IGS Geismar präsentiert Formen des Home-Schoolings

An der Georg-Christoph-Lichtenberg-Gesamtschule in Geismar bespricht Lehrer Stefan Knapp an diesem Donnerstag das Thema „Erörterung“ mit seiner zehnten Klasse. So sollen die Schüler ins Diskutieren kommen. Aber wie kann das gelingen, wenn sich coronabedingt nur die Hälfte der Schüler im Klassenraum befinden, die andere zu Hause? Und welche digitalen Mittel können dafür sorgen, dass der Unterricht interessant gestaltet wird? Auf einem Bildschirm, der über der Tafel angebracht ist, sind die Gesichter einiger Schüler während der Deutschstunde zu sehen. Sie sind per Video zugeschaltet. Von den Schülern im Klassenraum hat jeder einen kabellosen Kopfhörer im Ohr. So hören sie, was ihre virtuell anwesenden Mitschüler sagen. Vor sich haben sie ein Tablet liegen. „Guten Morgen! Und an euch zu Hause: Signalisiert, dass ihr da seid – mit einem Daumen hoch, zum Beispiel“, beginnt Knapp die Stunde. Schüler diskutieren eine Karikatur: Die zugeschalteten Schüler zeigen ihren Daumen in die Kamera. Dann sind sie erstmal nicht mehr sichtbar. Lehrer Knapp hat auf seinem Laptop ein anderes Fenster geöffnet, das nun auf dem Bildschirm übertragen wird: Nun ist eine Karikatur zu sehen. Diese zeigt einen Mann, der in einem dunklen Raum am Laptop sitzt. Er trinkt und isst und feiert anscheinend online mit Menschen. Knapp stellt den Schülern Fragen zu der Karikatur. Dann will er von ihnen wissen: „Denkt ihr, dass Internetnutzung die Vereinsamung von Menschen fördert?“ Per E-Mail erhalten die Schüler einen Link, mit dem sie abstimmen können. Kurze Zeit später haben die Schüler abgestimmt. Und schon ist ein Säulendiagramm auf dem Bildschirm zu sehen. Es zeigt, dass etwa fünfzig Prozent der Schüler die Frage mit „Ja“ beantworteten, die andere Hälfte mit „Nein“. Im Anschluss sollen die Schüler in Gruppen weiterdiskutieren. Auf der Schulplattform „iServ“ können sie gleichzeitig in Dokumenten schreiben und Argumente sammeln. Knapp kann die Dokumente öffnen und sehen, was die Schüler während der Gruppenarbeit schreiben. „So kann ich coachen: Wenn ich sehe, dass die Argumente in eine falsche Entwicklung gehen, kann ich Tipps geben.“ An der gemeinsamen Diskussion haben sich vor allem die Schüler beteiligt, die in der Klasse sitzen. „Das ist verständlich, dass sich die Kinder im Raum mehr angesprochen fühlen“, sagt Knapp nach der Unterrichtsstunde. Zumindest könnten die Schüler zu Hause jedoch an einem strukturierten Unterricht teilnehmen – und müssen sich die Zeit nicht selbst einteilen und so entscheiden, wann sie sich mit welchen Aufgaben beschäftigen. Lesen Sie auch: IPads für alle? An Göttinger Schulen gehen die Meinungen auseinander Corona: Das sagen Schüler, Eltern und Stadtverwaltung zur Situation an Göttinger Schulen Positives in Zeiten der Pandemie: „Auch Positives ist in Zeiten von Corona zu berichten“, sagt Tanja Laspe, Leiterin der IGS Geismar. Erfreuliche Nachrichten, wie das in 2020 der erste iPad-Jahrgang der IGS das Abitur absolvierte – als erste Göttinger Schule – seien im Schatten der Pandemie zum Beispiel untergegangen. Zudem habe Corona die Digitalisierung an den Schulen vorangetrieben – auch wenn Schulen nun besser vorbereitet sind, die schon früher auf eine digitale Zukunft setzten. Viel Eigeninitiative habe die IGS bereits vor der Pandemie in die Digitalisierung gesteckt. Die Georg-Christoph-Lichtenberg-Gesamtschule in Göttingen-Geismar hat ein Medienkonzept erstellt, in dem über Fortschritte in Sachen Digitalisierung informiert wird. „Schon früh wurde an dieser Schule die Digitalisierung als eines der entscheidenden Zukunftsthemen unserer Gesellschaft erkannt“, heißt es darin. Seit den späten 80er Jahren habe Schulleitung, Eltern, der Förderverein und private Sponsoren die Digitalisierung vorangebracht. Schließlich erreichten sie das Ziel, einige Computerräume und den Informatikunterricht einzuführen. Zudem baute eine Lehrkraft einen Schulserver auf, der bis zur Etablierung der Plattform „iServ“ bis 2010 genutzt wurde. Ein flächendeckendes W-Lan-Netz wurde außerdem eingerichtet. Von 2012 bis 2015 erprobten Schüler und Lehrer erstmals mobile Informationstechnologie, in Form von Notebookklassen. In zwei Pilotjahrgängen wurde anschließend der Einsatz von iPads im Unterricht erprobt. In das Schulprogramm wurden die Tabletjahrgänge schließlich im Jahr 2017 aufgenommen. Für die Digitalisierung der Schulen braucht es jedoch auch Unterstützung vom Land Niedersachsen, so Laspe. Etwa müssen die Lehrer fortgebildet werden. Bisher seien die Stunden ausgefallen, in denen Lehrkräfte Weiterbildungssemiare besucht haben. Auch nach Corona sollte jedoch die Frage lauten: Was kann digital? Bearbeitete Aufgaben hochzuladen – das sei digitaler Unterricht etwa nicht, betont Laspe. Analoge Methoden sollten nicht simuliert werden. Vielmehr sollten Lehrer die Möglichkeiten nutzen, die das Digitale bietet. Von Anja Semonjek