Göttinger Verein beschenkt benachteiligte Kinder

Uwe Friebes Bart hat dieser Tage eine beinahe Weihnachtsmann-taugliche Länge erreicht. Er sitzt in den Räumen des Vereins Förderer am Rosdorfer Weg inmitten von Kisten und Kartons voller Süßigkeiten, Spielzeug, Nüsse und Obst. Mit einem freundlichen Blick über den Rand seiner Brille hinweg registriert er die Familien, die gerade hereinkommen, während seine Frau Elke kleine Tüten an die Kinder verteilt. In zwei Tagen ist Heiligabend, Bescherung ist schon jetzt. Vor Jahren haben sich die Mitarbeiter des Vereins aufgemacht, die Kinder aus den Wohnkomplexen an der Groner Landstraße und am Maschmühlenweg mit kleinen Aufmerksamkeiten zu erfreuen. Wenn sich die praktische Umsetzung auch als nicht immer ganz einfach erwies, erklärten sie die Aktion zum Erfolg und machten weiter. Das Lächeln der Kinder und die Rückmeldungen auf der Facebook-Seite des Vereins waren Motivation genug. Russische Bollchen: „Einige Eltern stecken die Kleinen sogar in ihre Sonntagsklamotten, bevor sie zu uns herunterkommen und sich ihre Geschenke vor dem Haus abholen dürfen“, erinnert sich Friebe an einen Besuch am Iduna-Zentrum im vergangenen Jahr. Es soll nicht mehr als eine Geste sein: In der Tüte sind ein paar Süßigkeiten, ein Apfel, eine Orange und ein kleines Büchlein. In diesem Jahr haben sie außerdem russische Bollchen mit hineingepackt. „Das kennen viele der Eltern von Zuhause“, sagt Friebe. Seit 2004 bietet der Verein Förderer niedrigschwellige Beschäftigungsangebote für Menschen an, die auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt sind. Die Projekte sind überwiegend so gestaltet, dass sie sozial Schwachen direkt zu Gute kommen. Der Verein übernimmt außerdem unter anderem die Geldverwaltung für 100 Personen, eine Poststelle zur Sicherstellung der postalischen Erreichbarkeit für 60 Personen und eine Sozialberatung. Die Beratungsstelle im Rosdorfer Weg 17 ist außerhalb der Feiertage täglich von 8.30 bis 13 Uhr geöffnet. 400 Tüten haben sie diesmal gepackt, mehr als in den Vorjahren. Die Einkäufe – bezahlt aus eigenen Mitteln, einer Spende der SPD-Fraktion und des Fördervereins der Hermann-Nohl-Schule – waren erledigt. Doch wie sollten die Weihnachtsmänner des Vereins ihre Gaben in diesem Jahr verteilen? Schließlich hätten sie mit ihren Tüten vor Ort vermutlich eine Menschenansammlung ausgelöst – unter Corona-Bedingungen undenkbar. Also mussten sie dafür sorgen, dass die Kinder zu den Tüten kommen, wenn es umgekehrt nicht möglich ist. Unter Corona-Regeln: Sie informierten mit Flugblättern und Aushängen in den entsprechenden Gebäuden über die Aktion und sprachen mit ihren Bekannten aus den Häusern, um möglichst viele Familien in den Rosdorfer Weg zu locken. Montag- bis Mittwochvormittag öffneten sie die Pforten, um die Besucher wohlgeordnet mit Einbahnstraßenregelung und Maskenpflicht durch die Vereinsräume zu lotsen. Die Kinder bewegten sich neugierig und etwas unsicher in der ungewohnten Umgebung, nahmen dann aber strahlend ihre Tüte entgegen und griffen bereitwillig in die große Kiste mit den Spielfiguren oder Autos. Nur im Hagenweg 20 will Elke Niemeyer-Friebe die Tüten vor Weihnachten persönlich abgeben. Zum einen waren sie hier in den vergangenen Jahren nicht. Zum anderen will sie sicherstellen, dass die Geschenke auch wirklich bei den Kindern ankommen. Bei denen, die es nach Ansicht vieler sozial engagierter Göttinger in dieser Immobilie gar nicht geben dürfte. „Die Kinder haben es verdient, dass sich jemand um sie bemüht“, sagt Friebe. Es ist Mittag, der Ansturm der Kinder im Rosdorfer Weg ist für diesen Tag vorbei. Friebe dreht sich eine Zigarette und bietet Kaffee an. Er erzählt von den kleinen Erfolgen, die ihn auch nach vielen Jahren in der Sozialarbeit immer noch zufrieden machen. Bei den Förderern kennt man die sozialen Abgründe, die in Göttingen hinter vielen Hausfassaden zu finden sind. Die eigene Aufgabe sieht Friebe darin, den Menschen in Not und Elend so etwas wie Würde zu ermöglichen. „Es gelingt immer wieder mal, etwas zum Besseren zu verändern.“ Lesen Sie auch Verein Förderer verteilt Geschenke an Kinder Rund 15 Jugendliche in Göttingen obdachlos Drei Menschen erzählen von ihrem Leben auf der Straße Förderverein verwaltet Geld - Wenn Menschen ohne eigenes Konto leben – GT - Göttinger Tageblatt Von Markus Scharf