Leben unter Corona: Stadtverwaltung Göttingen schlägt Hilfen für Familien und Alleinerziehende vor

In der Corona-Pandemie ergeben sich für Alleinerziehende drei Problembereiche, in denen die Stadtverwaltung tätig werden muss. Das hat eine Gesprächsrunde des Runden Tisches Alleinerziehende mit der Stadtverwaltung Anfang Dezember ergeben. Erörtert werden sollten dabei die sich aufgrund der Corona-Pandemie ergebenden Herausforderungen und Probleme für die Institutionen wie für die Betroffenen. Folgende Punkte hat die Verwaltung am Donnerstag im Jugendhilfeausschuss des Rates als Gesprächsergebnis aufgeführt: Die verlässliche Betreuung der eigenen Kinder sei für die Ausübung einer Berufstätigkeit, der Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen – etwa zum Wiedereinstieg in den Beruf –und an Ausbildungsmaßnahmen „existenziell“ für alleinerziehende Eltern, da Kompensationsmöglichkeiten bei Ausfall von Betreuungen nur eingeschränkt vorhanden seien. Zur Teilnahme an Bildungsmaßnahmen bedürfe es einer gewissen Ausstattung von Trägern und Haushalten, um an umgestellten Unterrichtsformen teilnehmen zu können. Zudem gebe es den Bedarf an einer zentralen Anlaufstelle in Form eines Servicebüros für alle Anliegen, etwa über Betreuungsangebote, finanzielle Unterstützung, Kontaktmöglichkeiten. Nicht erhöhtem Armutsrisiko aussetzen: „Für Ein-Eltern-Familien sind die mit der Coronazeit verbundenen Schließungen von Kitas und Schulen mehr als eine Herausforderung: Sie sind existenzbedrohend“, hatte Christine Müller, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Göttingen, im Dezember erklärt. „Wir wollen nicht zulassen, dass Alleinerziehende und ihre Kinder durch Corona einem erhöhten Armutsrisiko ausgesetzt sind. Darum müssen wir in 2021 als Runder Tisch dafür sorgen, dass wir den Blick auf ihre besonderen Herausforderungen lenken“, sagte Müller. Kinderbetreuung, Home-Schooling, Einkaufen, Arztbesuche, finanzielle Schräglagen, unzureichende technische Ausstattungen wie ein langsamer Internetanschluss, ein alter Computer oder gar kein Computer – dies seien Probleme, mit denen die Eltern, insbesondere, wenn sie ihre Kinder allein erziehen, zu kämpfen hätten, hieß es im Dezember. Pragmatische Lösungen seien gefragt, fordern die Teilnehmer des Runden Tisches. „Zudem fehlt es an Möglichkeiten, über die Sorgen des Alltags zu sprechen, was zu einem Gefühl von Einsamkeit und Isolation führt, das viele kaum noch aushalten können“, sagte Müller weiter. Die Verwaltung bietet nun als Ergebnis des Gespräches mit dem Runden Tisch an, eine Anlaufstelle oder eine Hotline „für einen begrenzten Zeitraum“ einzurichten. Dazu wäre es allerdings notwendig, sämtliche Informationen von Bildungsträgern und Beratungseinrichtungen oder über finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten zu sammeln, damit die Ansprechpartner „umfassende Auskünfte“ geben kann, heißt es in der Verwaltungsvorlage. Beengte Wohnverhältnisse und fehlende technische Mittel: Bildungsträger hätten ihre Angebote teilweise auf Homeschooling umgestellt oder würden Präsenzzeiten durch diese Unterrichtsform ergänzen, berichtete die Verwaltung am Donnerstag. Im Gespräch mit dem Runden Tisch sei berichtet worden, dass die Materialien dafür zwar angepasst werden konnten, aber die Ausstattung der Haushalte der Teilnehmenden oftmals Probleme bereite. Beengte Wohnverhältnisse und fehlende technische Mittel, wie Drucker, erschwerten die erfolgreiche Teilnahme an solchen Maßnahmen. Teilweise sei erhebliche Motivations- und Unterstützungsarbeit zu leisten, um bestimmte Zielgruppen unter den erschwerten Bedingungen in den Maßnahmen zu halten. Aber gerade für diese Zielgruppe sei eine Verbesserung der Lebens- und Bildungssituation durch die Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme ein wichtiger Gesichtspunkt. Lesen Sie auch Göttinger Gleichstellungsbeauftragte: Für Alleinerziehende sind die Schließungen von Kitas und Schulen „existenzbedrohend“ Niedersachsen nutzt Melderegister bei Einladung zur Corona-Impfung nicht Landkreis Göttingen: Fachkräfte in Corona-Impfzentren gesucht Corona in Hameln: Ermittlungen nach Kindergeburtstag mit 30 Gästen Für die Stadtverwaltung sei es nun vorstellbar, aus noch verbliebenen Mitteln des Corona-Hilfsfonds der Stadt Göttingen in Einzelfällen die fehlende technische Ausstattung zu finanzieren. So stünden für den Bereich Soziales noch rund 52 000 Euro zur Verfügung. Stadt Göttingen begleicht Rechnungen: Dazu sei folgendes Verfahren denkbar: Sollte den Anbietern von beispielsweise Fort- oder Weiterbildungsmaßnahmen bekannt werden, dass einzelne Teilnehmerinnen die Maßnahmen nicht in Anspruch nehmen können, weil sie nur digital durchgeführt werden könnten und dies an der technischen Ausstattung scheitere, könnten sie den Teilnehmerinnen anbieten, ein Laptop und gegebenenfalls einen Drucker zu kaufen und ihn leihweise zu überlassen. Die Rechnung könnte dann vom Anbieter bei der Stadt Göttingen eingereicht und von dieser beglichen werden. Die Verwaltung betonte am Donnerstag, dass Schülern für das Homeschooling bei fehlender eigener Ausstattung die notwendige Hard- und Software vom Fachbereich Schule zur Verfügung gestellt werde. Dieses Verfahren sei den Teilnehmern des Runden Tisches mitgeteilt worden. Eine Antwort, ob ein solches Verfahren vorstellbar sei, stehe aber noch aus, heißt es vonseiten der Verwaltung. Die Ausschussmitglieder nahmen die Ausführungen zur Kenntnis und gaben der Verwaltung mit auf den Weg, über die weiteren Einwicklungen informiert zu werden. Die im Dezember einberufene Gesprächsrunde geht zurück auf den SPD-Ratsantrag „Corona verändert Lebenssituationen – Familien und Alleinerziehende stabilisieren und unterstützen“, den der Rat im September einstimmig beschlossen hatte. Zu dem Runden Tisch gehören unter anderem Beratungseinrichtungen wie die Evangelische Familienbildungsstätte und Bildungsträger wie die VHS Göttingen-Osterode. Von Michael Brakemeier