Landleben: Die neue Klopapier-Angst

In einem Trödelladen hat meine Tochter eine schöne alte Hand-Kaffeemühle entdeckt, die sie fast gekauft hätte. Da in meinem Schrank jedoch eine ganz ähnliche Kaffeemühle steht, hielt ich sie davon ab. Mein Exemplar stammt von meiner Oma. Eine Weile habe ich darin Kaffee gemahlen, später Körner. Nachdem die Morgens-esse-ich-Frischkornbrei-Phase meines Lebens vorbei war, stand die Kaffeemühle still. Das alles erzählte ich meiner Tochter noch im Trödelladen und stellte ihr meine Oma-Kaffeemühle in Aussicht. Zwischen diesem Gespräch und unserem Haus lagen jedoch ein paar Kilometer, sodass wir die Kaffeemühle wieder vergaßen. Bis ich einen Kuchen backen wollte. Das macht man so, wenn die Kinder zu Besuch sind. Allerdings hatte ich, da ich sonst eher selten backe, nicht genug Mehl im Haus. Und das ist in Zeiten des Corona-Virus offenbar schlecht. Unterschiede zwischen Stadt und Land: Im Supermarkt standen meine Tochter und ich nämlich vor einem komplett leeren Mehl-Regal. Zeitgleich schrien die Mitbewohner meiner Tochter in der fernen Stadt-WG schon per Handy-Nachricht nach Klopapier und fragten, ob es auf dem Land noch welches gebe. Falls ja, sollte sie bei ihrer Rückkehr welches mitbringen. In der Stadt war dieses kostbare Papier offenbar vergriffen. Mein Vater fragte später sehr umgangssprachlich, ob die Leute wegen Corona mehr … müssten – also ob sie eine heftigere Verdauung hätten. Wir rätselten: Vielleicht, weil sie gerade die ganzen Nudeln essen, die sie gekauft haben? Die müssen ja auch irgendwohin. Nudeln wollte die WG meiner Tochter übrigens auch, denn die entsprechenden Regale waren in der Stadt ebenfalls leer. Und auf dem Land fehlte nun das Mehl. Im Geiste ging ich die Alternativen durch und erinnerte mich wieder an den Ursprung des Mehls – das Korn. Und dann fiel mir die gute alte Kaffeemühle wieder ein. Mit einem Paket Kornmischung zogen wir glücklich nach Hause. Körperlich anstrengende Arbeit: Den Abend verbrachte ich mit der Kaffeemühle auf dem Schoß. Korn zu mahlen ist ziemlich langwierig und überraschenderweise auch körperlich anstrengend. Am nächsten Tag hatte ich Muskelkater im Arm. Der Kuchen schmeckte ein bisschen anders. Vollkorn eben. Aber lecker. Kaum war er gebacken, gab es im Supermarkt übrigens auch wieder Mehl. Trotzdem werde ich meiner Tochter demnächst zum Geburtstag die Kaffeemühle aus dem Trödelladen schenken. Meine behalte ich jetzt doch lieber selbst. Die kann man ja, das habe ich nun gelernt, immer mal gebrauchen. Und was ist jetzt mit dem Toilettenpapier? Sogar in der Stadt gab es, dem WG-Bericht zufolge, inzwischen Nachschub. Allerdings ist mir diese neue Klopapier-Angst sowieso ein Rätsel. Es gibt doch Alternativen. Im Zweifel einfach mal die Älteren nach ihrem geheimen Wissen über Klopapier und Zeitungen fragen. In Zeitungen steckt ja so viel Mehrwert. Also nicht wegwerfen! So erreichen Sie die Autorin: E-Mail: autorin@anke-weber.de Instagram: https://www.instagram.com/ankeweber_author facebook: https://www.facebook.com/ankeweberautorin Von Anke Weber

Mein Landleben - Kolumne: Die neue Klopapier-Angst