Gothaer Park: Münchener Wertgrund will weiter in Göttingen investieren

In Göttingen bahnt sich ein Eigentümerwechsel für große Teile des ehemaligen Geländes der Gothaer Versicherungen an. Der Bauausschuss des Rates soll dafür in seiner nächsten Sitzung die Weichen für den Grundstücksverkauf zwischen Geismar Landstraße und Wörthstraße sowie Breslauer Straße und Am Weißen Stein stellen. Aus Unterlagen der Verwaltung geht hervor, dass das Immobilienunternehmen Wertgrund aus München beabsichtigt, einen Großteil der insgesamt 70 000 Quadratmeter großen Fläche von den derzeitigen Besitzern zu erwerben. 2017 hatte die Firma Triton Development das Gelände gekauft. Sie firmiert inzwischen als Base Camp Student GmbH, eine Tochter der Base Camp Group mit Sitz in London. „Die Realisierung des Wohnungsbaus hatte sich gegenüber den ursprünglichen investorenseitigen Planungen verzögert – auch aufgrund coronabedingt veränderter geschäftlicher Rahmenbedingungen“, erläutert die Stadtverwaltung. Vor diesem Hintergrund der eingetretenen Verzögerungen würden die derzeitigen Investoren nun die Fläche für den Wohnungsbau veräußern. Mit dem Grundstückskauf will die Wertgrund aus München den Teil Flächen entlang Wörth- und Breslauerstraße übernehmen, der in dem im Mai beschlossenen Bebauungsplan für frei finanzierten und staatlich geförderten Wohnungsbau vorgesehen ist. Nicht Teil des Kaufs sind hingegen die Flächen, auf denen von der Base Camp Student GmbH der Bau von rund 600 Wohnungen für Studenten entlang der Geismar Landstraße geplant ist. Lesen Sie auch 214 neue Wohnungen für Göttingen: Am Nonnenstieg beginnen die Bauarbeiten Großprojekt auf Gothaer-Gelände: Streit um bezahlbaren Wohnraum Ehemaliges Gothaer-Gelände in Göttingen: So soll das Studenten-Appartementhaus aussehen Abriss der Gothaer-Gebäude entlang der Geismar Landstraße in Göttingen Bauausschuss des Göttinger Stadtrates mehr als 900 Wohnungen im Gothaer Park Wertgrund will Pflichten übernehmen: In einem städtebaulichen Vertrag mit der Stadt hatten sich die drei in Luxemburg ansässigen Investoren ST Goettingen Residential, Students und Gotha Ende 2019 verpflichtet, 30 Prozent der geplanten Wohnungen nach Fertigstellung zu günstigeren Mieten anzubieten und zu einer Preisbindung bei weiteren zehn Prozent der Wohnungen. Geplant waren bislang 430 Wohnungen. Der Bauausschuss muss nun grünes Licht geben für die Unterzeichnung einer sogenannten Vertragsübernahmevereinbarung zwischen Verkäufer, Käufer und der Stadt Göttingen. Darin soll die Firma Wertgrund sich bereit erklären „vollumfänglich in die vertraglichen Pflichten der bisherigen Vorhabenträgerinnen einzutreten“, wie es in der Verwaltungsvorlage heißt. Zu den Pflichten gehören laut Verwaltung im Wesentlichen folgende Aufgaben: die Realisierung sozialen Wohnungsbaus beziehungsweise preisgünstigen Wohnraums die Errichtung des „preislimitierten“ Wohnraums die Erstellung des übrigen – frei finanzierten – Wohnraumes die Erstellung eines Spielplatzes – sowie weiterer Spielflächen die Errichtung einer Kindertagesstätte Die übrigen Pflichten aus dem städtebaulichen Vertrag von 2019 – etwa die Erschließungsanlagen und das Parkdeck – sollen unverändert durch die bisherigen Vorhabenträgerinnen umgesetzt werden, heißt es in der Verwaltungsvorlage. Endgültige Entscheidung trifft der Verwaltungsausschuss: Thomas Meyer, Vorstandsvorsitzender der Wertgrund Immobilien AG, bat um Verständnis, sich zum jetzigen Zeitpunkt vorerst nicht zu dem Vorhaben zu äußern. Dazu wolle er zunächst die Entscheidung des Rates abwarten. Denn davon hingen weitere Verhandlungen mit den Verkäufern ab, so Meyer. „Mit der Firma Wertgund konnte ein Partner gefunden werden, der nach übereinstimmender Einschätzung von Stadt und Vorhabenträgerinnen die Gewähr für eine qualitätsvolle Entwicklung im Sinne des Gesamtprojektes bietet“, urteilt die Bauverwaltung. Die endgültige Entscheidung über die Vertragsübernahmevereinbarung trifft nach der Bauausschusssitzung am Donnerstag der nicht-öffentlich tagende Verwaltungsausschuss. Die Münchener von Wertgrund sind in Göttingen keine Unbekannten. 2019 hatte die Immobilienfirma zwei Drittel des ehemaligen IWF-Geländes am Nonnenstieg von der Göttinger EBR Projektentwicklung GmbH gekauft. Hier will die Wertgrund in sieben Gebäuden 214 Mietwohnungen für bis zu 500 Mieter schaffen. Von den Wohnungen sind nach Angaben der Wertgrund 76 gefördert und preisreduziert. 60 Millionen Euro will Wertgrund insgesamt in das Vorhaben am Nonnenstieg investieren. Die Bauarbeiten dazu haben Anfang Januar begonnen. Neben dem Bauvorhaben auf dem ehemaligen Gothaer-Gelände befasst sich der Bauausschuss des Göttinger Rates in seiner nächsten Sitzung unter anderem mit der Sanierung des Städtischen Museums Göttingen. Dafür stehen drei Konzeptentwürfe von drei Planungsbüros zur Auswahl. Die Kosten dafür liegen bei bis zu 17 Millionen Euro. Zur Diskussion steht nun, welche der drei Varianten umgesetzt werden soll. Denn: Um die Sanierung kommt die Stadt nicht herum. Wegen des Alters der historischen Fachwerkgebäude am Ritterplan, die den Museumskomplex ausmachen, weisen die Bauten mittlerweile schwere Schäden auf. Weitere Themen der Bauausschusssitzung sind das Sanierungskonzept für das Otfried-Müller Haus am Wochenmarkt und ein Sachstandsbericht zu den Planungen zum SuedLink. Auch das Nahversorgungskonzept für die Stadt steht auf der Tagesordnung des Gremiums. Die Sitzung beginnt am Donnerstag, 21. Januar, um 16 Uhr im Ratssaal des Neuen Rathauses, Hiroshimaplatz 1-4. Von Michael Brakemeier