Klimaschutz in Göttingen: Parteien im Rat wollen schneller handeln, wie bleibt aber offen

Es besteht kein Zweifel bei den im Rat der Stadt Göttingen vertretenen Parteien: Der Klimawandel nötigt zum Handeln – auch auf kommunaler Ebene. Alle Parteien hatten zur Ratssitzung in unterschiedlichen Konstellationen Anträge vorgelegt und Vorschläge erarbeitet, wie Göttingen klimaneutral werden kann und die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens erreicht werden soll. Tom Wedrins, Vorsitzender der SPD-Ratsfraktion, hatte gar eine „neue Einigkeit im Haus“ ausgemacht. Für seine Fraktion machte er deutlich: „Klimaschutz ist notwendig, und wenn wir unseren Planeten noch retten wollen, müssen wir dafür kräftig auf die Tube drücken. Ein Weg, den wir gehen wollen.“ Wedrins schränkte aber ein: „Klimaschutz in einer massiven Radikalität, eine Politik, die einen Klimaschutz betreibt, koste es, was es wolle, führt zu Ungerechtigkeiten und hängt Menschen bewusst ab. Ein Weg, den wir nicht gehen wollen.“ Folgerichtig hat die SPD ihrem Antrag, den bereits existierenden Masterplan Klimaschutz anzupassen, die drei Schlagworte „Arbeit, Gerechtigkeit und Klimaschutz“ vorangestellt. „Arbeit, weil auch eine kommunale Klimaschutzpolitik immer ein Investitions- und Innovationspaket ist, das gezielt Landes- und Bundesmittel einwerben muss, aus dem Aufträge, Beschäftigung und Arbeitsplätze erwachsen“, sagte Wedrins. Hier bedürfe es einer städtischen Strategie in der Wirtschaftsförderpolitik. „Klimaschutz ist eine Wachstumschance für die gesamte Region“, so Wedrins. Die SPD schlägt nun unter anderem vor, bis 2030 mindestens 65 Prozent der CO2-Emissionen gegenüber dem Jahr 1990 einzusparen. Das ambitionierte Ziel – den Versuch bis 2030 klimaneutral zu werden – soll nicht aus den Augen verloren werden. Wolle Göttingen diese Ziele erreichen, müsse Klimaschutzpolitik „erheblich deutlicher“ zu Veränderungen führen. „Wir müssen schneller sein. Schneller beim Ausbau des ÖPNV, schneller bei der Verkehrswende, schneller bei der dezentralen Energieerzeugung durch erneuerbare Energien, schneller bei der Sanierung von Gebäuden“, sagte Wedrins. All das solle in Solidarität und Gemeinschaft und nicht im Gegeneinander geschehen. „Wir wollen keinen elitären Klimaschutz, den sich nur wenige leisten können und der andere abhängt.“ Göttingen bracht massive Hilfe von außen: „Bei dieser Debatte tut mir das Herz weh, weil wir Grüne seit Jahrzehnten für den Klimaschutz kämpfen und 100 Prozent Klimaneutralität schnellstmöglich erreichen wollen. Aber genau aus diesen langjährigen Erfahrungen heraus halten wir die Forderung, Göttingen bis 2030 klimaneutral zu machen, ohne massive Hilfe von außen für nicht realisierbar“, sagte Sabine Morgenroth (Grüne). Lesen Sie auch Klimaschutz: Mehr Ideen, wie Göttingen klimaneutral werden kann „Göttingen Zero“: Initiative fordert Klimaneutralität bis 2030 OB-Kandidat Kangarani über Klimaziele, Energiepolitik und Göttingen Zero Göttingen: Klimaziele bislang „deutlich verfehlt“ Stadt Göttingen hinkt dem selbst gesteckten Ziel beim Klimaschutz hinterher Dragoneranger Göttingen: Runder Tisch abgesagt, Oberbürgermeister-Kandidaten positionieren sich Eines der Ziele des Antrages der Grünen gemeinsam mit der FDP und der Partei-Ratsgruppe ist es, das Pariser 1,5-Grad-Ziel kommunal umzusetzen. Darin soll das Zwischenziel, bis 2030 die CO2-Emissionen in Göttingen mindestens um 65 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren, verbindlich vorgegeben werden. Sollte es gelingen, deutlich mehr zu reduzieren, „sind wir die Letzten, die sich dagegen stellen“, sagte Morgenrot. Göttingen verfehlt eigene Ziele deutlich: Ratsfrau Carina Hermann (CDU) wies am Freitag darauf hin, dass Göttingen die im Klimaschutzplan gesteckten Ziele für 2020 „deutlich“ verfehlt habe. Das betreffe den Ausbau erneuerbarer Energien, die verstärkte Nutzung von Fotovoltaik und die Vorbildfunktion der Stadt bei ihren eigenen Gebäuden. Die Kritik der Initiative Göttingen Zero nannte sie daher nachvollziehbar. „Wir wollen hier in Göttingen einen aktiven Beitrag leisten, um die CO2-Emission zu reduzieren und so die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens von 2015 zu unterstützen.“ Dazu hat die CDU eine Reihe von ersten Ideen in ihrem Antrag aufgelistet: Nachhaltiges Gewerbe, modernes Bauen, zeitgemäße Mobilität und regenerative Energien heißen einige der Punkte. Anspielung auf Greta Thunberg: Ratsherr Francisco Welter-Schultes (Piraten) brachte mit der GöLinke/ALG-Ratsgruppe den Antrag „Göttingen bis 2030 klimaneutral machen“ ein. Dieser war von der Initiative Zero Göttingen und 40 weiteren Initiativen erarbeitet worden und fordert, den Maßnahmenplan „Klimaplan Göttingen 2030“ konkret und verbindlich auf echte Klimaneutralität bis 2030 anzupassen. Andere Städte hätten gezeigt, dass das gehen kann, sagte Welter-Schultes. Auch wenn es „Geld, Mut und politischen Willen“ koste. Ihm gingen die Anträge der anderen Fraktionen nicht weit genug. Er warnte diese mit einem Zitat aus Greta Thunbergs Rede vor den Vereinten Nationen davor, nur „leere Worthülsen“ zu verwenden. Alle vier Anträge hat der Rat nun einstimmig in den Umweltausschuss überwiesen. Dort sollen sie im März weiterdiskutiert werden. Von Michael Brakemeier