Landkreis Göttingen: Veranstaltungen werden trotz sinkender Infektionszahlen abgesagt

In diesem Jahr hagelt es Absagen. Zahlreiche Veranstaltungen werden nicht ausgerichtet, weil die Organisatoren eine Ansteckung mit dem Coronavirus fürchten, wenn viele Menschen auf engem Raum zusammen kommen. Der Krankheitserreger ist nach wie vor virulent und nur mit Schutzmaßnahmen wie Abstand und Mund-Nasen-Maske in Schach zu halten. Aber auch damit gibt es keine 100-prozentige Sicherheit. Es ist derzeit einfach keine Zeit zum sich näher Kommen, zu hoch ist die Gefahr einer Infektion. Kein Veranstalter möchte für ein Ausbruchsgeschehen verantwortlich sein. Deshalb gibt es trotz relativ weitreichender behördlicher Lockerungen kaum noch große Veranstaltungen, die ausgerichtet werden. Ein Überblick – ohne Garantie auf Vollständigkeit. Gildenwahl sowie Handwerker- und Uniball: Die Kreishandwerkerschaft Südniedersachsen hat die für den 5. Oktober geplante Gildenwahl abgesagt. Ebenfalls gecancelt hat der Zusammenschluss der Handwerksinnungen die Seniorenvorweihnachtsfeiern in Göttingen, Duderstadt und Hann. Münden. Der über Südniedersachsen hinaus ausstrahlende Handwerker- und Universitätsball, der bereits in diesem Jahr ein Opfer des Corona-Geschehens geworden ist, wird auch im Jahr 2021 ausfallen, teilt die Kreishandwerkerschaft mit. Es sei zum jetzigen Zeitpunkt einfach unsicher, wie sich das Infektionsgeschehen in den nächsten Monaten entwickeln werde. Deshalb mache es keinen Sinn, noch länger abzuwarten, befindet Kreishandwerksmeister Christian Frölich. Mit Rücksicht auf die Teilnehmer dieser Veranstaltungen gebiete es die Fürsorge, schon jetzt „die Reißleine zu ziehen“. Im Hinblick auf die Gildenwahl sei dies umso bedauerlicher, nachdem mit dem FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff bereits „ein hochkarätiger Festredner gefunden werden konnte“. Gänseliesel-Fest: Abgesagt ist inzwischen dann doch das Gänseliesel-Fest 2020. Das sollte am 27. September steigen, inklusive der Wahl eines neuen Gänseliesels. Noch Anfang Juni hatte die Geschäftsführerin von Pro City, Frederike Breyer, versichert: „Das Gänselieselfest steht nicht auf der Kippe.“ Es sollte dezentral, über die gesamte Innenstadt ausgerichtet werden, um Menschenansammlungen an einzelnen Orten zu vermeiden. Wenige Tage später kam dann doch die Absage. Grund dafür sei die Verlängerung des Verbots von Großveranstaltungen bis zum 31. Oktober. „Mit der sich abzeichnenden Entwicklung des Virus und der geänderten Verordnungslage ist die Planung nicht mehr zu halten“, sagte Breyer. Sommerempfang: Auch der Sommerempfang von Pro City werde nicht wie geplant ausgerichtet werden können. An einem geselligen Abend, der den Verordnungen entspricht, werde aber festgehalten. Termin soll der 23. September sein. Kaufmannsessen: Der Kreisverband Göttingen des Handelsverbands Hannover (HVH) hat das traditionelle Kaufmannsessen abgesagt. Dazu werden alljährlich viele Gäste im Alten Rathaus erwartet. Alexander Grosse vom HVH will kein Risiko eingehen, zu unsicher seien Lage und Entwicklung. Soundcheck-Festival: Das diesjährige Festival „NDR 2 Soundcheck - Neue Musik“ in Göttingen, das vom 17. bis 19. September stattfinden sollte, ist Ende Mai abgesagt worden. „Die Gesundheit der Besucherinnen und Besucher und aller, die zum Gelingen des Festivals beigetragen hätten, hat für uns oberste Priorität“, sagte Torsten Engel, Programmchef von NDR 2. Die bereits verkauften Tickets für das Finale „Musikszene Deutschland“ in der Lokhalle konnten bei den Vorverkaufsstellen zurückgegeben werden. Erntedank- und Heimatfest: In Bovenden ist das diesjährige Erntedank- und Heimatfest abgesagt worden. „Nach zahlreichen Diskussionen“, wie es in einer Mitteilung von Timo Albrecht heißt. „Das beste Fest aller Zeiten“ werde eben einfach um ein Jahr verschoben. Als Trost soll es am 2. Oktober einen Live-Videostream geben. „Es wird einen digitalen Kirmesumzug geben“, heißt es. Händel-Festspiele: Die Internationalen Händel-Festspiele sollten in diesem Jahr zum 100. Mal gefeiert werden. In den Mai-Tagen sollte ein Mammutprogramm über die Bühnen in Stadt und Landkreis Göttingen gehen mit 42 Opern, mehr als 30 Spielorte waren auserkoren, alles abgesprochen, vorbereitet. Abgesagt. Dafür gab es in der Festivalzeit bis zum 1. Juni Digitalbeiträge mit Gesprächen über und mit Musik von Georg-Friedrich Händel als kleinen Ersatz. Landvolktag: Safety first lautete das Motto des Landvolk Göttingen Kreisbauernverbandes. Der für den 12. März geplante Landvolktag ist kurzfristig gestrichen worden. Die Absage war eine der ersten im Landkreis Göttingen. Das Treffen sollte verschoben werden. Was ist daraus geworden? „Wir möchten gerne – aber ich sehe im Moment keine Möglichkeit“, erklärt Landvolk-Geschäftsführer Achim Hübner. Jetzt im Sommer hätten die Bauern sowieso keine Zeit – und später, im Herbst, werde das Virus womöglich wieder verstärkt für Infektionen sorgen. Und wenn nicht? „Wir bekommen das Fest ohne viel Vorlauf auf die Beine gestellt, vier Wochen würden reichen“, sagt Hübner. Konzerte & Co. Die Absagen von großen und kleinen Konzerten, Lesungen, Kabarett-Veranstaltungen, Theater-Aufführungen oder auch Gottesdiensten seit Ausbruch der Corona-Pandemie in Deutschland sind kaum noch zu zählen. Alle Tourneen, mit denen zum Beispiel die Göttinger Sängerin Christiane Eiben durch die Lande ziehen wollte, sind abgesagt worden. Chöre, deren Mitglieder in der Freizeit mit viel Aufwand proben, können und wollen nicht auftreten. Hier und dort gibt es Überlegungen, mit ausreichend Abstand zu singen. Ein schwieriges Unterfangen, vor allem bei Laien-Chören, wo die starken Stimmen die schwächeren mitziehen. Göttinger Weihnachtsmarkt: Immerhin soll der Göttinger Weihnachtsmarkt stattfinden. „Wir planen mit dem Markt”, sagt der Vorsitzende des Göttinger Weihnachtsmarktvereins, Daniel Asmuß. Angedacht seien etwa Plexiglas-Trennwände eine veränderte Flächenaufteilung. „Wir haben viele Ideen und Alternativen”, sagt er. Zunächst einmal müsse das Vergabeverfahren der Stadtverwaltung abgewartet werden. „Wir müssen auf Sicht fahren“, gibt Asmuß die Devise vor. Wirtschafts- und Neujahrsempfang: Zum bislang letzten Wirtschaftsempfang der Stadtverwaltung Göttingen waren am 28. August vergangenen Jahres rund 600 Gäste in die Lokhalle gekommen. Gibt es eine Neuauflage demnächst mit Abstand und Mundschutz? „Nein, der Empfang ist abgesagt worden“, informiert der Sprecher der Stadtverwaltung, Dominik Kimyon. Die Sparkasse Göttingen indes hält an ihrem Neujahrsempfang 2021 fest. „Wir werden aber weiter die Entwicklung beobachten“, sagt Unternehmenssprecher Frank Sickora. Karneval: Auf Tageblatt-Nachfrage bestätigt Oliver Koser vom Westeröder Carneval Club (WCC), dass es eine Viedeokonferenz mit Vertretern von Karnevalsvereinen aus dem Untereichsfeld gegeben hat. Es sei aber bislang nicht entscheiden worden, alle Veranstaltungen abzusagen. In der Verordnung des Landes Niedersachsen zum Infektionsschutz in Corona-Zeiten heißt es unter Punkt „Kultur und Freizeit“: Der Veranstalter einer Veranstaltung in geschlossenen Räumen, insbesondere einer kulturellen Veranstaltung wie zum Beispiel einer Aufführung der darstellenden Künste, der Musik oder der Literatur einschließlich einer Vorführung in einem Kino, hat sicherzustellen, dass Besucher das Abstandsgebot einhalten. Die Zahl der Besucher darf 500 Personen nicht übersteigen. Der Veranstalter hat zudem sicherzustellen, dass alle Besucher sitzend an der Veranstaltung teilnehmen und hat Maßnahmen aufgrund eines Hygienekonzepts zu treffen. Der Veranstalter ist zur Datenerhebung und Dokumentation verpflichtet und hat sicherzustellen, dass jeder Besucher eine Mund-Nasen-Bedeckung trägt, solange er nicht sitzt. Auch bei Veranstaltungen unter freiem Himmel dürfen nicht mehr als 500 Gäste anwesend sein. Stand: 10. Juli 2020. Von Ulrich Meinhard