Sechs Wochen Wartezeit bei Zulassungsstelle: „Da ist doch was faul“

Während der Corona-Pandemie ein Auto an- oder abmelden? Zumindest im Stadtgebiet Göttingen ist das derzeit mit erheblichen Wartezeiten verbunden. So berichtet der Göttinger Helmut Gerhardt von Schwierigkeiten, einen Termin zu bekommen. Dabei wollte er doch nur ein Auto abmelden. Am Ende konnte Gerhard diesen an sich simplen Behördenvorgang doch noch zum Abschluss bringen – er musste dafür aber nach Northeim fahren. Er habe nur das Auto für seine Tochter abmelden wollen, berichtet der 68-Jährige von dem Spießrutenlauf, der ihn statt weniger Minuten mehrere Tage kostete. Doch der Reihe nach: Den Entschluss, den Opel Astra nur noch im Winter zu nutzen, habe die Familie gemeinsam gefasst, nachdem er für seine Kinder „nagelneue Elektrofahrräder gekauft“ hatte. Das Fahrzeug aus dem Baujahr 2012 solle im Sommer abgemeldet und im Winter mit Saisonkennzeichen genutzt werden. Soweit der Plan, dessen Umsetzung bei Gerhardt vor allem für eines sorgte: Kopfschütteln und Unverständnis. Besonders dieses Wort fällt im Telefongespräch mit dem Mann gleich mehrfach. Frühester Termin am 12. Juni: Die Stadt Göttingen war für Gerhardt die erste Anlaufstelle. „Ich habe versucht, da einen Termin zu bekommen“, erzählt er. Da dort derzeit verkürzte Geschäftszeiten herrschen und eine Terminvergabe nur online möglich ist, wählte sich der Göttinger ein und starrte verdutzt auf den nächsten freien Platz: „Frühestens am 12. Juni hätte ich dort mein Auto abmelden können. Hinfahren darf man ja nicht.“ Nachdem er seine Verblüffung überwunden hatte, rief er bei der Zulassungsstelle an. „Dort ging niemand ran“, sagt er. Über die Zentralnummer wurde er an die Beschwerdestelle der Stadt weitergeleitet. Dort sei ihm erklärt worden, warum so lange Wartezeiten herrschen, aber: „Das habe ich alles nicht verstanden.“ Ihm sei unverständlich, dass die Arbeitskapazitäten im Stadthaus so weit reduziert wurden, dass dort sechs Wochen Wartezeit angesetzt werden. „Da ist doch irgendwas faul.“ Beim Landkreis Northeim findet Gerhardt sein Glück: Die Stadt Göttingen verweist darauf, dass die Öffnungszeiten der Stadtverwaltung aufgrund der Corona-Pandemie zum Schutz der Beschäftigten und Kunden deutlich reduziert sei – doch damit wollte sich Gerhardt nicht einfach abspeisen lassen. Nachdem er seinen Ärger überwunden hatte, versuchte Gerhardt es beim Landkreis Göttingen, schließlich sollte man ein Auto landkreisunabhängig abmelden können. Dort spuckte das Online-Vergabesystem den 19. Mai als Termin aus, „besser als nichts“, befand der Göttinger. Aus Bovenden hatte er zuvor die Aussage bekommen, dass dort nur Bovender ihre Fahrzeuge abmelden dürften. Schlussendlich hatte Gerhardt dann aber doch Glück: beim Landkreis Northeim. „Ich habe dort am Dienstag angerufen, der Mitarbeiter gab mir einen Termin für den Nachmittag.“ Keine drei Stunden später war das Fahrzeug abgemeldet. „Das ging dort vollkommen problemlos.“ Gut auf die aktuelle Situation eingestellt: Vor allem habe ihn beeindruckt, wie gut sich die Zulassungsstelle dort auf die aktuelle Situation eingestellt habe. „Das läuft dort alles kontaktlos. Man wartet einzeln im Vorraum, gibt seine Unterlagen einem Boten, der sie nach der Bearbeitung wiederbringt“, erklärt er das Prozedere. Warum ein solches Verfahren nicht im Bereich der Stadt Göttingen möglich sei, verstehe er nicht, meint Gerhardt. Da ist es wieder, dieses Wort: Unverständnis. Für ihn sei die Sache gut ausgegangen, sagt er, ein Freund von ihm habe nicht so viel Glück gehabt: „Er hat sich ein neues Auto gekauft. Das Autohaus musste aber auch lange warten, bis es den Wagen zulassen konnte. Das kann ich nicht nachvollziehen.“ Autos und Motorräder an- oder abmelden, Führerscheine beantragen, Pässe erneuern: Viele dieser Behördentätigkeiten sind bei der Stadt Göttingen derzeit nur online zu beantragen. Die Öffnungszeiten der Kfz-Zulassungsstelle seien derzeit „deutlich reduziert“ worden, teilt Stadtsprecher Dominik Kimyon mit. Die Verwaltung bitte um Verständnis, wenn es dadurch zu entsprechenden Verzögerungen komme. „Die Servicezeiten der Verwaltung werden wieder ausgedehnt, wenn es die Gesamtlage zulässt“, so Kimyon. Für Helmut Gerhardt sind solche Aussagen „ein Unding“. „Überall, zum Beispiel in Supermärkten, arbeiten die Leute gerade jetzt länger und härter“, meint er. Man könne doch auch in der Stadtverwaltung den Abstand einhalten und die Corona-Regeln beachten. Zudem „dürften doch in der jetzigen Phase eher weniger Autos gekauft werden“, meint er. Die Lösung, die der Landkreis Northeim getroffen habe, sei „ganz einfach“ und funktioniere dort sehr gut. Beim Landkreis Göttingen bestätigt Pressesprecher Ulrich Lottmann, dass am 19. Mai der nächste Termin bei der Zulassungsstelle frei wäre. Er sagt aber auch: „Das entspricht nicht dem Servicegedanken der Kreisverwaltung. Deshalb arbeitet der zuständige Fachbereich daran, künftig wieder eine kurzfristigere Bearbeitung zu ermöglichen. Dazu werden ab Montag die zwischenzeitlichen Einschränkungen schrittweise angepasst. Das Schichtsystem und Home Office-Regelungen für Beschäftigte werden im Sinne von Kundinnen und Kunden zurückgenommen. Es stehen dann wieder alle Beschäftigten zur Verfügung. Die Aufweitung der Servicezeiten wird geprüft. Die Vorlaufzeiten für die Termine werden sich verkürzen. Ziel ist, kurz gesagt, der Normalbetrieb unter Corona-Bedingungen, das heißt der gewohnte Service und zugleich Einhaltung der Kontaktbeschränkungen und Abstandsregeln. Dafür werden derzeit technisch, organisatorisch und personell die Voraussetzungen geschaffen.“ Lesen Sie auch: Kein Zutritt für Mutter und Kind in Göttinger Geschäft Niedersachsens Landespolitiker rufen nach Lockerungen Das tägliche GT/ET Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Göttingen täglich gegen 17 Uhr im E-Mail-Postfach Von Tobias Christ

Ärger über Wartezeiten - Sechs Wochen Wartezeit bei Zulassungsstelle: „Da ist doch was faul“