So funktioniert das neue System: Nach der Eingabe der Warenpreise durch Kassierer erscheint der Gesamtbeitrag auf dem kleinen Bildschirm des Terminals. Darunter erscheint eine noch viel kleinere Fläche, auf der der Kunde mit einem elektronischen Stift unterschreiben muss.
Das ist schwierig, weil die Unterschriftfläche an allen Seiten mit Plastikplatten abgedeckt ist, um seitliche Einblicke anderer zu erschweren. Das aber macht wiederum gar nichts: Der Kunde kann auf die Unterschriftsfläche krakeln, was er will: Immer quittiert das Gerät die Einnahme mit dem Text „Transaktion erfolgreich – Bitte Karte entnehmen“, wie Tageblatt-Tests ergeben haben und auch Kassierer bestätigen.
Eine Sicherheitsabfrage und Kontrollmöglichkeit wie früher durch eine PIN-Nummer oder durch eine Unterschrift aus Papier, die das Kassierpersonal dann mit der Unterschrift auf der Rückseite der EC-Karte vergleicht, gibt es nicht mehr. Die Folge: Jeder, der eine verlorene EC-Karte findet, kann damit fröhlich, unkontrolliert und anonym einkaufen gehen, der Karteninhaber bezahlt.
„Jede Zeichnung möglich“
Die neue Terminal-Technik kommt in Göttingen beispielsweise in den Real-Märkten und im Globus-Baumarkt zum Einsatz. Es sei „richtig, dass auf dem digitalen Unterschriftsfeld jede Zeichnung möglich ist“, räumt Real-Sprecherin Sarah Lange ein. Allerdings stehe es dem Personal frei, wie bei der Papier-Variante im Zuge des Zahlungsvorgangs die Unterschrift abzugleichen. Lange: „Ein systemtechnisch gestützter Abgleich findet bei beiden eingesetzten Varianten nicht statt.“
Mit der Umstellung der Kartenzahlung auf kontaktlose Methoden könne eine Kartenzahlung per PIN-Eingabe, per Unterschrift und auch völlig ohne Legitimation im sogenannten „Tap&Go“-Verfahren erfolgen. Die Nachfrage nach den neuen Möglichkeiten nehme stetig zu, erklärt Lange.
Stichproben
Daher habe Real auch den Prüfvorgang an die neuen Gewohnheiten angepasst. Lange: „Das Kassenpersonal ist angehalten, nur noch stichprobenweise Prüfungen vorzunehmen.“ Gemäß den Regelungen der kartenausgebenden Banken würden die Verbraucherrechte dadurch nicht beeinträchtigt.
Bei Verlust, Diebstahl und betrügerischem Einsatz seines Zahlungsmittels stehe dem Kunden die Erstattung des Betrags über sein Institut zu. Das Verfahren sei schneller, es müsse kein Papier aufbewahrt werden und die digitale Version werde als gesichertes Kryptogramm archiviert. Kundenbeschwerden habe es bislang nicht gegeben.
Bei Globus sei diese diese Technik schon seit mehr als fünf Jahren im Einsatz, erklärt Unternehmenssprecher Jörg Lehmann. Auch hier habe es nie Probleme oder Beschwerden gegeben. Lehmann: „Die Kassiererinnen führen immer auch eine Sichtkontrolle durch.“
Keine Kontrollen
Das allerdings ist zweifelhaft: Bei Tests mit Malereien auf dem Unterschriftenfeld durch das Tageblatt gab es nie eine derartige Kontrolle.
Ohnehin hat beim betrügerischen Einsatz einer EC-Karte bei den neuen Terminals nicht der Kartenbesitzer, sondern der Einkaufsmarkt das Nachsehen, erläutert Jutta Heuer von der Göttinger Verbraucherzentrale: „Das Problem liegt beim Händler.“ Bei dem hier verwendeten Lastschriftverfahren könne der Karteninhaber das betrügerisch abgebuchte Geld zurückbuchen lassen.
Voraussetzung dafür allerdings: Der Karteninhaber muss den Verlust auch bemerkt und sein Konto überprüft haben, um die Fehlbuchungen. Und: Er muss die Karte sofort sperren lassen.
Von Matthias Heinzel