Göttinger Stiftung produziert Gesichtsvisiere im 3D-Drucker

Mit wiederverwendbaren Gesichtsvisieren wollen die Göttinger Edelgard-Löffelbein-Stiftung und ihre Netzwerkpartner den Kampf gegen das Coronavirus aufnehmen. Bisher wurden mithilfe von 3D-Druckern bereits 400 Visiere produziert und an Krankenhäuser und Seniorenheime verteilt. Gedacht sind die Visiere in erster Linie für medizinisches Personal, unterstreicht Initiator Christian Hundeshagen, Allgemeinmediziner mit einer Praxis in Holtensen und Vorsitzender der Stiftung. Der Vorteil: Während beispielsweise selbst FFP-2-Gesichtsmasken eine Restdurchlässigkeit aufweisen, bietet das Gesichtsvisier laut Hundeshagen einen kompletten Tröpfchenschutz. „Ich bin selbst Arzt und muss damit relativ nah am Patienten arbeiten“, sagt Hundeshagen. Das Visier reduziere das Infektionsrisiko deutlich, beispielsweise auch dadurch, dass keine Tröpfchen in die Augen gelangen könnten. Zuerst sollten Visiere aus China importiert werden: Auch weil die Kassenärztliche Vereinigung zu Beginn der Corona-Krise wegen der großen Nachfrage nur eine geringe Anzahl an FFP-2-Masken zur Verfügung stellen konnte, kam Hundeshagen auf die Idee, Gesichtsvisiere aus China zu importieren. Als diese jedoch auf sich warten ließen, entschied er sich dafür, zwei 3D-Drucker anzuschaffen. Mithilfe der Drucker werden nun Kunststoff-Stirnbänder gedruckt – zu Beginn mussten sich allerdings erst mal Kenntnisse über eine effektive Handhabung der Geräte angeeignet werden: „Der Druck des ersten Stirnbandes hat sieben Stunden gedauert“, berichtet Hundeshagen. Weil entsprechende Einstellungen vorgenommen wurden, hat sich die Produktionsdauer mittlerweile auf zwei Stunden pro Stück reduziert. „Weil es keine Organisation gibt, in der ein Hilfsbedürftiger ohne Krankenkassenzusage (das dauert manchmal Wochen und Monate bis zur eventuellen Genehmigung) in therapeutischen Einrichtungen aufgenommen wird“ – darum haben der Arzt Christian Hundeshagen und andere die „Initiative HioB“ gegründet. Außerdem heißt es auf der Webseite der Edelgard-Löffelbein-Stiftung: „Wir wollen Abhilfe schaffen aus dem Dilemma: Menschen in Not finden keinen Unterschlupf. Unsere Vision: In vielen Städten sollen HioB-Initiativen entstehen, damit in Not Geratene unbürokratisch Hilfe auf dem Boden christlicher Nächstenliebe empfangen!“ Laut Selbstbeschreibung verfügt die „HioB“-Initiative über 13 Wohngemeinschaften und zwei Häuser, in denen 38 Menschen „mit unterschiedlichem Hilfebedarf“ leben. Für die Visiere, die am Stirnband befestigt sind, werden Laminierfolie und Deckblätter von Präsentationsmappen verwendet. Damit sich die Stirnbänder in der Größe verstellen lassen, wird schließlich noch Lochgummi verwendet. Pro Stück belaufen sich die Materialkosten laut Hundeshagen auf 3,50 Euro, gebeten wird um eine Spende in Höhe von 10 Euro, die der Edelgard-Löffelbein-Stiftung zugute kommt. Die Göttinger Stiftung unterstützt über die Initiative HioB Obdachlose. Über das Internet-Netzwerk „Maker vs. Virus Hub“ kann Hundeshagen mittlerweile auf einen regelrechten 3D-Drucker-Zusammenschluss zurückgreifen. Der Arzt berichtet von rund zehn Geräten und acht Helfern in Göttingen und Duderstadt, die sich in die Produktion einbringen. Das Expertentum vergrößerte sich derart, dass ein defekter 3D-Drucker von der Gruppe repariert und damit eine lange Lieferzeit vermieden werden konnte. Das tägliche GT/ET Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Göttingen täglich gegen 17 Uhr im E-Mail-Postfach Im krassen Gegensatz dazu steht die Reaktion eines Herstellers von Polyethylen-Folien, der zwischenzeitlich als Zulieferer in Frage kam. „Es geht um einen guten Zweck, und er lehnt mit der Begründung ab, es mangele an Rechtssicherheit, weil Teile seiner Produktion steuerfinanziert sind – und das in so einer Krisensituation. Das war ein Schlag ins Gesicht“, sagt Hundeshagen. Weitere Mitstreiter und Abnehmer werden gesucht: Bisher wurden unter anderem 50 Gesichtsvisiere an das Krankenhaus Neu Bethlehem geliefert und zehn an das „Zentrum für ältere Menschen“ in Grone. Hundeshagen weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Gesichtsvisiere in Zukunft über eine Ausnahmeregelung des Gesundheitsamtes oder im Falle einer Lockerung bei Verwandtenbesuchen in Seniorenheimen zum Einsatz kommen könnten – wenn sowohl der Bewohner als auch der Besucher ein Visier trüge, seien beide maximal geschützt. Über weitere Mitstreiter und eine Ausweitung der Produktion von Gesichtsvisieren würde sich Hundeshagen freuen. „Wir nehmen gern noch weitere Mitarbeiter auf“, sagt er. Interessierte, auch potenzielle Abnehmer von Visieren, können sich über das Kontaktformular auf der Webseite der Stiftung initiative-hiob.de melden. Lesen Sie auch: Corona in Göttingen und Südniedersachsen: Der Überblick für Donnerstag, 30. April Corona: Zahl der Infizierten steigt auf 792 Corona und Bürokratie verhindern Abstimmung über Rettungsschirm für Künstler Von Eduard Warda

Corona-Pandemie - Göttinger Stiftung produziert Gesichtsvisiere im 3D-Drucker