transparenz beim Einsatz der Bodycams wichtig“, erklärt Lührig. Schließlich soll diese nicht nur den Beamten sondern auch dem Bürger mehr Sicherheit geben. Sie machen polizeiliche Maßnahmen und Handlungen nachvollziehbar und transparent, versucht der Polizeipräsident mögliche Befürchtungen zu entkräften. Der damalige PI-Leiter Thomas Rath räumte im Dezember 2019 ein, dass in Göttingen zum Thema Bodycams eine andere Stimmung herrsche als in anderen Städten. Kein Teilnehmer einer Demonstration müsse befürchten, künftig mit Bodycams gefilmt zu werden, so Rath damals. Lesen Sie auch Polizeidirektion Göttingen führt flächendeckend Bodycams ein Datensicherheit: Bodycam-Aufnahmen der Polizei bleiben vorerst auf Amazon-Speichern Gewalt gegen Polizei nimmt zu: Kommt die "Bodycam" für Bundespolizisten? Neue Bodycams: Innenministerium in Niedersachsen in Verzug Polizeidirektion Göttingen führt flächendeckend Bodycams ein Die Aufnahmen einer Bodycam landen auf einem Server und werden dort automatisch nach 28 Tagen gelöscht, wenn sie nicht als Beweismaterial in einem Strafverfahren benötigt werden. Manuell gelöscht werden können sie nur vom zuständigen Leiter des Einsatz- und Streifendienstes. Möglich wurde der Einsatz von Bodycams erst durch das neue Niedersächsische Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (NPOG). Es wurde im Mai 2019 vom Niedersächsischen Landtag beschlossen. Vorangegangen waren zahlreiche Demonstrationen gegen das Gesetz in zahlreichen niedersächsischen Städten – auch in Göttingen. Seit dem 1. Dezember stehen den Mitarbeitern im Einsatz- und Streifendienst in allen Polizeiinspektionen der Polizeidirektion (PD) Göttingen Bodycams zur Verfügung. Die Ausstattung wurde mittlerweile auf 121 Geräte erweitert. Die Kosten für eine Bodycam belaufen sich auf 371 Euro. Nach Angaben der Polizeidirektion Göttingen wird das Filmmaterial auf Servern gespeichert, die von IT Niedersachsen betreut werden, dem zentralen IT-Dienstleister der Niedersächsischen Landesverwaltung. Von Markus Scharf