Lockdown: Göttinger Einzelhandel geht mit Volldampf in den Stillstand

Zwei Tage alles geben, bevor der zweite Lockdown in der Corona-Pandemie das wertvolle Weihnachtsgeschäft zunichte macht: Das scheint die Taktik zu sein, mit der der Einzelhandel in Göttingen auf die Ankündigung der Einschränkungen ab Mittwoch reagiert. In der Zeit danach sollen unter anderem Lieferangebote dabei helfen, das Geschäftsjahr zu retten – und die Geschäfte an sich. Ein Beispiel dafür, wie sehr der bevorstehende Lockdown Einkäufer in die Geschäfte getrieben hat, war der vorübergehende Einlassstop in der „Kaufland“-Filiale in der Kurzen-Geismar-Straße in der Göttinger Innenstadt um die Mittagszeit. Entsprechend der seit Anfang November geltenden Regelungen im Teil-Lockdown wurde der Einlass durch Sicherheitspersonal vorübergehend unterbrochen, und es mussten erst einige Einkäufer das Geschäft verlassen, bevor andere wieder einkaufen durften. „Das ist ein harter Schlag. Das können wir nicht auffangen“, sagt Susanne Heller, Vorsitzende des Vereins Göttingen Pro City. Das wichtige Weihnachtsgeschäft habe sich in den vergangenen Jahren immer mehr an die Festtage herangeschoben, also genau an die Zeit, in der die Geschäfte jetzt geschlossen haben müssten. Auch die anschließende Zeit – grob das Zeitfenster der Schulferien – sei immer wichtiger geworden, weil Kunden Gutscheine einlösten oder Geldgeschenke im Handel umsetzten. „Das geht alles verloren“, sagt Heller. Lesen Sie auch Lockdown: Baumarkt, Friseur, Blumenladen - was hat geöffnet, wer muss schließen? 7-Tage-Inzidenzwert für Landkreis Göttingen steigt auf 76,4 an Schule und Corona: Niedersachsens Schüler fordern Klarheit über Unterricht im Januar Göttingen: Zahlreiche Menschen in der Innenstadt unterwegs Göttingen: Inzidenzwert steigt weiter und liegt jetzt bei 81,9 Positiv sei, dass der Handel mit Engagement reagiere. Am Montagvormittag hat Heller, die selbst Inhaberin zweier Bettengeschäfte ist, online entsprechende Ideen wahrgenommen. „Viele Geschäfte wollen ihren Kunden weiter den Offline-Einkauf ermöglichen. Sie erweitern die Öffnungszeiten am Montag und Dienstag und wollen nach telefonischer oder auch visueller Beratung über die entsprechenden kommunikativen Wege ausliefern. Ob und in welchem Ausmaß sich der zweite Lockdown negativ auf die Angebotsvielfalt in der Göttinger Innenstadt auswirke, sei aus ihrer Sicht nicht abzusehen, sagt Heller. Ein ähnliches Bild wie Susanne Heller zeichnet Jürgen Brunke, Centermanager im „Kauf Park“. Auch er spricht von einem Schlag und von viel Engagement seitens der Betreiber der Geschäfte. Schon morgens um 7 Uhr habe er die ersten Anrufe bekommen, wenig später sei klar gewesen, dass fünf oder sechs Geschäfte im „Kauf Park“ mindestens bis 21 Uhr aufhaben werden. Brunke berichtet gleichermaßen von großer Zustimmung zu den Maßnahmen der Politik und von großer wirtschaftlicher Sorge: „Alle, wirklich alle tragen die Entscheidungen mit. Aber die wirtschaftlichen Auswirkungen werden als extrem eingeschätzt.“ Die „Kauf Park“-Händler setzten jetzt auf zwei möglichst umsatzstarke Tage, Rabattaktionen und darauf, in den verbleibenden Tagen unter anderem durch Stornierungen von Warenbestellungen Kosten zu senken. „Alle kämpfen im Sinne der Kunden“, sagt Brunke. „Kauf Park“ ist voll, aber nicht „übervoll“: Dass die Situation vor dem Lockdown aus dem Ruder läuft, sieht der Centermanager nicht. Der „Kauf Park“ sei voll, aber nicht „übervoll“. Der Kundenstrom und das Kundenverhalten werde schon auf dem Parkplatz mit Hinweisen auf die Maskenpflicht, mit Sicherheitspersonal und durch das vor einem Jahr installierte Zählsystem gesteuert. Während also drei Sicherheitsmitarbeiter die Maskenpflicht kontrollierten und bei Schlangenbildungen darauf achteten, dass Abstände eingehalten werden, zählt ein System die Gesamtkundenzahl im Center und würde Brunke per Mail alarmieren, sobald diese Zahl 80 Prozent der maximal erlaubten Kunden im „Kauf Park“ erreicht. Brunke könnte sich so rechtzeitig einen Überblick über die Lage verschaffen und gegebenenfalls Eingänge zum Center schließen. Mit Beginn des zweiten Lockdowns, so Brunke weiter, würden die Händler im „Kauf Park“ stärker auf Lieferungen setzen. Es lohne sich, bei einem Besuch auf die entsprechenden Plakate zu achten oder online nach den Möglichkeiten zu suchen. Ein Sprecher der Real-Handelskette wollte sich mit dem Verweis darauf, dass es noch keine niedersächsische Landesverordnung gebe, nicht zum Thema äußern. Von Steffen Kahl