Göttinger Raumfahrttechniker trampt durch den Nahen Osten

Schwerkraft-Erfahrungen sammelt Patrick Bambach nicht nur im Weltraum. Beharrungsvermögen war auch gefragt, als er knapp ein halbes Jahr durch krisengeschüttelte Länder des Nahen Osten getrampt ist. Darüber hat der 32-Jährige, der als Ingenieur am Göttinger Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung unter anderem mit der Jupiter-Mission befasst ist, ein Buch geschrieben. „Per Anhalter durch den Nahen Osten“ stellt der Autor am Sonnabend, 29. Februar, ab 16.30 Uhr in der Geschäftsstelle des Deutschen Alpen-Vereins, Kurze Straße 16, vor. Der Eintritt ist frei. Zwischen Jupiter und Jordanien, Ionen und Idioten, der Wüste und den unendlichen Weiten des Weltalls liegen Welten – für Bambach, der an den nächsten großen Schritten der Menschheit beteiligt ist, nur ein kleiner Schritt. Der gebürtige Sauerländer wollte schon immer Archäologe werden oder Raumschiffe bauen. „Weil es mit Latein nicht so geklappt hat, bin ich bei den Raumschiffen gelandet“, erzählt er in flapsig-humorvollem Plauderton, in dem auch sein nach Länderkapiteln gegliedertes Buch gehalten ist. Untertitel: „16 000 Kilometer vom Sauerland über den Iran bis Tel Aviv“. Grundlage war ein Reisetagebuch, das der junge Mann geführt hat. Kalschnikow hinterm Sitz: Bambach hat auf seinem Trip durch 15 Länder sowohl überschwängliche Gastfreundschaft als auch kritische Situationen erlebt. Auch die schildert er mit selbstironischer Distanz. „Wie so häufig, wenn ich keinerlei Schimmer habe, ob ich gerade mit Jesus von Nazareth oder Al Capone trampe, unterhalte ich mich ... über Belangloses“, schreibt er über eine Autofahrt an der türkisch-syrischen Grenze. Und ist froh, Politik ausgespart zu haben, als er beim Aussteigen die Kalschnikow entdeckt, auf die er seinen Rucksack geworfen hat. Häufig war es schon die Sprache, die Gesprächsgrenzen setzte. Bambach spricht wie viele der Menschen, denen er begegnete, leidlich Englisch, hatte sich für die Reise ansonsten nur ein paar Brocken Türkisch und Farsi angeeignet. Mit PKK-Kämpfern posierte er für ein Fotoshooting, wurde einen Tag später von einem türkischen Armeefahrzeug mitgenommen, musste mit unabsehbaren Folgen kämpfen, als er unwissentlich Opium mitgeraucht hatte und in Armenien einen Notstopp erzwingen, als der Fahrer in ein abgelegenes Waldstück abbog. Dass männliche Autofahrer aufdringlich wurden, sei kein Einzelfall gewesen. Von einer UN-Mitarbeiterin, die ihn in Georgien am Straßenrand aufgabelt, wird er als Naivling gerügt, als er den Nordirak als weiteres Ziel angibt. Das Risiko von Krieg, Terror und Entführung ist Bambach bewusst, er bleibt aber stets gelassen – „wie ein Esoteriker, der mit schützenden Kristallsteinen in den Urlaub nach Tschernobyl reisen will“. „Individuen sind fast immer nett“, merkt er an: „In Acht nehmen muss man sich vor emotionalisierten Menschenmassen.“ Straßenkarte statt Smartphone: Zur Orientierung hat Bambach, der bis heute kein Smartphone besitzt, Straßenkarten genutzt. Zumindest hatte er ein einfaches Handy dabei, das ihm seine Mutter vor der Abreise zugesteckt hat. Für die Reise hatte Bambach ein wenig Geld gespart, zur Sicherheit seine Eltern im Rücken, im auf 15 Kilo Gewicht beschränkten Tramper-Gepäck ein Zelt. Übernachtungsmöglichkeiten ergaben sich aber auch durch Couch-Surfing und spontane Einladungen, im Notfall in Hostels. Nach einem Sturz musste der wagemutige Sauerländer einmal auf den Bus ausweichen – von Isfahan nach Shiraz, Saudi-Arabien mangels Visum überfliegen. Den Anstoß zur Tour habe ein Mitbewohner gegeben, der ihm vom Iran vorschwärmte: „Der Rest hat sich ergeben. Ich habe mich einfach treiben lassen.“ Als Tramper unterwegs gewesen ist Patrick Bambach bereits während seines Studiums der Luft- und Raumfahrttechnik in Stuttgart und Tokio. In Japan sei das nur mit Schild und gebotener Höflichkeit möglich, von Spanien kann er nur abraten. Auch in der Türkei musste er viel Geduld mitbringen, in den Kurdengebieten nie lange warten. In sein Buch hat er viele Tipps für Tramper eingestreut: Immer ausreichend Wasser dabeihaben, jede Gelegenheit zum Einkaufen von Verpflegung nutzen. In brenzligen Situationen im Zweifelsfall dumm stellen. Genieße den Weg, denn das Ziel ist häufig unspektakulär. Nicht zu naiv sein, Infos über die Situation in den jeweiligen Ländern einholen. Profi im Warten sein, Lektüre mitnehmen, Kopfkino einschalten. Andere Länder, andere Sitten: Nicht von wildem Gestikulieren und Schnabulieren abschrecken lassen. Sich nicht auf Tipps für gute Trampstellen verlassen. Immer darauf achten, wo man tatsächlich abgesetzt wird. Lange Kleidung ist von Vorteil in nahöstlichen Ländern, Frauen sollten sich dort angepasst kleiden. Lesen Sie auch: Weltraum-Mission zu den Jupiter-Eismonden soll 2022 starten Göttinger Student reist mit Fahrrad und per Anhalter um die Welt Von Kuno Mahnkopf

„Per Anhalter durch den Nahen Osten“ - Göttinger Raumfahrttechniker trampt durch den Nahen Osten – und schreibt ein Buch