Göttinger Referendarin berichtet von Prüfung in Corona-Zeiten

Lena Eikenberg hat es geschafft. Sie darf sich jetzt Fachlehrerin nennen, Master of Education heißt das inzwischen. Die Prüfungen sind gelaufen und sie sind gut gelaufen, freut sich die 28-Jährige. Was sie von anderen ehemaligen Referendaren anderer Jahrgänge unterscheidet: Der Corona-Virus hat ihr in die Prüfung gefunkt. Obwohl der Schulbetrieb seit Wochen eingestellt war, konnte die junge Frau trotzdem geprüft werden. „Das Land Niedersachsen ebnet Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärtern den Weg, ihre Prüfungen trotz der andauernden Corona-Pandemie ablegen zu können“, informierte der Pressesprecher des Landeskultusministeriums, Ulrich Schubert, am 9. April. Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst, die in diesem Jahr ihre Staatsprüfung ablegen, sollten keine Nachteile aufgrund der aktuellen Situation haben. „Mit diesem Schritt geben wir den angehenden Lehrkräften, aber auch den Seminarleitern Planungssicherheit. Mit dem eingeschlagenen Weg können die Zeitpläne für das Ablegen der Prüfungen eingehalten werden und wir vermeiden eine Verlängerung des Vorbereitungsdienstes“, erklärte Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD). Das tägliche GT/ET Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Göttingen täglich gegen 17 Uhr im E-Mail-Postfach Abschlüsse werden länderübergreifend anerkannt: Anfang April hatten sich die Kultusminister der Länder darauf verständigt, die bevorstehenden Prüfungen für die Staatsprüfung auch im Umfeld der Corona-Situation bundesweit zu ermöglichen und die so erworbenen Abschlüsse länderübergreifend anzuerkennen. Davon profitiert hat jetzt Lena Eikenberg. Sie gehörte zu den ersten Lehramtsanwärtern, die unter diesen Bedingungen einen Teil ihrer Vorbereitungen durchlaufen und die Prüfung abgelegen mussten. Die Auflagen zum Infektionsschutz hätten schon vieles durcheinander geworfen, bilanziert die Göttingerin. Die Prüfung läuft innerhalb eines Tages ab. Die Prüflinge müssen gemeinhin vor einer Schulklasse oder Lerngruppe Wissen vermitteln und den Prüfern im Anschluss erklären, warum sie wie vorgegangen sind. Sie müssen sich selbst didaktisch und methodisch analysieren, müssen an konstruierten Fallbeispielen erklären, wie sie einem Schüler in einer bestimmten Situation gegenüber treten, auf ihn eingehen. Eikenberg sah sich freilich nur den Prüfern gegenüber: „Das war sehr theoretisch“, beschreibt sie die Situation. „Aber machbar“, fügt sie hinzu. „Nur bedingt Abbildung der Wirklichkeit“: Auch die Göttinger Kreisvorsitzende der Lehrergewerkschaft GEW, Elke Moeken, spricht von „fiktiven“ Prüfungsbedingungen, von einer „Labor-Situation“. Die sei nur bedingt die Abbildung der Wirklichkeit. „Das sind jetzt schon erschwerte Bedingungen“, sagt die Gewerkschafterin und meint damit auch das vorgeschriebene Tragen eines Mundschutzes. Alles in allem aber schätzt sie ein, dass die Anforderungen in Ordnung sind und die Prüfung nötig und machbar ist. „Alle haben die Möglichkeit einer fairen Vorbereitung“, sagt Moeken. Von ihrer Partnerschule, der IGS Bovenden, fühlte sich Lena Eikenberg gut vorbereitet und unterstützt. „Ich habe mich nicht im Regen stehengelassen gefühlt“, versichert die frischgebackene staatlich geprüfte Pädagogin. Zum jetzt zwangsläufig eingeschlagenen Weg des „Home Schooling“ sagt sie: „Einige Schüler bleiben dran und entwickeln eigene Ideen. Andere erreicht man gar nicht mehr, da man sie ja auch nicht mehr sieht.“ Die größte Herausforderung für sie seien weniger aggressive und aufmüpfige Kinder, sondern eher Schüler, die für gar nichts Interesse haben. „Die Fähigkeit, eigene Arbeit zu reflektieren“: Die 28-Jährige hat in Braunschweig studiert. Ihr erster Berufswunsch zu Kinderzeiten war Schauspielerin. „Aber gleich danach kam schon Lehrerin“, versichert sie. Auf die Frage, welche Tugenden unbedingt zu diesem Beruf gehören, antwortet sie: „Die Lust dazu, die Motivation, die Freude dahinter. Viel fachliches Wissen und die Fähigkeit, die eigene Arbeit zu reflektieren.“ Am liebsten will Lena Eikenberg künftig an einer Schule im Raum Göttingen unterrichten. Gern hätte das Tageblatt auch andere Lehramtsanwärter befragt, aber von den angefragten Schulen hatte sich lediglich die IGS Bovenden gemeldet. Der Autor ist über Email zu erreichen unter u.meinhard@goettinger-tageblatt.de Der Vorbereitungsdienst für Lehramtsanwärter an Studienseminaren und Schulen dauert 18 Monate. Das Referendariat ist nach dem Studium die zweite Phase der Lehrerausbildung. Im Altkreis Göttingen gibt es drei Studienseminare: eins für Lehramt an Gymnasien, eins für Lehrämter an Grund-, Haupt- und Realschulen und eins für Lehramt an Berufsbildenden Schulen. Auf der Internetseite des Studienseminars für Grund-, Haupt- und Realschulen heißt es aktuell: „Trotz der Corona-Krise und den dadurch bedingten Veränderungen in Schulen und Studienseminar geht die Ausbildung weiter. Seminare und Unterrichtsbesuche finden auf virtueller Ebene statt. Prüfungen werden zu den geplanten Terminen in angepasster neuer Form durchgeführt.“ Das Kultusministerium wiederum informiert: „Sollten im weiteren Verlauf des Schuljahres praktische Prüfungen im Rahmen einer Unterrichtsstunde nicht möglich sein, können andere Prüfungsformate genutzt werden. Die Prüfungen können als kompetenzorientiertes Kolloquium durchgeführt und dabei auch online-gestützt ausgestaltet werden.“ Lesen Sie auch: Referendare können auch ohne Unterricht geprüft werden Nach der Corona-Zwangspause: Ab Montag gehen auch Viertklässler wieder zur Schule Weitere Lockerungen in den Bundesländern - ein Überblick Von Ulrich Meinhard

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