Stadtverwaltung Göttingen räumt ein: Wintereinbruch wurde „unterschätzt“

Der Wintereinbruch in Göttingen hat auf Göttingens Straßen zu massiven Behinderungen geführt, viele Straßen wurden binnen einer Woche kaum geräumt, der Busverkehr kam tagelang zum Erliegen. Das hat zu heftiger Kritik der Bürger geführt. Die Göttinger Stadtverwaltung räumt ein, dass der Winterdienst den Anforderung nicht standhalten konnte. Warum hat der Winterdienst nicht so funktioniert, wie man es vorher öffentlich versprochen hatte? Der extreme Wintereinbruch ab dem ersten Februarwochenende hat alle Göttinger vor große Herausforderungen gestellt, teilt die Stadtverwaltung auf Tageblatt-Nachfrage mit. Ein derartiges Wetterereignis sei selten und trete nur alle 20 bis 50 Jahre ein. „Die Ausmaße und erforderlichen Maßnahmen sind vor diesem Hintergrund bedauerlicherweise unterschätzt worden“, räumt Verwaltungssprecherin Cordula Dankert ein. „Infolgedessen haben die Kapazitäten des üblichen Winterdienstes – Personal und Geräte – trotz interner Aufstockung nicht ausgereicht“. Alle Winterdienstfahrzeuge und alle Handkolonnen seien im Einsatz gewesen und hätten „im Rahmen der Möglichkeiten“ gearbeitet. Wurden rechtzeitig private Unternehmen eingebunden? „Firmen, die sich mit dem Winterdienst befassen, waren überwiegend mit ihren eigenen Aufträgen ausgelastet“, teilt die Verwaltung mit. Erfreulicherweise habe man Unterstützung von einem Landwirt aus Roringen erhalten. Drei weitere Firmen seinen für den 12., 13. und 15. Februar mit der Räumung und dem Abtransport des Schnees beauftragt worden. Wie viel Prozent der Straßen wurden innerhalb der Winter-Woche nicht geräumt? „Alle Straßen wurden in der sechsten Kalenderwoche mindestens einmal geräumt und gestreut“, so die Verwaltung. Nachdem die Straßen der ersten Priorität geräumt wurden, konnte ab Dienstagabend in der sechsten Kalenderwoche in den Straßen der zweiten Priorität die Arbeit aufgenommen werden. Am Freitag der Woche dann seien die nachgeordneten Straßen der dritten Priorität an die Reihe gewesen. Lesen Sie auch Schneechaos in Göttingen: Räumdienste sind rund um die Uhr im Einsatz Göttingen: Tageblatt-Leser äußern sich zu nicht geräumten Straßen Wintereinbruch in Göttingen: Schule fällt aus, Müllabfuhr beginnt wieder Oberbürgermeister Rolf-Georg Köhler (SPD) hat angekündigt, die Mehrkosten für den Winterdienst umzulegen. Wie hoch sind diese Kosten? Die Kosten konnten laut Stadtverwaltung bisher noch nicht abschließend ermittelt werden. Sie werden sich erst in der Gebührenkalkulation für 2023 auswirken, da die Nachkalkulation für 2021 im Jahr 2022 erfolgt. Warum wurde in den Straßen der letzten Kategorie, in denen kein Schnee geräumt wurde, dann am Mittwoch Salz gestreut? „In der sechsten Kalenderwoche wurden alle Straßen geräumt und gestreut“, heißt es weiter. In der darauffolgenden Woche seien die Straßen aufgrund des Tauwetters erneut gestreut worden, um die Eisflächen schneller aufzutauen. „Ein Räumen war vielerorts nicht möglich, da die zu räumenden Eisschollen möglicherweise Schäden an parkenden Fahrzeugen verursacht hätten“, so Dankert. Wie viele Tonnen Schnee wurden geräumt? Wie viele Mitarbeiter und Fahrzeuge standen dafür zur Verfügung? Am Wochenende 13./14. Februar wurden aut Verwaltung 1350 Kubikmeter Schnee durch Fahrzeuge der GEB abgefahren und auf dem Schützenplatz abgelagert. Darüber hinaus sind von weiteren Kräften in Nikolausberg etwa 600 Kubikmeter – oder 60 Lastwagen-Ladungen – in Herberhausen 500, von den Zietenterrassen 600, aus Geismar Süd 600, aus der Oststadt 500 und der Innenstadt 200 Kubikmeter geräumt worden. Seitens der GEB waren 46 Mitarbeiter im Einsatz. Am Wochenende 13./14. Februar haben etwa 70 weitere Helfer Winterdiensteinsätze übernommen: Ortswehren, Mitarbeiter des Baubetriebshofes und Forstes und auch Landwirte arbeiteten gemeinsam mit Besen, Schaufeln, Traktoren und schweren Maschinen gegen die Schneemassen an. Was machen Sie beim nächsten Wintereinbruch anders? Wichtig sei, „aus den Erfahrungen zu lernen und Vorkehrungen zu treffen, um bei einem weiteren Extremwetterereignis besser vorbereitet zu sein“, so Dankert. Dazu sollen Rückmeldungen gebündet werden, um „entsprechende Schlüsse zu ziehen“. Welche Rückmeldungen gab es aus der Bevölkerung? Wie bewertet die Stadt selbst die Leistung des Winterdienstes? „Die Rückmeldungen aus der Bevölkerung sind unterschiedlich“, heißt es. Einerseits kritisieren Bürgerinnen und Bürger, die Räumung sei zu langsam, unachtsam oder schlecht durchgeführt worden. Andererseits gebe es auch Lob für die unermüdliche Einsatzbereitschaft der Mitarbeitenden. „Fakt ist: Der übliche Winterdienst hat – trotz aller Anstrengungen der eingesetzten Kollegen – den zusätzlichen Anforderungen durch diese Extremwetterlage nicht standhalten können“, räumt die Stadtverwaltung ein. Von Britta Bielefeld