Landkreis Göttingen: Weniger Menschen beantragen kleinen Waffenschein

Die Anzahl der im Landkreis Göttingen und den Städten Göttingen, Duderstadt und Hann. Münden ausgestellten kleinen Waffenscheine hat in diesem Jahr abgenommen. Das teilen die jeweiligen Verwaltungen Tageblatt-Nachfrage mit. Der bundesweite Trend, dass die Anzahl der Scheine, die zum Erwerb von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen zunimmt, bestätigt sich somit in Südniedersachsen nicht. Im Landkreis Göttingen waren bis zur zweiten Dezemberwoche 86 kleine Waffenscheine beantragt worden, teilt die Pressestelle der Verwaltung mit. Das sind elf weniger als noch 2019. Und auch im Stadtgebiet Göttingens sei keine ansteigende Tendenz auszumachen, wie Dominik Kimyon mitteilt. Der Pressesprecher nennt dazu die Zahlen der vergangenen Jahre: 2018 seien 56 und 2019 77 kleine Waffenscheine ausgestellt worden. Auch in Duderstadt (neun) und Hann. Münden (sechs, 2019: 22) wurden weniger Anträge eingereicht als im Vorjahr. Diese Entwicklung bewertet die Polizeidirektion Göttingen „grundsätzlich positiv“, wie es aus der dortigen Pressestelle heißt. Für eine umfassende Bewertung müsste jedoch auch bekannt sein, was die Gründe für den starken Anstieg von Anträgen in den vergangenen Jahren gewesen und ob diese Gründe nicht mehr vorhanden seien. „Um zu einer abschließenden Bewertung kommen zu können, müsste also zunächst bekannt sein, wer aus welchen Gründen beantragt hat“, schreibt die Polizeidirektion. Lesen Sie auch Die Nation rüstet auf aber in Göttingen gibt es nach einem Boom 2016 wieder weniger Anträge auf Kleinen Waffenschein Verwaltungsgericht: Landkreis darf Waffenbesitzer die waffenrechtliche Erlaubnis entziehen So viele Waffen geben die Göttinger pro Jahr ab „Harmlos“ sind die Schreckschusswaffen nicht: Die mit dem kleinen Waffenschein legal erwerbbaren Waffen „werden ganz harmlos Schreckschusswaffen genannt, können jedoch zur tödlichen Gefahr werden“, betont die Polizei. Eigentlich hat der Gesetzgeber mehrere Sicherungen eingebaut: Dazu zählt das Prüfsiegel der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB), das alle legalen Schreckschusswaffen haben müssen. Andernfalls gelten sie als scharfe Waffen. Trotz einer eingebauten sogenannten Laufsperre, wodurch das Verschießen von Projektilen verhindert werden soll, entweicht Gas mit Temperaturen von weit mehr als 1000 Grad und mehreren 100 Bar Druck aus dem Lauf, erklärt die Polizeidirektion die Hitze- und Druckentwicklung beim Abfeuern einer Schreckschusswaffe. „Das Abfeuern von Patronen aus nächster Nähe auf den Menschen kann erhebliche Verletzungen hervorrufen“, schreibt die Polizei. Die beim Abfeuern entstehende Druckwirkung einer 9-Millimeter-Schreckschusspistole liege bei bis zu 400 Bar und sei damit so hoch, dass etwa ein auf den Kopf aufgesetzter Schuss tödliche Folgen haben kann. Experten warnen daher vor PTB-Waffen, weil sie eine falsche Sicherheit vermitteln würden. Der Umgang mit Reizgaspatronen habe ebenfalls seine Tücken für den Nutzer, vor allem in geschlossenen Räumen. Kaum von scharfen Pistolen zu unterscheiden: Darüber hinaus seien die meisten dieser Waffen auch für Experten kaum von scharfen Pistolen oder Revolvern zu unterscheiden. „Wenn dann ein Polizist direkt in den Lauf einer auf ihn gerichteten Pistole schaut, geht es oft um Sekundenbruchteile“, teilt die Polizeidirektion mit. Eine solche Situation könne sich für die einschreitenden Beamten schnell so darstellen, dass die einzige Möglichkeit, die wahrgenommene Gefahr abzuwehren, unmittelbarer Zwang sei. „Das kann bis hin zum Schusswaffeneinsatz gehen.“ Wer von den Waffenbehörden als zuverlässig und körperlich fit eingestuft wird, erhält auf Antrag den Kleinen Waffenschein in aller Regel ohne Probleme. Ein kleiner Waffenschein ist erforderlich, um eine Schreckschuss-, Reizgas- und Signalwaffe kaufen und in der Öffentlichkeit griffbereit mit sich führen zu dürfen. Was bedeutet zuverlässig? Die Antragsteller dürfen vorher nicht strafrechtlich aufgefallen sein. Wer zum Beispiel einen Strafbefehl in Höhe bestimmter Tagessätze erhalten hat oder auch wiederholt für kleinen Straftaten gerichtlich belangt wird, gilt nicht als zuverlässig. Außerdem müssen die Antragsteller volljährig sein. Reizstoffsprühgeräte, umgangssprachlich häufig als Pfefferspray bezeichnet, dürfen ohne kleinen Waffenschein mitgeführt werden – entscheidend ist hier das Siegel der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB). Zugelassene Sprays sind mit dem Siegel „PTBr" gekennzeichnet. Bei Schreckschuss,- Reizgas- und Signalwaffen sieht das anders aus. Diese müssen zwar auch das Siegel tragen, dürfen aber nur von Volljährigen gekauft werden. „Aufgrund der starken Anstiege in den vergangenen Jahren war mit einem Rückgang der Anträge zu rechnen“, teilt die Polizei mit. Ob sich hieraus jedoch ein neuer Trend entwickele, bleibe abzuwarten. Darüber hinaus seien die Erteilungsvoraussetzungen im Waffengesetz verschärft worden: Unter anderem gebe es nun eine Zuverlässigkeitsprüfung beim Verfassungsschutz, wodurch einige potenzielle Antragsteller möglicherweise bereits im Vorfeld von der Beantragung absehen würden, so die Polizei. Von Tobias Christ