Sicher ans Ziel: Göttinger Taxiunternehmen baut Trennscheiben ein

Wenn zwei Menschen in einem Wagen sitzen, sind sie weit entfernt von 1,5 Metern Sicherheitsabstand. Die meisten verbliebenen Taxi-Kunden sind dazu Patienten, die zur Dialyse oder Bestrahlungstherapie müssen – und gehören damit zur Risikogruppe. Damit Fahrer und Fahrgäste auf einer Taxifahrt so gut es geht geschützt bleiben, haben sich einige Unternehmen etwas überlegt. Die Maskenpflicht halten beide Parteien ein, damit endet aber die Pflicht. Eine Kür hat der Göttinger Taxi-Service Night & Day am Donnerstagnachmittag vorgeführt. Eine Trennscheibe aus Plexiglas trennt den Fahrer vom Kunden, ein kleiner Teil Richtung Mittelkonsole ist ausgespart – für das Kartenlesegerät, mit dem Kunden kontaktlos zahlen. Mit Kabelbindern haben Fahrer Hans-Dienter Harhoff und die Aya Abdel Aziz, die Trennscheibe an den Kopfstützen befestigt. Ihr Ehemann Amr Abdel Aziz ist der Inhaber des Unternehmens mit den schwarzen Taxen, dessen Firmensitz in Grone liegt. Sie möchte nicht Chefin genannt werden und bezeichnet sich als „rechte Hand des Inhabers“. Zwei Jahre lang führt das Paar das Taxiunternehmen. Die Fahrer treffen im Büro oft auf Aziz, zurzeit sind es aber nur wenige: „Wir haben noch sechs bis sieben Fahrer im Einsatz, eigentlich haben wir 38“, sagt sie bedauernd. Zwei Drittel der Mannschaft sind in Kurzarbeit. 100 Euro pro Scheibe: Ihr geht es um die Gesundheit ihrer Fahrer, „sie sind wie eine Familie für mich“. Selbstverständlich auch um die der Gäste in den sechs ausgerüsteten VW Tourans. Der Kostenpunkt von etwa 100 Euro pro Scheibe sei ihr das wert, obwohl das Geschäft durch Corona hohe Ausfälle in Kauf nehmen muss. „Sonst lassen sich viele ältere Menschen einfach mal auf einen Kaffee in den Kauf Park fahren, das fällt weg“, so Aziz. Ab 15 Uhr sei das Tagesgeschäft vorbei, sonst sei das spätnachts der Fall gewesen. Die anstehende Öffnung der Restaurants lässt Hoffnung aufkeimen: „Vielleicht trauen wir uns, ein paar mehr Fahrer auf die Schicht zu setzen“, sagt Aziz – jetzt mit besonderem Schutz. Durch Duderstadt und die Region fahren bereits seit sechs Wochen Taxen mit Trennscheiben. Wolfgang Lautenbach, Inhaber von Lautenbach Funkmietwagen, war sehr schnell dabei: „Wir sind in den Baumarkt gefahren, haben zwei Millimeter dicke Plexiglasplatten gekauft und sie in der eigenen Werkstatt zugeschnitten“, erzählt er. „Wir fahren jetzt vor allem Patienten und haben alles zum Schutz dabei: Große Desinfektionsmittelflaschen, Handschuhe und Mund-Nasen-Masken für die Fahrer“, fasst er zusammen. Die Scheiben könne man sehr gut mit Desinfektionsmittel reinigen. Das tägliche GT/ET Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Göttingen täglich gegen 17 Uhr im E-Mail-Postfach Nachfrage statt Trennscheibe: Für Taxiunternehmer Jürgen Oppermann steht Kommunikation im Vordergrund: „Wir fragen jeden Kunden, ob er infiziert ist oder Kontakt mit Infizierten hatte“, sagt er. Nur bei zwei Neins darf man einsteigen. Trennscheiben erscheinen ihm als zu aufwendig, weil sie nicht immer praktikabel sind. „Bei drei Fahrgästen sitzt sowieso einer vorne, dann haut die Lösung nicht hin“, erklärt Oppermann. Fünf Fahrer sind im Familienunternehmen beschäftigt – bis auf Krankentransporte fallen keine Fahrten an. „Das bedeutet 90 Prozent Einbußen im Taxibereich“, sagt der Inhaber. Diesem Umsatzeinbruch ist Michael Töpfer entgangen: Seinen Taxidienst hat der Duderstädter zum 1. April vorzeitig geschlossen. „Eigentlich wollten wir bis zum Jahresende machen, aber jetzt haben wir den Ruhestand vorgezogen“, sagt Töpfer. Er habe die Stammkunden noch zu den letzten Krankenhausterminen gefahren und sich dann verabschiedet. „Finanziell sind wir auf der sicheren Seite – und aus dem Gefährdungsbereich heraus“, sagt er erleichtert. Die Vorgaben für die korrekten Maßnahmen für den Corona-Infektionsschutz obliegt dem Land Niedersachsen, nicht einzelnen Städten und Gemeinden. Justina Lethen, Sprecherin des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, teilt mit: „Die Verpflichtung, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, gilt einerseits für Kundinnen und Kunden im Einzelhandel, andererseits für Fahrgäste im ÖPNV und Taxen.“ Da in Taxen der Mindestabstand von 1,5 Metern nicht eingehalten werden kann, sei ein Mundschutz unerlässlich: „Fahrgäste ohne Mundschutz dürfen nicht befördert werden.“ Weitere Auflagen für die Fahrgäste oder die Taxiunternehmer gebe es vonseiten des Landes nicht, so Lethen. Sie erreichen die Autorin per E-Mail an l.lang@goettinger-tageblatt.de. Von Lea Lang

Corona - Sicher ans Ziel: Göttinger Taxiunternehmen baut Trennscheiben ein – nicht alle gehen diesen Weg