Tief unten im Bergfried hinter meterdicken Sandsteinmauern gräbt sich der Graf durchs Erdreich. Nein, nicht der von Montechristo – der von Berlepsch. Sittich von Berlepsch ist eigentlich gelernter Goldschmied. Was ihn zur groben Arbeit in die Kloake treibt, also in die Abfallgrube seiner Ahnen, ist die Neugier auf Nachrichten aus der Vergangenheit. Getreu seinem Lebensmotto „Sieh zu den Sternen. Gib Acht auf die Gassen (Hans Carossa)“ sei er bei allen Visionen bodenständig. Das soll auch sein Museum zeigen.
Das Museum in Schloss Berlepsch – es ist allein sein Werk. Seit einigen Wochen ist es geöffnet, wird noch erweitert und wohl irgendwann auch weiter geordnet und beschriftet. Noch muss sich der Besucher vieles selbst erschließen – oder sich führen lassen. 900 Ausstellungsstücke auf 85 Quadratmetern sind es.
Gesammelt hat der 67-Jährige seit Jahrzehnten. Nicht nur das, was aus der bis ins 14. Jahrhundert zurückreichenden Familiengeschichte stammt, sondern auch allerlei Kuriositäten, die ihm einfach gefallen haben. Das gibt er zu. Und so ganz ist es in der Fülle der Ausstellungsstücke nicht gelungen, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Kristall des Grafengeschlechts mit Familienwappen
Da sind zum einen die berlep’schen Originale: Glas und Kristall des Grafengeschlechts mit Familienwappen und Signaturen. Dazu alte Folianten, Möbel, Kunstgegenstände, Musikinstrumente, aber auch einfache Haushaltsgeräte aus der Schlossküche. Daneben zeigt Berlepsch altes Handwerksgerät. Fast alles hat er eigenhändig in seiner Werkstatt restauriert. Alte Schlösser, von Originalen aus der Familie bis zu asiatischen Konstruktionen aus seiner neuen Heimat, den Philippinen, wo er eine junge Familie hat und ein Umweltprojekt betreibt, gibt es zuhauf.
Schließlich gibt es einen großen Fundus an teils kuriosen Gerätschaften, etwa den „Pansanitor“, einen fast 100 Jahre alten Hochfrequenzapparat zur elektrischen Stimulation der Haut. Frühe Funkgeräte, Gramophone und Röhrengeräte zudem.
Dann ist da aber noch jener Bereich mit alten Steinen, Scherben, kleinen Glasfläschchen und winzigen Silbernadeln, der den eigentlichen Schatz des Museums darstellt. Hier spiegelt sich die Frühgeschichte des Grafengeschlechts mit den Sittichen im Wappen.
Drei geheime Gänge bis hinunter zur Werra
In mühsamer Arbeit hat der Hausherr die Ausstellungsstücke in 25 Jahren aus dem Müll gegraben. Mitte der 80-er war er auf eine nachträglich ausgemauerte Öffnung im Keller gestoßen. Weil es heißt, das Schloss habe einst drei geheime Gänge bis hinunter zur Werra gehabt, spürte er dem Rätsel nach. Tatsächlich öffnete sich ein Geheimgang, der in der mit Abfall und Schutt aus Jahrhunderten gefüllten Ruine eines der vier Bergfriede endete. Dort hat er seither immer wieder gegraben, hat tausende Fundstücke aus dem in 400 Jahren gesammelten Müll gesiebt, darunter viele winzige Glasfläschchen, rund 250 silberne Gewandnadeln, aber auch unzählige Scherben, Esel- und Bärenknochen, ja sogar einen behauenen Runenstein, der auf eine Wehranlage noch vor dem 14. Jahrhundert deutet. Nur die Geheimgänge und einen goldenen Familienschatz hat er noch nicht gefunden. Er gräbt und siebt aber weiter.
Schloss Berlepsch zwischen Mollenfelde und Gertenbach ist täglich geöffnet. Durch Schloss und Museum gibt es auch Führungen. Infos unter schlossberlepsch.de