Kommentar Inzidenzwerte im Kreis Göttingen

Gerüchte säen Zweifel, vor allem während einer Pandemie. Derzeit brodelt die Gerüchteküche insbesondere in Gieboldehausen und Duderstadt. Es geht um die hohe Zahl der Corona-Infektionen im Untereichsfeld und die Frage, was dahinter steckt. Das Problem: Bislang konnten weder die Duderstäder Stadtverwaltung noch Stadt und Landkreis Göttingen nachvollziehbare Erklärungen für die Zahlen liefern. Stattdessen war zuletzt immer wieder von einem „diffusen“ Infektionsgeschehen die Rede. Nichts also, was Gerüchten entgegenwirken würde. Dazu bräuchte es eine glaubhafte Aufklärung, vor allem aber mehr valide und öffentlich zugängliche Daten. Die aber wollen Stadt und Landkreis Göttingen nicht herausrücken – und machen die Sache damit nur noch schlimmer. Unmut über Informationspolitik von Stadt und Landkreis Göttingen: Das belegen dutzende Mails, Leserbriefe und Anrufe, welche die Tageblatt-Redaktion in den vergangenen Wochen erreicht haben. Darin bringen Bürger ihren Unmut über die Informationspolitik von Stadt und Landkreis Göttingen zum Ausdruck. Mal geht es um fehlende Angaben dazu, wie ausgelastet die Corona-Intensivstationen in der Region sind, mal um die Frage, wie viele Personen in Stadt und Landkreis bereits geimpft wurden, mal um eine bessere Vergleichbarkeit der Infiziertenzahlen. Teils werden gar krude Theorien angeführt, warum die Zahlen im Untereichsfeld so sind wie sie sind, darunter auch die längst widerlegte, dass die Quarantäne-Unterkunft für Spätaussiedler im Rosenthaler Hof etwas damit zu tun haben könnte. Lesen Sie auch Stadt und Landkreis berechnen Inzidenzwerte für alle Kommunen – veröffentlichen diese aber nicht Landkreis Göttingen: Das ist der Inzidenzwert in Ihrer Kommune Zentraler Kritikpunkt ist aber ein anderer. So bemängeln viele Bürger, dass die Behörden zwar täglich die Zahl der Neuinfizierten pro Gemeinde bekannt geben, den Inzidenzwert allerdings nur für den gesamten Landkreis. Das sorge für eine trügerische Sicherheit, erklären mehrere Leser. Denn während der Inzidenzwert für den Landkreis zuletzt zwischen 30 und 50 pendelte, hätten die Inzidenzwerte in Duderstadt und Gieboldehausen um ein Vielfaches höher gelegen. Dass hier etwas nicht stimmt, zeigt exemplarisch auch folgender Umstand: Einige Bürger sind bereits dazu übergegangen, anhand der Zahl der Neuinfizierten und der Einwohnerzahl die Inzidenzwerte für sich selbst auszurechnen, und senden akkurat ausgefüllte Tabellen an die Redaktion. Gerüchten die Grundlage entziehen: Stadt und Landkreis Göttingen scheinen allerdings in ihrem bisherigen Vorgehen kein Problem zu sehen. Im Gegenteil: „Mit dem Ziel, ein aussagekräftiges, nachvollziehbares und relevantes Bild vom Infektionsgeschehen zu vermitteln, sind die veröffentlichen Fallzahlen ausgewählt“, erklärt Ulrich Lottmann, Sprecher der Kreisverwaltung. Heißt so viel wie: Die Zahlen, die wir veröffentlichen, sind ausreichend. Dass es auch anders geht, zeigen andere Kommunen. Die Region Hannover beispielsweise veröffentlicht täglich auch die Inizidenzwerte der einzelnen Kommunen, der Landkreis Helmstedt die bestätigten Fälle der vergangenen sieben Tage pro Kommune. Daran sollten sich Stadt und Landkreis Göttingen ein Beispiel nehmen und ihre bisherige Strategie der Informationspolitik überdenken – schließlich werden Daten wie die einzelnen Inzidenzwerte ja ohnehin erhoben, wie Tageblatt-Recherchen belegen. Dann sollte man sie allen Bürgern im Kreis Göttingen auch zur Verfügung stellen. Das würde nicht nur für mehr Glaubwürdigkeit sorgen, sondern auch dabei helfen, Gerüchten die Grundlage zu entziehen. Von Andreas Fuhrmann