Silvesterfeuerwerk im Corona-Jahr auch in Göttingen umstritten

Bundesweit überlegen Kommunen, ob sie das Jahresende 2020 lieber ruhig begehen und auf ein Feuerwerk verzichten wollen. Die anhaltend hohen Corona-Infektionszahlen lassen eine Normalisierung noch in diesem Jahr immer unwahrscheinlicher erscheinen. Vor einem Verbot von Böllern und Raketen, wie es beispielsweise in den benachbarten Niederlanden ausgesprochen wurde, schrecken die Behörden jedoch noch zurück. Auch in Südniedersachsen verweist man derzeit lieber auf bereits bestehende Verbote, auf fremde Zuständigkeiten oder hofft auf Entscheidungen einer übergeordneten Instanz. Diese könnte tatsächlich schon am Mittwoch dieser Woche aus der Bund-Länder-Konferenz kommen. Auf Initiative des Berliner Senats wird dort unter anderem der Vorschlag eines generellen Böllerverbots zur Abstimmung stehen. Man wolle die Notfallambulanzen entlasten und Menschenansammlungen verhindern, die sich aus einem feierlich illuminierten Jahresende ergeben könnten, so die Argumente der Feuerwerksgegner. Brauchtum oder Sicherheit: Auf der anderen Seite stehen Menschen, die auf das liebgewonnene Brauchtum am 31. Dezember nicht verzichten wollen. Ihnen hat zuletzt Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) Hoffnung gemacht, indem er sagte, er sehe keine Notwendigkeit für ein grundsätzliches Verbot. Auch im Handel überwiegen traditionell die Stimmen der Feuerwerksbefürworter, spielt doch der Verkauf der Knallkörper eine nicht unerhebliche Rolle im Jahresschlussgeschäft, auf das man nur ungern verzichten würde. Und wie sieht es in Göttingen aus? Ende vergangener Woche hieß es dazu aus dem Neuen Rathaus: „In der Stadt Göttingen wird es wieder – wie in den Jahren zuvor – ein Böllerverbot geben.“ Allerdings beschränkt sich die Anweisung auf die Bereiche innerhalb des Walls einschließlich des Albaniplatzes und der Wallanlagen. Und wie Verwaltungssprecher Dominik Kimyon gegenüber dem Tageblatt betonte: „Mit der aktuellen Pandemie hat das nichts zu tun.“ Entscheidung der Gemeinden: Im Landkreis das gleiche Bild: Der Krisenstab habe sich bislang nicht mit dem Thema befasst, hieß es aus dem Kreishaus. Aus Medienberichten sei bekannt, dass einige Städte ein Feuerwerksverbot als Maßnahme zur Bekämpfung der Corona-Pandemie planen. „Ob Städte und Gemeinden im Landkreis Göttingen Vergleichbares erwägen, ist mir nicht bekannt“, so Ulrich Lottmann, Sprecher der Kreisverwaltung. Lesen Sie auch: Corona in Göttingen und Südniedersachsen: Der Überblick für Montag 23. November Silvester - Kein Feuerwerk mehr innerhalb des Stadtwalls – GT - Göttinger Tageblatt Corona-Impfzentren: Die Vorbereitungen beginnen – auch in Göttingen Corona: Der Inzidenzwert in Göttingen liegt bei 52,1 Rakete im Gesicht, Böller in der Hand: Silvester in der Notaufnahme Gewerkschaft der Polizei Berlin: Feuerwerksverbot kaum umsetzbar Für den Landkreis und seinen Krisenstab stelle sich die Frage erst dann, wenn entweder seitens des Landes über die Aufnahme in die Corona-Landesverordnung eine Regelung vorgegeben werde, oder aber die Gemeinden das Thema in den Krisenstab einbrächten. Die kreisangehörigen Gemeinden seien im Krisenstab vertreten. „Ihre Expertise und Vorschläge sind dort wichtig und werden sehr geschätzt. Deshalb gehe ich von einer Initiative im Krisenstab aus, wenn das Thema für die Gemeinden relevant wird.“ Brandschutz und Virusschutz: Eine dieser Gemeinden ist die Stadt Hann. Münden, die bereits in der Vergangenheit eine strikte Regelung für die Silvesternacht getroffen hat. „Hier ist ein Feuerwerk ohnehin nur noch auf dem Radwerder und dem Tanzwerder möglich“, erklärte Julia Bytom, Sprecherin der Stadtverwaltung gegenüber dem Tageblatt. Aus der Innenstadt seien Raketen und Böller aus Brandschutzgründen vollständig verbannt. Der tragische Großbrand in den vergangenen Tagen habe gezeigt, wie groß das Risiko in einer Fachwerkstadt wie Hann. Münden sei. Ob darüber hinaus ein coronabedingtes Verbot ausgesprochen werde, hänge von der Entwicklung der Fallzahlen ab, die aktuell über dem Landkreisdurchschnitt liegen. Bytom verspricht, dass eine Entscheidung rechtzeitig in Absprache mit dem zuständigen Gesundheitsamt gefällt würde. In Duderstadt wartet man derweil auf die Entscheidung des Rates, der sich voraussichtlich in seiner Dezembersitzung mit dem Thema Feuerwerk befassen wird. Möglicherweise haben Landes- und Bundesregierung den Kommunen diese Entscheidung dann aber schon abgenommen. In zahlreichen Städten ist das Feuerwerk zu Silvester mittlerweile seit Jahren verboten oder zumindest räumlich eingeschränkt. Vielerorts sind Brandgefahr, Feinstaubbelastung und Tierschutz die Argumente, die zu den Beschränkungen geführt haben. In Göttingen, Duderstadt, Osterode, Hann. Münden und Northeim wird das Abbrennen von Pyrotechnik der Kategorie F2 (Silvesterraketen, Böller, Fontänen, Römische Lichter, etc.) im Innenstadtbereich mit Bußgeld sanktioniert und mit entsprechenden Kontrollen überwacht. Doch genau hier sieht die Polizeigewerkschaft das Problem eines generellen und flächendeckenden Verbots. Es sei personell nicht umsetzbar, Menschen vom Kauf und dem Abbrennen der Feuerwerkskörper abzuhalten und Verstöße zu ahnden. Von Markus Scharf