Schloss Berlepsch: Die schönste Burg der Region

Es wurde zum schönsten Schloss Hessens gewählt, steht aber nur wenige Meter südlich der niedersächsischen Grenze: Schloss Berlepsch. Sittich von Berlepsch (75) ist in der 19. Generation Schlossherr und Besitzer der Burg, die über dem Werratal thront. Sein Sohn Fabian (44) leitet seit zehn Jahren den gastronomischen Betrieb. Und auch Generation 21 tummelt sich bereits auf dem Schloss, das 1396 erbaut wurde. Eine 650 Jahre alte Geschichte, die fortgeführt wird. Ein Sommertag auf dem Schloss: Familien bummeln über den Burghof, genießen ein Eis, absolvieren den „Berlepscher Rätselparcours”, schießen mit Laser auf Äpfel und genießen die mittelalterliche Atmosphäre des Schlosses. Das markante Gebäude ist ein touristischer Anziehungspunkt für große und kleine Gäste. Aber: Corona hat auch Fabian von Berlepschs Betrieb hart getroffen. Monatelang sind Veranstaltungen wie Hochzeiten und Firmenfeiern, aber auch die beliebten Mittelalterfeste und Ritterspiele auf Schloss Berlepsch ausgefallen. Und damit die wichtigsten Einnahmequellen für Fabian von Berlepschs Betrieb. Aber langsam geht es wieder los: Alexander Brettschneider hat bereits im vergangenen Jahr die Hochzeit mit seiner Frau Anna geplant und eine Traumhochzeit auf Schloss Berlepsch gebucht. Dann kam Corona. „Ich habe gepokert und darauf gesetzt, dass es klappt”, sagt der Bräutigam. Ende des Monats ist es so weit. Im Schlosshof haben die Mitarbeiter des Schlossbetriebes bereits die Zelte für die Feier aufgebaut, Platz für 90 Gäste entsteht. Fabian von Berlepsch: „Eine Frage der Ehre“: Ein 650 Jahre altes Schloss mit Leben - und Besuchern – zu füllen, keine leichte Aufgabe, die sich Fabian von Berlepsch ausgesucht hat. „Das ist eine Frage der Ehre”, sagt der 44-Jährige. Seit 19 Generationen lebt seine Familie an diesem besonderen Ort. Diese Tradition fortzusetzen sei eine Herausforderung und „ich möchte meinen Beitrag dazu leisten”, sagt er im Park vor den jahrhundertealten Mauern. In diesem Park, der einen atemberaubenden Blick über die Landschaft Südniedersachsens und Nordhessens bietet, blühen unter anderem Rosen und Lavendel. Die zweite Frau des Schlossherren Sittich, Elvira, kümmert sich darum. „Hier bauen wir noch einen Bogen für das Hochzeitspaar auf”, erklärt Fabian von Berlepsch. Eine Kulisse wie aus einem Märchenfilm. „Den Park hat Emilie von Berlepsch vor etwa 200 Jahren nach englischem Vorbild angelegt”, sagt Fabian von Berlepsch. Emilie sei auch eine Freundin Goethes gewesen. Wie die Burg zum Schloss wurde: Schloss Berlepsch, so erklärt es Fabian von Berlepsch, wurde ursprünglich als Burg bezeichnet. „Im Zuge der Historisierung in Deutschland hat Kaiser Wilhelm Ende des 19. Jahrhunderts noch einmal versucht, die Aristokratie in Deutschland zu stärken”, sagt er. Diesen Anstoß habe auch seine Familie aufgenommen und damit den romantischen Grundstein gelegt, aus dem dann im 20. Jahrhundert aus dem Namen Burg Berlepsch Schloss Berlepsch wurde. Das Mittelalter wurde verherrlicht und man versuchte Werte und Tugenden dieser Zeit im Baustil zu verkörpern – so entstand auch die romantische Schlosskapelle im Park in dem Neugotischen Stil. Die rote Backsteinkapelle der Familie wird heute auch für Trauungen genutzt. Natürlich hat auch Fabian von Berlepsch seiner Frau Daniela dort das Jawort gegeben. In der Kapelle erinnert eine kleine Tafel an der Kanzel an Hans Sittich von Berlepsch, der 1943 auf tragische Weise bei der Rückkehr aus Russland bei einem Eisenbahnunglück ums Leben kam. Lesen Sie auch: Adelsfamilien in Südniedersachsen: Alle Folgen der Serie. Fabian von Berlepsch erzählt vom Schloss und der langen Geschichte derer von Berlepsch. „Ich empfinde Stolz und Dankbarkeit in solch eine Geschichte hinein geboren zu sein”, sagt er in der Kapelle. Im vergangenen Jahr konnten die von Berlepschs auf eine 650 Jahre lange Geschichte an diesem Ort zurückblicken. Die Mitglieder der Familie waren schon im 12. Jahrhundert in der Region ansässig. Die Linie des Schlosserbauers Arnold von Berlepsch lässt sich bis ins 13. Jahrhundert zurückverfolgen. „Der erste Stammort war aber Barlissen”, so Fabian von Berlepsch. Gabriel von Berlepsch: Schauspieler am Deutschen Theater: Fabian von Berlepsch hat drei Kinder und drei Brüder. Lucius ist Hotelmanager und -Berater in Berlin, Thimon, als Hypnotiseur und Autor mit seinem neuesten Buch auf Bestsellerlisten vertreten. Gabriel lebt mit seiner Frau Rebecca und zwei Kindern in Göttingen. Er ist vielen Göttingern bekannt – als Schauspieler im Ensemble des Deutschen Theaters und in TV-Rollen. Er ist nicht der erste von Berlepsch, der als Schauspieler bekannt geworden ist. Schon sein Vorfahr Tilo Freiherr von Berlepsch war auf der Bühne und der Kinoleinwand zu sehen. Fabian tritt in die Fußstapfen seines Großvaters, der bereits ein Schlosshotel auf Berlepsch betrieb. Heute sind es zwei der vielen Zimmer im Schloss, die für Gäste bereit stehen. Das Schloss steht auf mittelalterlichen Mauern, immer wieder wurde es erneuert und erweitert. Im Gewölbekeller, der noch aus der Entstehungszeit stammt, treffen heute Jahrhunderte lange Geschichte und Moderne aufeinander – wenn dort beispielsweise Elektro-Partys oder Halloween-Feste gefeiert werden. Schloss Berlepsch zählt zu den eindrucksvollsten Sehenswürdigkeiten in der Region Göttingen. Es mit Leben zu füllen, die Tradition zu bewahren und das Anwesen dennoch zeitgemäß zu nutzen, ist das Anliegen von Fabian von Berlepsch. Keine leichte Aufgabe. 650 Jahre Geschichte: Von Barlissen zum Schloss Berlepsch: Erbaut im 14. Jahrhundert erlebte Schloss Berlepsch eine ebenso wechselvolle Geschichte wie die gleichnamige Familie. Die Burg wurde mehrfach zerstört, auf- und umgebaut – zuletzt im Stile der Neugotik. Nach der Zerstörung der Familien-Stammburg Barlissen im 14. Jahrhundert ließ Arnold von Berlepsch zwischen 1368 und 1369 die Burg am heutigen Platz erbauen. Im Jahr 1400 wurde die Burg von hessischen Truppen zerstört und wieder aufgebaut. 1461 wurde der Ritter Sittich von Berlepsch - der erste, der diesen Namen trug - mit der Burg belehnt. Im Dreißigjährigen Krieg, so erzählt es Fabian von Berlepsch, wurde das Schloss sowohl von Wallensteins als auch von Tillys Truppen geplündert und verwüstet. Kriegerische Jahre folgten, Burg und Güter lagen seit dem 17. Jahrhundert am Boden. Von 1881 bis 1894 gaben Graf Karl Friedrich von Berlepsch und ab 1893 sein Sohn Hans dem Schloss durch umfassende Umbauten und Veränderungen seine heutige Gestalt - im Stil der Neugotik. „Die Kapelle und Teile des Schlossen wurden vom Architekten Gustav Schönermark geplant”, so Fabian von Berlepsch. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Schloss zu einem Hotel mit Restaurant umgewandelt, das Hans-Sittich Graf von Berlepsch, der sich selber nur Sittich nennt, 1980 wieder schloss. Er richtete dort zunächst ein Zentrum für Bhagwan-Anhänger ein, das ein Jahr später nach Gut Hübenthal verlegt wurde. Seit 2011 bietet Fabian von Berlepsch wieder Gastronomie, Führungen und regelmäßige Veranstaltungen auf dem Schloss an. Der Schlossherr,Hans-Sittich Graf von Berlepsch, ist gelernter Landwirt, Kunsthändler und Restaurator. Der Sittich ist nicht nur Vorname der Schlossherren, sondern auch das Wappentier derer von Berlepsch. Einer Legende nach soll Kaiser Barbarossa einen Ritter von Berlepsch mit gezähmten Vögeln angetroffen und ihn deswegen gerügt haben. Berlepsch soll erwidert haben, dass er diese Vögel von seinem Zug in das Heilige Land mitgebracht habe, worauf ihm der Kaiser angeboten habe, diese Vögel im Wappen zu führen. Auch der heutige Schlossherr hält zwei handzahme Wellensittiche. Schloss Berlepsch und die zugehörigen historischen Gebäude werden bis heute hauptsächlich aus den Einnahmen von Land- und Forstwirtschaft sowie Vermietungen unterhalten – für die Graf Sittich verantwortlich zeichnet. Den touristischen Betrieb des Schlosses hat er an seinen Sohn Fabian verpachtet. Der sportliche Schlossherr, dem sein Alter kaum anzumerken ist, hat sich nach eigenen Angaben schon sehr früh für Spiritualität interessiert. Mit seiner ersten Frau, Manetta, der Mutter Fabians, Gabriels, Lucius’ und Thimons, brach er in den 80er-Jahren nach Indien auf. Erfahrungen, die er später in die Gründung des „Parimal“ einbrachte, des Zentrums für Spiritualität auf Gut Hübenthal am Fuße des Berlepsch. Seine zweite Frau lernte er auf den Philippinen kennen, wo er sich für Naturschutz-Projekte engagiert Lesen Sie auch Ritterlicher Wettkampf auf Schloss Berlepsch bei Göttingen Von Britta Bielefeld