Tiere und Pflanzen des Jahres 2021: Diese sind in und rund um Göttingen zu finden

Insekt, Pflanze und Reptil: Die meisten Spezies des Jahres stehen fest. Einige der Tiere und Pflanzen, auf die Naturschützer im Jahr 2021 die Aufmerksamkeit der Deutschen lenken wollen, leben auch in der Region Göttingen. Wildbiene des Jahres: Die Mai-Langhornbiene: „Die Mai-Langhornbiene, Eucera nigrescens, ist eine hervorragende Wahl für die Wildbiene des Jahres”, sagt Fionn Pape vom Arbeitskreis Wildbienen in Göttingen. „Insbesondere die Männchen sind mit ihren fast körperlangen Fühlern, die sie bei Paarungsritualen intensiv zum Streicheln der Fühler des Weibchens einsetzen, sehr charismatische Bienen”, sagt der Biologe. Link zum Video: Die Biene könne in Südniedersachsen im Mai und Juni an der Zaunwicke und anderen Schmetterlingsblütlern beobachtet werden – die Pollenquellen dieser hochspezialisierten Art. Wegen dieser Spezialisierung, so Pape, sei die Art in Niedersachsen gefährdet. Denn: Zaunwicken und andere Nahrungspflanzen der Langhornbienen seien durch die Nutzungsintensivierung im Grünland deutlich zurückgegangen. „Ohne Nahrungspflanzen keine Langhornbienen”, sagt der Fachmann. In der Region Göttingen könne die Mai-Langhornbiene und ihre noch seltenere Verwandte, die Juni-Langhornbiene, noch an einigen Orten beobachtet werden – beispielsweise im Alten und im Neuen Botanischen Garten. Der Arbeitskreis Wildbienen der Biologischen Schutzgemeinschaft (BSG) wird 2021 Exkursionen anbieten, bei denen die Art beobachtet werden kann. Der Arbeitskreis sammelt im Rahmen des von der Bingo-Umweltstiftung unterstützten Projekts „Förderung von Hotspots der Wild-Vielfalt in Südniedersachsen“ Langhornbienen-Nachweise in der Region Göttingen. Diese können mit Foto und Fundort an ak-wildbienen@biologische-schutzgemeinschaft.de gemeldet werden. Reptil des Jahres: Die Zauneidechse: Die flinken, kleinen Eidechsen können mit etwas Glück ebenfalls in der Region gesichtet werden. Die Zauneidechse (Lacerta agilis) ist 2021 – wie schon 2020 – Reptil des Jahres. Sie ist in Niedersachsen gefährdet und kommt vorwiegend auf trockenwarmen, offenen Standorten vor. Dazu zählen im Raum Göttingen Kalkmagerrasen. „Aber auch Bodenabbaugebiete wie Steinbrüche und Tongruben sind wichtige Lebensräume“, so Pape. Diese Orte seien oftmals durch Verbuschung gefährdet. „Die Zauneidechse als Kind der Sonne stirbt dann lokal aus“, erklärt der Biologe. Auch im städtischen Bereich ist sie zu finden, insbesondere auf Brachen. Derzeit wird im Göttinger Leinepark Lebensraum für die Zauneidechse und andere wärmeliebende Arten wie Wildbienen geschaffen. Die Biologische Schutzgemeinschaft sammelt Nachweise der Zauneidechse in der Region Göttingen, diese können mit Foto und Fundort an mail@biologische-schutzgemeinschaft gemeldet werden. Vogel des Jahres: Der Vogel des Jahres wird noch gesucht. Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) hat in diesem Jahr ein Online-Voting zum Thema gestartet. Die Vorwahlphase der ersten öffentlichen Wahl ist bereits beendet. Die Stadttaube hat es auf den ersten Platz in der Vorwahl geschafft, danach folgen Rotkehlchen, Amsel, Feldlerche, Goldregenpfeifer, Blaumeise, Eisvogel, Haussperling, Kiebitz und Rauchschwalbe. Das Rebhuhn, für das sich Göttinger Naturschützer stark gemacht hatten, verfehlte die Top Ten knapp. Unter den nominierten zehn befinden sich fünf ungefährdete Vogelarten, vier gefährdete Arten und eine Art, die in der Vorwarnkategorie der Roten Liste gefährdeter Arten steht. „Besorgniserregend ist vor allem die Situation von Kiebitz und Feldlerche, die wie viele andere Vogelarten der Agrarlandschaft unter der Intensivierung der Landwirtschaft mit Monokulturen, hohem Pestizideinsatz und kaum Restflächen für die Natur leiden. In Deutschland ist bei den Feldvögeln seit 1980 eine Bestandsabnahme von 34 Prozent zu verzeichnen“, so der Nabu. Der Vogel des Jahres wurde in Deutschland erstmals im Jahr 1971 gekürt. Zum 50. Jubiläum der Aktion können nun alle Menschen in Deutschland die Wahl selbst in die Hand nehmen. Die Top Ten werden ab dem 18. Januar unter www.vogeldesjahres.de um den Titel Vogel des Jahres 2021 antreten. Lesen Sie auch Der Fischotter ist zurück im Landkreis Göttingen Mitstimmen: Göttinger wollen Rebhuhn als Vogel des Jahres 2021 Käfer des Jahres: Giftiges Insekt lebt im Landkreis Göttingen Insekt des Jahres: Die dänische Eintagsfliege: Die dänische Eintagsfliege (Ephemera danica) sei eine der erfolgreichsten Arten der Erdgeschichte, was das Überleben angeht, so Biologe Fionn Pape. Denn ihre Vorfahren besiedeln bereits seit über 300 Millionen Jahren die Erde, wie fossile Funde beweisen. „Anders als ihr Name sagt, leben die Individuen der Art auch nicht nur einen Tag, sie verbringen die meiste Zeit ihres Lebens mit über zwei Jahren lediglich als Larve“, erklärt der Biologe. Die erwachsenen Tiere allerdings widmen sich allein der Fortpflanzung und sterben nach zwei bis vier Tagen. Die Eintagsfliege gilt aktuell – anders als viele ihrer nächsten Verwandten – noch nicht als gefährdet und kommt in der Region noch an vielen Stellen vor, etwa in der renaturierten Leineaue mitten in Göttingen. „Die in der Vereinbarung des niedersächsischen Weges beschlossene Schaffung von Gewässerrandstreifen kommt diesen Arten entgegen“, so Pape. Vom Boden des Jahres bis zum Einzeller der Jahres: Die Liste der Nomminierten ist lang. Unterschiedliche Verbände – wie der Naturschutzbund Nabu – und Fachgesllschaften, wie beispielsweise die Arachnologische Gesellschaft, küren jährliche die Arten. Seit 1971, und damit zum 50. Mal, wird in diesem Jahr der Vogel des Jahres vom Nabu gekürt. Seitdem wird die Liste immer länger. Ziel des Natur des Jahres ist es, auf die besondere Gefährdung der Tiere, Pflanzen und ihrer Lebensräume aufmerksam zu machen. Mehr als 30 Vertreter sind es in diesem jahr, darunter auch der Lössboden, der Schlafmohn und die Kreisförmige Schwielenflechte. Schmetterling des Jahres: Brauner Bär: Der Schmetterling des Jahres 2021 ist ein Nachtfalter. Dabei gilt er als Schönheit – insbesondere wenn er seine Giftigkeit signalisiert. Die prächtig orange gefärbten Hinterflügel sollen Fressfeinde vor den giftigen Inhaltsstoffen des Tieres warnen. Der Braune Bär gilt in Niedersachsen noch als ungefährdet, ist in den letzten Jahren aber deutlich zurückgegangen und steht in Deutschland bereits auf der Vorwarnliste. „Wie bei vielen Arten sind die Gefährdungsursachen vielfältig, der Braune Bär leidet aber ganz besonders auch an der Lichtverschmutzung“, so Biologe Pape. Die sich normalerweise am Mond orientierenden nachtaktiven Falter werden von Leuchtquellen angezogen und kreisen dort bis zur Erschöpfung. Auch die Zerstörung naturnaher Habitate wie Gebüsche und Hecken sei ein Grund für den Rückgang des Braunen Bären. In Göttingen kommt die Art noch recht verbreitet vor, ist aber nur schwer zu entdecken. Anders verhält es sich mit den charakteristischen, sehr stark behaarten bärenähnlichen Raupen, die unter anderem an Brennnesseln gefunden werden können. Tier des Jahres: Der Fischotter: Die von der deutschen Stiftung Wildtier zum Tier des Jahres gekrönte Spezies galt seit den 60er Jahren in Südniedersachsen als ausgestorben. Jetzt sind die Tiere zurück. Der Fischotter wurden von Biologen in einigen Bereichen des Landkreises Göttingen wieder beobachtet, so Bertram Preuschhof vom Fachbereich Umwelt, Arten- und Biotopschutz der Landkreisverwaltung Göttingen. Gründe für das Verschwinden des Otters waren außer der direkten Verfolgung durch den Menschen die PCB-Belastung in Fischen sowie die Begradigung von Bächen und Flüssen. „Der Otter galt als Schädling, da er überwiegend von Fischen lebt“, so Preuschhof. Der Fischotter ist vermutlich von Norden her über die Leine zurück nach Südniedersachsen gekommen. „Wie bei allen Säugetieren unternehmen vor allem die Männchen teilweise weite Wanderungen, um freie Reviere zu finden, wenn im angestammten Gebiet alles besetzt ist“, sagt der Experte. Seit der Fischotter in den 1960er-Jahren im niedersächsischen Jagdrecht mit einer ganzjährigen Schonzeit versehen wurde und die Art seit 1992 zusätzlich durch die FFH-Richtlinie geschützt ist, breitet er sich wieder aus. Pilz des Jahres: Grünling: Der Grünling (Tricholoma equestre) hat eine Karriere vom Leckerbissen zum Giftpilz hinter sich: „In alten Pilzbüchern wird er noch als essbar bezeichnet, mittlerweile wird aufgrund einiger schwerer Vergiftungen aber dringend von einem Verzehr abgeraten“, erklärt Fionn Pape von der Biologischen Schutzgemeinschaft (BSG) Göttingen. Die Pilzart kommt insbesondere in Kiefernwäldern auf nährstoffarmen Sandböden vor und ist in Niedersachsen deutlich zurückgegangen. „Er kann als Schirmart für viele Mykorrhiza-Pilze gelten, die Symbiosen mit Bäumen eingehen, und verschwinden, wenn ihre Wuchsorte Nährstoffeinträgen ausgesetzt sind“, sagt der Biologe. Der Grünling ist in der Region Göttingen mangels geeigneter Standorte nur extrem selten zu finden. Pflanze des Jahres: Großer Wiesenknopf: Der Große Wiesenknopf (Sanguisorba officinalis) ist eine Charakterart für relativ feuchtes, mageres Grünland. Aufgrund von Nutzungsintensivierung und Düngung seiner Wuchsorte hat er stark abgenommen und steht in Niedersachsen mittlerweile auf der Roten Liste in der Kategorie 3 (gefährdet). In Göttingen kommt er noch im westlichen Teil des Landkreises vor, so etwa in den Bachtälern im Kaufunger Wald und an der Fulda. Eine extrem wichtige Bedeutung hat er als Nahrungspflanze für den Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Maculinea nausithous). Die Raupe des Schmetterlings frisst ausschließlich am Großen Wiesenknopf, bevor sie sich fallen und in die Nester bestimmter Ameisenarten eintragen lässt, wo sie sich von der Ameisenbrut ernährt und fertig entwickelt. Der Falter ist nach europäischem Recht geschützt, weshalb auch in Göttingen in den Vorkommensgebieten des Großen Wiesenknopfs FFH-Gebiete ausgewiesen wurden. „Wiesenknopf und Bläuling sind ein hervorragendes Beispiel, wie eng der Zusammenhang zwischen Rückgang der Pflanzenvielfalt und dem Insektensterben ist“, so Fionn Pape. Der Landschaftspflegeverband Göttingen kümmert sich um die Erhaltung, indem er Landwirte berät, um eine extensive landwirtschaftliche Nutzung sicherzustellen. Spinne des Jahres: Der Zweihöcker-Spinnenfresser: Die Art - eine von rund 680 in Niedersachsen nachgewiesenen Spinnenarten – ist in Niedersachsen verbreitet und gilt aktuell nicht als gefährdet. In Göttingen kommt sie ebenfalls vor. Sie lebt unter anderem an Waldrändern und anderen Lebensräumen. Bemerkenswert ist die Lebensweise: „Der Zweihöcker-Spinnenfresser ernährt sich ausschließlich von anderen Spinnen. Er baut kein eigenes Netz, sondern besucht am Abend und in der Nacht aktiv Netze von beispielsweise Kugelspinnen, wo er durch geschicktes Zupfen ein ins Netz gegangenes Beutetier vortäuscht“, erklärt Biologe Pape. Die dadurch angelockte Netzinhaberin wird ausgesaugt. Höhlentier des Jahres: Der Höhlen-Raubkäfer: Die Art Quedius mesomelinus kommt in Niedersachsen recht verbreitet vor, in der Region Südniedersachsen ist sie beispielsweise im Märchenwald bei Einbeck nachgewiesen worden. Sie lebt in Höhlen, Bergwerkstollen und alten Kellern, aber auch oberirdisch in der Streu von Wäldern. Höhlen-Raubkäfer werden bis 11 Millimeter lang und leben räuberisch von verschiedenen wirbellosen Arten. Ihre Nahrung erbeuten sie regelmäßig in sich zersetzendem organischen Material wie Totholz oder Dung. Dort jagen sie beispielsweise nach Insektenlarven, kleinen Fluginsekten und Springschwänzen. Von Britta Bielefeld