Macht Eure Kühlhäuser leer Göttinger Gastronomen suchen Hilfe in Corona-Zeiten

Seit fünf Wochen stehen Peter Goldmann vom Havana und Vincenzo Luigi Luggeri vom „Little Italy“ für den guten Zweck am Herd und an den Töpfen. In der Corona-Krise kochen sie und eine Handvoll Mitstreiter für Bedürftige. Bevor die Lebensmittel wegen mangelnder Absätze in ihren derzeit geschlossenen Restaurants verderben, so der Gedanke hinter der Aktion „Macht Eure Kühlhäuser leer!“, sollen sie in Corona-Zeiten anderen zugutekommen – und das unentgeltlich. Mehr als 3000 Portionen haben die Göttinger Köche für die Aktion in den vergangenen Wochen gekocht. „Pro Tag zwischen 100 und 150“, sagt Goldmann. Größter Abnehmer ist die gemeinnützige GmbH „Neue Wege Neue Chancen“, die sich in verschiedenen Projekten nach eigenen Angaben um Menschen kümmert, „die ihren Alltagsverpflichtungen aus eigener Kraft vorübergehend nicht mehr nachkommen können“. Sie seien, so erklärt Firmengründer Christoph Filler, in diesen Krisenzeiten noch isolierter als ohnehin schon. Essen für Die Arche: Inzwischen ist das Kinder- und Jugendprojekt „Die Arche“ in Grone als Abnehmer hinzugekommen, sagt Goldmann. Hier, erklärt Goldmann, würden keine fertigen Mahlzeiten geliefert, sondern Zutaten für Gerichte, um sie mit den Kindern in der Einrichtung zu kochen. Nudelteig und Tomatensoße nennt Goldmann als Beispiel. Das tägliche GT/ET Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Göttingen täglich gegen 17 Uhr im E-Mail-Postfach Auch wenn inzwischen Mitstreiter aus der Anfangsphase wieder abgesprungen sind: Goldmann ist zufrieden mit dem Verlauf der vergangenen Wochen, hätten sich doch auch neue Helfer gefunden, die sich einbringen. Dazu gehörten etwa das Restaurant Boccadoro und die UMG Gastro. Einige, wie das Fruchthaus Schwieger, Naturkost Elkershausen und Fotografin Miriam Merkel, unterstützten die Aktion schon von Anfang an. „In dieser Zeit konnten wir zum Glück einige neue helfende Hände dazu gewinnen.“ Aber: „Nur geht uns langsam die Ware aus, das heißt um die Aktion weiterhin laufen zu lassen benötigen wir Hilfe um für die Arche einmal in der Woche und täglich für neue Wege neue Chancen zu kochen“, sagt Goldmann und ruft Gastronomen auf, sich an der Aktion beteiligen. „Wirtschaftliche Katastrophe“: Goldmann weiß, dass es für viele Gastronomen nicht leicht sei, sich in der aktuellen Situation zu beteiligen. Für die Gastronomie sein die Corona-Krise eine „wirtschaftliche Katastrophe“. Seit fünf Wochen sind ihre Betriebe geschlossen. Nur noch der Außer-Haus-Verkauf ist erlaubt, wenn die Bestellung telefonisch oder elektronisch erfolgt. Die Bestellungen würden den Verlust aber bei Weitem nicht wettmachen. Zahlungen, um bei Lieferando gelistet zu sein, und Paypal-Gebühren, schmälerten den Gewinn, erläutert Goldmann. Wann Gastronomiebetriebe wieder öffnen können, steht noch nicht fest. Woche 3 🥳 vielen Dank an alle die uns unterstützen ☺️#supportyourlocals #havanagoettingen Gepostet von Havana Göttingen am Samstag, 11. April 2020 Um etwas Geld in die Kasse zu bringen, hat das Havana seit dem Wochenende einen speziellen Cocktail im Angebot – zum Bestellen und Mitnehmen. Der Erlös aus dem Verkauf soll der Aktion „Macht Eure Kühlhäuser leer!“ zugutekommen. Den Beginn hat ein Cocktail gemacht, den Helge Koch von DT Bistro kreiert hat. Weitere Barkeeper sollen im wöchentlichen Turnus folgen. Lesen Sie auch: Kampagne #restartgastro: Wirte fordern einen zügigen und “achtsamen” Neustart Unterstützung durch Warengutscheine: Damit Goldmann, Luggeri und die anderen weiterkochen können, können Bürger die Aktion über Warengutscheine unterstützen. Diese sind bei Fruchthaus Schwieger, Burgstraße 39, und bei Meridiano, Rudolf-Winkel-Straße 16, erhältlich. Interessierte Helfer können sich zudem telefonisch mit Goldmann unter 0177 / 2000071 in Verbindung setzen. Auch Filler bietet an, Kontakt zu vermitteln und Spenden entgegenzunehmen. „Neue Wege Neue Chancen“ ist telefonisch unter 0551 / 70 20 10 25 und per Mail an info@nwnc.de zu erreichen. Goldmann Ziel ist es, die Aktion auch nach Ende der Corona-Krise „das ganze Jahr weiterlaufen zu lassen“. Die Mitarbeiterinnen der gemeinnützige gGmbH „Neue Wege Neue Chancen“ haben begonnen, „ehrenamtlich Mundschutzmasken für unsere Mitarbeiterinnen und Klientinnen anzufertigen und auszuliefern“, sagt Finn Titze. „Nachdem nun alle uns anvertrauten Personen mit selbst genähten Mundschutzmasken versorgt wurden, möchten wir unsere aktuellen Kapazitäten nutzen, um auch anderen hilfsbedürftigen Menschen Masken zukommen zu lassen“, erklärt er. Aktuell könnten so etwa 100 Masken pro Woche angefertigt werden. In den vergangenen Wochen habe es bereits viele Stoffspenden gegeben. „Um weiterhin möglichst viele Menschen mit Masken versorgen zu können sind wir aber auch weiterhin auf Materialspenden angewiesen“, sagt Titze. Baumwollstoffe, kochfeste Gummibänder und Baumwollgarn würden benötigt. „Auch helfende Hände sind immer willkommen.“ Da besonders Sammelunterkünfte für Flüchtlinge von einer erhöhten Ansteckungsgefahr betroffen seien, sollen die Masken nun verstärkt an geflüchtete Menschen verteilt werden. Firmengründer Christoph Filler ergänzt, dass in Zusammenarbeit mit der Stadt Göttingen auch 200 Masken an die Göttinger Tafel geliefert worden seien. Wer helfen möchte, kann sich per E-Mail an info@nwnc.de und telefonisch an 0176 / 58278974 wenden. Neue Wege Neue Chancen kümmert sich nach eigenen Angaben „um Menschen in besonderen Lebenslagen“. Die meisten der Klientinnen litten an psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Trauma Erfahrung oder Antriebsproblemen und stünden oft am Rand der Gesellschaft. Sie erreichen den Autor unter: E-Mail: m.brakemeier@goettinger-tageblatt.de Twitter: @soulmib Von Michael Brakemeier

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