Kommentar: Göttingen braucht mehr DT

Die erste Kostenschätzung für Sanierung und Erweiterung des Deutschen Theaters Göttingen: 55 Millionen Euro plus x – die Zahl ist ein angemessener Anlass, erst einmal erschrocken innezuhalten. Für die Stadt Göttingen bedeutet das eine weitere große Herausforderung. Nach dem Erschrecken ist die mutmaßliche Summe allerdings auch ein guter Grund, einen Schritt von der Szene zurückzutreten, um das ganze Bild betrachten zu können: Diese Situation bietet die große Chance, nun einmal großräumig darüber nachzudenken, welchen Anforderungen Gebäude und Ensemble in den nächsten Jahren und Jahrzehnten gerecht werden müssten und was wie in dieser Stadt kulturpolitisch intelligent miteinander zu verzahnen wäre. Es lohnt sich ganz sicher, darüber einmal ohne Zorn und Eifer zu diskutieren und festgefügte Denkmuster zu vermeiden. Das Szenario, das Verwaltungsspitze und DT-Leitung am Freitagabend ausgebreitet haben, bietet auch eine gute Gelegenheit, nämlich den Kommunalpolitikern. Nach den Erfahrungen mit der Kostenexplosion bei der Stadthallensanierung und dem nächsten Schreck, den die Kostenschätzung zur DT-Sanierung mit sich bringt, wäre es wirklich angezeigt, wenn der Rat als wesentliches Organ der kommunalen Selbstverwaltung deutlich macht, was in welcher Reihenfolge saniert und/oder gebaut werden soll – und was nicht. Auch wenn ein Zukunftsinvestitionsprogramm vorliegt, gibt es dennoch keinen erkennbaren politischen und schon gar keinen gesellschaftlichen Konsens über dessen Inhalt. Der Beginn der Diskussion um die DT-Sanierung wäre ein guter Anlass, das Projekt „DT-Sanierung“ in öffentlicher Debatte in einen größeren Zusammenhang zu stellen. Salami-Taktik jedenfalls ist der falsche Weg. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Antwort auf die Frage, wie überraschend für Rat und Verwaltung sowie den Aufsichtsrat des Deutschen Theaters dieser Sanierungsumfang tatsächlich sein musste. Die Kostenschätzungen setzen sich aus mehreren Komponenten zusammen, der nötigen Sanierung des Gebäudes und dem erweiterten Raumbedarf des Theaters. Um die Sanierung des Gebäudes, das das Theater beherbergt, kommt die Stadt nicht herum, da der Bau unter Denkmalschutz steht. Völlig klar müsste auch sein, dass Göttingen das Deutsche Theater als Institution braucht, am besten auch an gewohnter Stelle. Die Leistungen des Ensembles schlagen sich nicht nur in Premieren im Renommiersaal des Hauses nieder, sondern auch in zahlreichen Veranstaltungen für viele Schülerinnen und Schüler aus Stadt und Landkreis. DT-Intendant Erich Sidler bringt es auf den Punkt: „Theater sind Denkräume der Demokratie.“ Göttingen braucht mehr DT. Sie erreichen den Autor unter E-Mail: c.oppermann@goettinger-tageblatt.de Twitter: https://twitter.com/tooppermann Facebook: https://www.facebook.com/christoph.oppermann Lesen Sie auch Deutsches Theater Göttingen: Sanierungsstau muss beseitigt werden Sanierung des Deutschen Theaters Göttingen: Die fünf Varianten für bis zu 185 Millionen Euro Deutsches Theater Göttingen: Schäden und Enge in dem aus am Wall Deutsches Theater Göttingen: Neubau nach Brand vor 130 Jahren Wozu braucht Göttingen das Deutsche Theater, Herr Sidler? Von Christoph Oppermann