Landgericht Göttingen: Zweite Runde in Betrugsprozess gegen Ex-Polizisten

Vor dem Landgericht Göttingen hat am Freitag eine Berufungsverhandlung gegen einen ehemaligen Polizisten aus Duderstadt begonnen. Der 42-Jährige hatte dort Rechtsmittel gegen ein Urteil des Duderstädter Amtsgerichts eingelegt. Dieses hatte ihn im Februar 2019 in erster Instanz zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Das Gericht befand ihn damals unter anderem des Betruges, der Urkundenfälschung, des gewerbsmäßigen Diebstahls und des Versicherungsmissbrauchs für schuldig. Der Angeklagte habe wiederholt Schadensfälle vorgetäuscht, um Zahlungen von Versicherungen zu erhalten. Angeklagter ist derzeit in psychiatrischer Klinik: Der frühere Polizist und gelernte Kfz-Mechaniker hatte gegen das Urteil Berufung eingelegt, sodass nun das Landgericht über den Fall befinden muss. Der neue Prozess startete allerdings mit Hindernissen, da der Angeklagte nicht zur Verhandlung erschienen war. Einer seiner beiden Verteidiger teilte dem Gericht mit, dass sein Mandant in dieser Woche in eine psychiatrische Klinik gekommen sei. Der Vorsitzende Richter unterbrach daraufhin nach Angaben eines Justizsprechers wegen der laufenden Einweisung nach dem Psychisch-Kranken-Gesetz (PsychKG) die Verhandlung. Der Prozess soll Mitte September fortgesetzt werden. Der 42-Jährige hatte kürzlich noch an einer Zivilverhandlung vor dem Amtsgericht Duderstadt teilgenommen, wo er als Beklagter geladen war. Anlass für das weiterhin anhängige Strafverfahren gegen den früheren Polizeibeamten und gelernten Kfz-Mechaniker war ein Hinweis einer einstigen Kollegin gewesen. Die Polizistin hatte damals ihre Vorgesetzten in einem Schreiben von ihrem Verdacht berichtet, dass der als arbeitsunfähig geltende Kollege offenbar in dubiose Aktivitäten verwickelt sei. Bei ihren Ermittlungen stießen die Beamten dann auf eine Reihe von Verdachtsfällen. Verkehrsunfälle vorgetäuscht: Das Amtsgericht Duderstadt sah es am Ende des Prozesses als erwiesen an, dass der Angeklagte wiederholt Verkehrsunfälle angezeigt hatte, um gegenüber der Versicherung entsprechende Schäden geltend zu machen. Tatsächlich seien die Unfälle vorgetäuscht gewesen. In einem Fall habe beispielsweise eine Haarspurenanalyse ergeben, dass anders als behauptet keine Kollision mit einem Wildschwein stattgefunden habe. In einem anderen Fall habe er behauptet, dass eine Tante seiner Ehefrau seinen Wagen beschädigt habe. Diese könne aber gar nicht die Verursacherin gewesen sein, da sie kurz zuvor einen Schlaganfall erlitten habe. In einem weiteren Fall habe der Angeklagte gemeinsam mit einem Kumpan einen Einbruch vorgetäuscht, bei dem angeblich unter anderem auch ein Pkw gestohlen worden sei. Um das als gestohlen gemeldete Fahrzeug wieder zulassen zu können, sei es manipuliert und anschließend für 10 000 Euro verkauft worden. Der Angeklagte hatte vor Gericht sämtliche Vorwürfe bestritten. Als er das Urteil vernahm, sagte er: „Das gibt es nicht.“ Der Richter sagte darauf nur: „Das gibt es doch.“ Bliebe es bei dem erstinstanzlichen Urteil, müsste der 42-Jährige ins Gefängnis gehen, da eine Strafaussetzung zur Bewährung nur bei Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren möglich ist. Sie erreichen die Autorin per E-Mail an lokales@goettinger-tageblatt.de. Von Heidi Niemann