Konstantin Kuhle: "Lockdown nicht länger als unbedingt notwendig"

Der Göttinger Bundestagsabgeordnete Konstantin Kuhle hält eine Verlängerung des Lockdowns nicht uneingeschränkt für sinnvoll. „Wir dürfen den Lockdown nicht länger als unbedingt notwendig aufrecht halten“, meint der FDP-Politiker. Die sozialen Folgen der Isolation und der wirtschaftliche Schaden der Schließungen würden jeden Tag zunehmen, argumentiert er. Kuhle bringt „maßvolle Öffnung der Gastronomie“ ins Spiel: „Wir sollten perspektivisch über eine maßvolle Öffnung der Gastronomie nachdenken“, regt Kuhle an. Viele Gastronomen hätten nach der Aufforderung durch die Politik enorm aufwendige Hygieneschutzmaßnahmen ergriffen – und hätten dann trotzdem schließen müssen. „Wenn Hygiene und Abstand gewährt sind, sollten Gastronomen wieder langsam anfangen dürfen, zu arbeiten. Für die Bereiche Kultur und Sport braucht es eine ähnliche Perspektive. Sonst drohen im zweiten Jahr der Pandemie irreversible Schäden“, mahnt Kuhle. Lesen Sie auch: Lockdown-Verlängerung – was heißt das für die Gastronomie in Göttingen und Südniedersachsen? Außerdem setzt sich der Liberale dafür ein, die vulnerablen Gruppen viel stärker in den Blick zu nehmen. „Es sind hier bisher kaum wirksame Maßnahmen ergriffen worden, um Risikogruppen wie ältere Menschen zu schützen. Andere Maßnahmen – wie die Abgabe von FFP-2-Masken an diese Gruppen – werden mit viel zu viel Verzögerung umgesetzt“, kritisiert Kuhle. Das sei ein „schweres Versäumnis des staatlichen Krisenmanagements“. Kuhle fordert Perspektiven für Öffnungen: Darüber hinaus hätten Bundes- und Landesregierungen nach Kuhles Einschätzung im Hinblick auf die Auszahlung von Hilfen an Unternehmen „viel Vertrauen verspielt“. Man könne Hilfen nicht „Novemberhilfen“ nennen und sie dann erst im Januar auszahlen, findet Kuhle. Die unterschiedlichen Wirtschaftsbranchen bräuchten eine Perspektive, wann sie unter welchen Umständen wieder öffnen können. Und Kuhle geht noch weiter: „Für die Gastronomie sollten wir beispielsweise darüber diskutieren, ob die Ermäßigung der Umsatzsteuer für das Außer-Haus-Geschäft langfristig auch für den Verzehr in Restaurants angewendet wird. Das bringt mehr als die kurzfristige Senkung der Umsatzsteuersätze im Jahr 2020.“ Auf kommunaler Ebene sollten laut Kuhle zudem Freiräume geschaffen werden, damit die Gastronomie in den Frühlings- und Sommermonaten größere Umsätze generieren kann – etwa indem, wie in Göttingen schon 2020 praktiziert, die Flächenbegrenzung für die Außengastronomie aufgehoben wird. Mehr Regionalisierung bei den Maßnahmen? Von einheitlichen Lockdown-Regelungen über alle Bundesländer hinweg hält Kuhle nichts: „Wenn wir sehen, wie unterschiedlich die Infektionslage in den einzelnen Ländern ist, müssen wir stärker als bisher zu einer erneuten Regionalisierung der Maßnahmen übergehen.“ Es sei einem Bürger in Schleswig-Holstein nicht vermittelbar, warum er unter starken Einschränkungen leben soll, weil in Ostsachsen, also am anderen Ende der Republik, die Lage kritisch sei. Um die regional geltenden Maßnahmen an einem bestimmten Ort transparenter zu machen, könnte man laut Kuhle zum Beispiel die Corona-Warn-App nutzen. Sie erreichen den Autor per E-Mail an m.riese@goettinger-tageblatt.de. Von Markus Riese