Stimme der Jugend soll in den Städten des Landkreises Göttingen gehört werden

Sollen in allen Städten des Landkreises Jugendparlamente eingeführt werden? Dies fordert zumindest der Kreisverband Göttingen der Jungen Union (JU). „Die Einführung eines solchen Parlaments ist gerade in Zeiten des demografischen Wandels von besonderer Bedeutung, um Jugendliche in die politische Arbeit einzubinden und sie somit auch zu motivieren, ihren Heimatort nicht zu verlassen“, betont Louis Schacht, Kreisvorsitzender der JU. Aus seiner Sicht wollen sich zahlreiche Jugendliche politisch engagieren. Wichtig sei aus seiner Sicht, dass die Mitglieder des Jugendparlaments dann auch in den Gremien ein Mitspracherecht bekommen. „Jugendparlamente sind eine gute Möglichkeit, um Jugendliche an die Politik heranzuführen“, sagt Schacht. Denn durch die Arbeit im Jugendparlament würden sie beispielsweise sehen, dass sie selbst etwas bewirken können. Auch der Vorsitzende der Jungen Liberalen im Landkreis, Jan Risting, ist der Meinung, dass Jugendparlamente einen wertvollen Beitrag leisten können, um Jugendliche stärker in die Politik einzubinden. „In Jugendparlamenten können die Jugendlichen lernen, ihre Ideen in politische Prozesse einzubringen und gleichzeitig widerstreitende Interessen gegeneinander abzuwägen. Vor allem auf kommunaler Ebene bietet sich dabei die Chance, dass die Jugendlichen ihre Ideen nicht nur diskutieren, sondern auch in die Tat umsetzen können“, sagt Risting. Engagement von allen notwendig: Für Larissa Freudenberger, Vorsitzende der Jusos, ist es wichtig, dass sich in einem solchen Parlament alle Jugendlichen engagieren, unabhängig von ihrer Schulform. „Ein Jugendparlament nur mit Gymnasiasten und Gymnasiastinnen halten wir für falsch und verfehlt“, sagt sie. Damit es gelinge, Jugendliche über das Parlament für Politik zu begeistern, sollten sie zudem nicht nur für Schüler offen sein, sondern auch junge Menschen berücksichtigen, die bereits eine Ausbildung absolvieren. „Außerdem bedarf es eigener Rechte und Geld, mit denen das Parlament ausgestattet ist, ansonsten ist das ein zahnloser Tiger, bei denen Jugendliche Politik ’spielen’ dürfen, aber nicht wirklich etwas umsetzen können“, so Freudenberger. Aus Sicht von Nele Wolf, Sprecherin der Grünen Jugend Göttingen, bekommen Jugendliche in Jugendparlamenten die Möglichkeit, direkte Änderungen in ihrem Alltag durch Einfluss in der Schulpolitik zu erwirken und sich selbst eine Stimme im politischen Diskurs zu geben. „Gleichzeitig sammeln sie politische Erfahrungen im Rahmen parlamentarischer Politik. Dafür ist es enorm wichtig, dass das Jugendparlament nicht dem Selbstzweck dient. Nur wenn die Stimme der Jugend Gehör findet, kann eine politische Arbeit auf Augenhöhe stattfinden“, stellt Wolf dar. Planspiele als eine Alternative: Eine weitere Möglichkeit, Jugendliche an Politik heranzuführen, ist nach Angaben Freudenbergers, sie bei Projekten, die sie betreffen, mit einzubeziehen. Für Risting sind auch Planspiele eine Variante, mit der Jugendliche für Politik begeistert werden können. Ein Planspiel gibt es bereits auf Landkreisebene, wie Sigrid Jacobi (CDU), Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses, berichtet. „Unser Ziel ist es, Jugendlichen Lust auf Politik zu machen“, sagt sie. Während für Städte Jugendparlamente zu begrüßen seien, habe man sich auf Kreisebene für das Planspiel entschieden, weil ein Jugendparlament aus logistischen Gründen schwer umzusetzen sei. Dies bestätigt auch Dirk Aue, jugendpolitischer Sprecher der SPD-Kreistagsfraktion. Jugendparlamente könnten dazu beitragen, dass Jugendliche lernen, welche Wege bei Entscheidungen gegangen werden müssen. „Unsere Fraktion steht Jugendparlamenten grundsätzlich sehr positiv gegenüber. Allerdings ist die Kreisebene dafür wesentlich schlechter geeignet, als die Gemeinde- und die Stadtebene“, teilt Maria Gerl-Plein für die Grünen mit. Damit Jugendparlamente an die „große“ Politik herankommen, sollte den Parlamentariern auch Geld zur Verfügung gestellt werden, mit dem sie eigene Projekte gestalten können. In Göttingen sind die Überlegungen zu einem Jugendparlament schon weiter. Die Kandidatensuche ist abgeschlossen und eigentlich sollten auch die Wahlen an den Schulen bereits vollendet sein. Doch das Coronavirus und die damit verbundenen Schulschließungen stoppten diese kurz vor dem eigentlichen Ende. Zuvor hatten sich 44 Kandidaten um einen der insgesamt 31 Plätze beworben. In einem Speed-Dating hatten sich die Kandidaten den Wählern im Februar im Neuen Rathaus vorgestellt. Gewählt werden können Jugendliche im Alter von 13 bis 17 Jahren, die in der Stadt Göttingen wohnen und/oder eine weiterführende Schule oder andere Bildungseinrichtung besuchen oder in der Stadt eine Ausbildung absolvieren. Wann das Gremium jetzt gewählt wird und erstmals zusammen tritt, ist noch nicht bekannt. Fest steht aber, dass die Mitglieder, wie im Dezember 2018 vom Rat der Stadt beschlossen, ein Budget von 10.000 Euro zur Verfügung haben werden. Situation in den Städten: Die Beteiligungsformen für Jugendliche in den Städten des Landkreises sind unterschiedlich. In Osterode, wo die CDU-Fraktion jetzt einen Antrag für ein Jugendparlament gestellt hat, gibt es bislang nach Angaben von Bürgermeister Jens Augat (SPD) keine Möglichkeit für Jugendliche, sich zu beteiligen. Er selbst habe bereits kurz nach seinem Amtsantritt Formen der Jugendbeteiligung prüfen lassen, doch dies benötige Zeit. Ein Jugendparlament biete zwar eine starke Verbindlichkeit, doch würden auch Jugendliche von der Mitarbeit ausgeschlossen, wenn sie bei der Wahl nicht genügend Stimmen erhalten. „Es soll möglichst allen interessierten jungen Menschen eine Möglichkeit zur Beteiligung und Mitwirkung bieten. Kinder und Jugendliche können so demokratische Prozesse erlernen und zugleich neue Perspektiven in die Rats- und Verwaltungsarbeit einfließen lassen“, sagt Augat. Für Hann. Münden nennt Bürgermeister Harald Wegener (Bürgerforum) beispielsweise offene Diskussionsveranstaltungen mit Jugendlichen und Politikern sowie Angebote des Stadtjugendrings und des Kinder-und Jugendbüros als Beteiligungsformen. „Die Beteiligung von jungen Menschen ist immer ein Thema in der Stadt“, sagt Wegener. Doch habe es in der Vergangenheit bereits mehrfach Hinweise darauf gegeben, dass das Interesse bei den Jugendlichen nicht besonders groß sei. Im Bereich der Stadt Duderstadt gibt es nach Angaben des Bürgermeisters Thorsten Feike (FDP) in jedem der zwölf Ortsteile ehrenamtlich tätige Ortsjugendpfleger, welche sich in die politische Arbeit vor Ort mit einbringen könnten. Die Einführung eines Jugendparlaments sei bereits mehrfach in den städtischen Gremien diskutiert worden. „Die Versuche von Ortsräten zur Einbindung von Jugendlichen verliefen in der Vergangenheit mangels fehlender Reaktion nicht allzu erfolgreich“, sagt Feike. Aus seiner Sicht sei eine themenorientierte Beteiligung eine sinnvolle Form, Jugendliche in Entscheidungen miteinzubinden. Lesen Sie auch: Corona legt Jugendparlament Göttingen auf Eis Wahl zum Göttinger Jugendparlament begann im März Ratsentscheidung 2018: Göttingen bekommt ein Jugendparlament Jugendliche sollen in Duderstadt an Politik beteiligt werden Sie erreichen die Autorin per E-Mail an v.woelk@goettinger-tageblatt.de Von Vera Wölk

Stimme der Jugend - Mehr Jugendparlamente im Kreis Göttingen gefordert