Modellprojekt in Herberhausen: Impfung vor Ort

„Wir wollen das Impfen zu den Menschen bringen“, sagt Göttingens Sozialdezernentin Petra Broistedt (SPD) am Sonnabend vor dem Bürgerhaus in Herberhausen. Drinnen werden im Fünf-Minutentakt 68 über 80-jährige Einwohner des Göttinger Ortsteils geimpft. Mit dem Modellprojekt, das hier in Herberhausen startet, will die Stadtverwaltung Göttingen die Impfung gegen das Corona-Virus beschleunigen. „Ich war schon verzweifelt“, erzählt die 83-jährige Elvira Gunkel von ihren Versuchen, einen Impftermin zu bekommen. Kein Durchkommen, versichert sie. Und als dann am vergangenen Wochenende Volker Grothey und Andrea Franke vom TSV Herberhausen durch den Ort gingen und auch ihr sagten, sie könne an diesem 27. Februar ganz einfach im Bürgerhaus in Herberhausen geimpft werden, sei das „das Schönste gewesen, was passieren konnte“, sagt die 83-Jährige, die gerade ihre 15 Minuten Ruhepause nach dem heißersehnten Piks macht. Ob sie etwas von der Impfung merkt? Man merke, dass da was ist. Der Arm sei rund um die Einstichstelle ein bisschen gespannt. Aber das sei egal, sie sei einfach nur glücklich, dass sie geimpft ist. Gut organisiert sei das alles hier, lobt sie noch. Dank an die ehrenamtlichen Helfer: Zunächst in Herberhausen und am kommenden Wochenende in Hetjershausen gibt es die Impfmöglichkeit vor Ort. Zum Einsatz kommen dabei die mobilen Impfteams des Impfzentrums Siekhöhe, die bislang ausschließlich Bewohner und das Personal in Altenpflegeeinrichtungen geimpft hatten. Doch ohne die Unterstützung der ehrenamtlichen Helfer vor Ort wäre diese Aktion nicht möglich, so Broistedt. Sie dankt ausdrücklich Grothey und Franke und ihren rund 20 Helfern vom TSV Herberhausen. Viele glücklich gemacht: Grothey und Franke sind am vergangenen Wochenende mit der Liste der über 80-Jährigen von Haus zu Haus gegangen. 118 Einwohner in diesem Alter gibt es in Herberhausen, einige hatten schon Termine fürs Impfzentrum, manche auch schon die erste Impfung. Alle hätten sich unglaublich über das Angebot gefreut, so Grothey. „Ich habe noch nie an einem Tag so viele so glücklich gemacht“, sagt er lächelnd. Dreimal haben die Vereinsmitglieder in der Woche getagt, um alles zu organisieren. Ankunft, Anmeldung, ein Raum für das Arztgespräch, der Impfraum, ein Ruheraum, alles ist da wie vorgeschrieben. 68 Menschen werden hier heute geimpft. Das sei im Bürgerhaus „toll organisiert“, betont auch Stephan Siebold von der Johanniter-Unfall-Hilfe, die das Impfzentrum der Stadt auf der Siekhöhe betreibt. Das Impfen hier vor Ort sei schon ein Mehraufwand, aber der positive Effekt sei spürbar. Für die Menschen im Ort bedeutet das Angebot unter anderem kurze Wege und eine vertraute Umgebung. „Ich fühle mich hier im Bürgerhaus sehr heimisch“, bestätigt der 80-jährige Manfred Werner. Schließlich findet hier normalerweise ein Teil des Dorflebens statt. Lesen Sie auch: Corona-Impfungen in Göttingen: Termine künftig nur für Menschen auf der Warteliste Impfzentrum Siekhöhe in Göttingen: Erste Corona-Impfungen verabreicht Göttinger Corona-Frage: Wann kann ich mich nach einer Corona-Infektion impfen lassen? Die Impfung übernehmen Mitarbeiter vom Deutschen Roten Kreuz. „Sind sie Rechtshänderin?“, fragt Ricarda Jung eine alte Dame. „Dann können wir ja den linken Arm nehmen, lassen sie den mal bisschen herunterhängen.“ Ein kurzer Piks, dann ist es vorbei. Im Ruheraum gibt es eine Rose von der Pastorin Eva Jain. „Mit diesem Impfangebot direkt vor Ort leisten wir als Stadt einen konkreten Beitrag dazu, dass die Menschen schnell und unkompliziert eine Impfung gegen Corona erhalten“, hatte Christian Schmetz, Erster Stadtrat der Stadt Göttingen, im Vorfeld der Aktion gesagt. Schmetz, zuständig für die Impforganisation in Göttingen, war am Sonnabend aus privaten Gründen verhindert. Klar sei, dass so ein Angebot nicht für das gesamte Stadtgebiet entwickelt werden könne, so Schmetz. Es müsse daher geschaut werden, wie das Angebot genutzt werde und was mit Blick auf die Kapazitäten geleistet werden kann. „Wir werten das in Ruhe aus“, ergänzt Broistedt vor Ort. Von Christiane Böhm