Kliniken am Limit: Steigende Zahl der Covid-Fälle in Göttinger und Duderstädter Kliniken

Die Zahl der Patienten, die wegen einer Covid-19-Erkrankung stationär behandelt werden müssen, ist so hoch wie nie, die Stationen der Göttinger Krankenhäuser laufen voll: „Seit den Weihnachtstagen steigt die Belegung der Intensiv- und Normalstationen mit Covid-Patienten und Verdachtsfällen stetig an”, bestätigt der Sprecher der Universitätsmedizin Göttingen (UMG), Stefan Weller. Und weiter: „Die Auslastung der Kapazitäten an der UMG ist an der Grenze“. Die UMG ist als Haus der Maximalversorgung auf schwere Verläufe spezialisiert. Sechs ihrer Patienten sind so schwer erkrankt, dass sie an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen werden mussten. Diese so genannte Ecmo-Behandlung (Extrakorporale Membranoxygenierung) wird bei Menschen mit akutem Lungenversagen angewendet, viele dieser schwerstkranken Patienten sterben. UMG: 32 Covid-Patienten in stationärer Behandlung: Nach Angaben Wellers werden aktuell 32 Covid-Patienten in der UMG behandelt. 17 davon liegen auf einer Intensivmedizinischen Station, vier auf der Intermediate Care Station. 15 Patienten müssen invasiv über einen Beatmungsschlauch künstlich beatmet werden, davon wiederum sechs mittels Ecmo. Die anderen Patienten werden nicht invasiv mit Sauerstoff versorgt – beispielsweise über eine Atemmaske. Die meisten Patienten sind 55 bis 70 Jahre alt: Zehn der an Covid-19-erkrankten Menschen werden auf einer Normalstation der UMG medizinisch versorgt, ein Patient auf der Kinderstation. Unter den beatmeten Patienten sind laut Weller „jüngere, mittelalte und ältere Patienten“. Der größte Anteil falle auf die 55- bis 70-Jährigen. In der UMG stehen derzeit auf der Intensivmedizin 20 Betten bereit, auf den Normalstationen 15 bis 20 Betten. „Die UMG ist aber jederzeit in der Lage, innerhalb von 24 bis 48 Stunden nach einem genau definierten Belegungsplan weitere Kapazitäten aufzubauen und einzurichten“, so Weller. Dazu stimme sich der Krisenstab der UMG täglich intern ab, zudem gebe es einen gemeinsamen Abgleich der Kapazitäten im „Netzwerk der Kliniken Südniedersachsen“ auch zu Anfragen aus den anderen Bundesländern. Regelbetrieb auf UMG-Stationen wird heruntergefahren: Solche Patienten werden ebenfalls bereits in Göttingen behandelt. Acht der UMG-Patienten derzeit kommen aus anderen Bundesländern, dort werden und wurden bereits Menschen aus Sachsen, Thüringen, Nordhessen, Nordrhein-Westfalen, Bremen, Berlin und Brandenburg aufgenommen. „Die UMG erhält immer wieder Anfragen aus anderen Bundesländern, ob Patienten übernommen werden können. Die Auslastung der Kapazitäten an der UMG ist an der Grenze, die Anfragen werden in Einzelfällen entschieden“, so Weller. Die Verantwortlichen an der UMG koordinieren quasi als „Leitstelle“ für die externen Anfragen im „Intensivnetzwerk der regionalen Krankenhäuser“ auch, ob die Kooperationspartner noch Patienten aufnehmen können. „Die UMG übernimmt im Netzwerk die Versorgung der schwerstkranken Fälle“, so der Kliniksprecher. Um den steigenden Patientenzahlen gerecht werden zu können, hat das Klinikum nun auch „den Regelbetrieb auf einigen Stationen heruntergefahren“, es werden wieder, wie in der ersten Welle, stationäre Covid- und Non-Covid-Bereiche eingerichtet. „Insgesamt haben wir acht Stationen mit 160 Betten freigemacht“, so Weller. Ziel dabei sei, die Versorgung aller Patienten sicherzustellen, die „Überlastsituation in den Stationen zu vermeiden und eine ausreichende Personalausstattung zu sichern“. Zwei Stationen geschlossen: Personal für Covid-Patienten: Covid-Patienten werden auch im Evangelischen Krankenhaus Weende (EKW) behandelt. Dort wurde bereits eine der Normalstationen zur Covid-Station umfunktioniert – mit 28 Betten. Insgesamt versorgt das EKW aktuell 21 Corona-Patienten auf Normalstation. „Auf der Intensivstation halten wir derzeit vier Betten für Corona-Patienten vor, von denen drei belegt sind“, so Kliniksprecher Stefan Rampfel. Diese Patienten müssen beatmet werden, alle seien über 70 Jahre alt. Mit normaler Personalausstattung kann das EKW 18 Corona-Patienten intensivmedizinisch betreuen. „Im äußersten Notfall kann zusätzlich der Aufwachraum des OP-Bereichs als Intensivstation genutzt werden, so dass dann 28 Intensivbetten zur Verfügung stehen“, so Rampfel weiter. Bis Mitte der Woche handelte es sich bei den derzeitigen Patienten im EKW ausschließlich um Niedersachsen. Es gebe aber Anfragen zur Patienten-Übernahme, bereits an Weihnachten wurde ein Corona-Patient aus Chemnitz im EKW aufgenommen. Auch in Weende steigen die Zahlen an. „Aufgrund der wachsenden Anzahl an Corona-Patienten mussten zwei Stationen geschlossen werden, um das dortige Personal in den Corona-Bereichen einzusetzen”, sagt Rampfel. Im EKW sind die Zahlen ebenfalls kräftig gestiegen, war es im August noch ein Covid-Patient, stieg die Zahl im September auf drei, im Oktober auf sechs, im November auf 21 und im Dezember auf 29 Patienten. Lesen Sie auch Kliniken in Niedersachsen fürchten wegen Corona um Existenz Corona: Wie viele Intensivbetten in Göttingen sind aktuell frei? Corona-Impfstoff für 1000 Mitarbeiter der Universitätsmedizin Göttingen Corona-Impfungen laufen weiter – Impfstoff-Lieferung für den Landkreis kommt nicht Wenige Fälle in Herzberg und Northeim: Klinikgeschäftsführer Johannes Richter aus dem Helios Krankenhaus sagt: „Aufgrund der aktuell geringen Covid-19-Fälle in unserer Klinik droht zum jetzigen Zeitpunkt kein Engpass.“ In seinem Haus werden derzeit drei Menschen auf Normalstation und ein Patient auf einer Intensivstation versorgt. Geplante Behandlungen könnten in der Klinik momentan ohne Einschränkungen durchgeführt werden. Allerdings sei man auch dort darauf vorbereitet, zeitnah auf einen Anstieg der Covid-Patienten zu reagieren. Der seit Ende Februar eingesetzte Krisenstab der Klinik schalte sich regelmäßig zusammen, man sei im engen Austausch mit den Kliniken der Region Südniedersachsen. Aktuell werde ein separater Bereich der Intensivstation und eine internistische Normalstation zur Behandlung von Covid-19-Patienten und Verdachtsfällen genutzt. In der Helios Albert-Schweitzer-Klinik Northeim werden derzeit zwei Corona-Fälle stationär versorgt, einer davon auf der Intensivstation. 13 Patienten in St. Martini: Auch im Duderstädter St.-Martini-Krankenhaus werden derzeit mit dem Corona-Virus erkrankte Menschen medizinisch versorgt. Dort werden zwei Intensivbetten und 14 Normalbetten vorgehalten, teilt Sprecherin Jennifer Krukenberg mit. Im absoluten Notfall könne man diese Kapazitäten innerhalb von 48-Stunden aufrüsten, so dass auf der Isolierstation und der Intensivstation insgesamt 37 Betten zur Verfügung stehen. „Wir haben derzeit 13 Covid-Patienten, von denen zwölf auf der Isolierstation und einer auf der Intensivstation medizinisch versorgt werden. Unsere Belegung liegt damit bereits über dem Wert, der vom Land gefordert wird“, sagt sie. Unter den Patienten sein auch „mehrere aus angrenzenden Bundesländern“. Wegen der „allgemeinen Entwicklung und der steigenden Fallzahlen in der Region“ hat auch St. Martini Ende Dezember eine zusätzliche Station geschlossen, um weitere Backup-Teams und Betten in der Reserve zu haben. Von Britta Bielefeld