Tierheime kämpfen wegen Corona mit Finanzproblemen

Die Corona-Pandemie wirkt sich nicht nur auf Menschen aus, sondern hat auch dramatische Folgen für Vierbeiner. Denn die Tiere in den Tierheimen der Region müssen weiterhin versorgt werden, obwohl die Einrichtungen geschlossen sind. Das Tageblatt hat sich in den Tierpflegehäusern umgehört. In Göttingen sieht es „finanziell schlecht aus“: Das Tierheim Göttingen ist derzeit komplett geschlossen. „Wir machen gar keine Vermittlungen mehr“, sagt Leiterin Sabine Kober. Fundtiere werden dort aber weiterhin aufgenommen. Zur Versorgung der Tiere wurde das Personal in Gruppen eingeteilt. Derzeit befinden sich 60 Katzen und sechs Hunde in Kobers Obhut. „Finanziell sieht es schlecht aus“, betont sie. Futter habe man noch genug, doch die Tiere müssten auch medizinisch versorgt werden – und die Tierarztbesuche kosteten nun einmal Geld. Einnahmen sind in Duderstadt „komplett weg“: Auch im Tierheim in Duderstadt drohen die Finanzen zum Problem zu werden. Dort seien mit Oster- und Frühlingsmarkt wichtige Einnahmequellen weggebrochen, erläutert Leiterin Beate Horn. Pensionshunde gäbe es dort ebenfalls nicht mehr: „Derzeit bringt keiner sein Tier zu uns.“ Die Einnahmen seien „komplett weg“, sagt Horn. Durchhalten sei die Devise, denn „wir können ja nicht einfach zu machen“. Man müsse erstmal sehen, wann das öffentliche Leben „wieder in geregelten Bahnen verläuft“. Die Tierheime in der Region freuen sich über jede Futter- oder Geldspende. In Duderstadt hat sich Tierheimleiterin Beate Horn mit ihren Mitarbeiterinnen eine besondere Aktion ausgedacht: Sie nähen Atemmasken und geben diese gegen Spenden ab. Die zweilagigen Baumwolltücher finden reißenden Absatz, berichtet Horn. Während sie daheim an der Nähmaschine sitzt, übernehmen ihre Mitarbeiterinnen ihre Schichten im Tierheim. 500 Stück hat sie bereits genäht, mehr als 300 davon sind schon „an den Mann gebracht“. Sie sei „überwältigt von der Spendenbereitschaft“ der Leute, sagt sie. Im Tierheim Northeim wurde das Futter kurzzeitig knapp – dort half ein Spendenaufruf über das Internet. 300 Kilogramm Futter, Kleintierstreu, Stroh und Heu gingen binnen kürzester Zeit ein, allein 100 Kilo Hunde- und Katzenfutter spendete die Göttinger Tafel. „Unsere Tiere freuen sich sehr darüber“, schreibt das Tierheim auf seiner Internetseite. Alltag in Northeim „sehr, sehr ruhig“: „Der Alltag ist zurzeit sehr, sehr ruhig“, berichtet Tierpfleger Domenik Geese aus dem Tierheim Northeim. Dort werden weiterhin Haustiere vermittelt, der Prozess habe sich aber komplett verändert. So würden die Tiere mittlerweile auf dem Parkplatz an ihre neuen Besitzer übergeben, Interessenten dürfen nur nach telefonischer Absprache das Gebäude betreten. „Wir versuchen, wenig in geschlossenen Räumen zu machen.“ Gearbeitet werde ausschließlich nach Termin. Auch das Gassigehen wurde umgekrempelt: So dürfen nur noch bekannte Ehrenamtliche mit den Tieren spazieren gehen. „Wir merken, dass derzeit weniger Interesse an Tieren besteht“, sagt Geese. Die Menschen würden sich eher um sich selbst kümmern, „was völlig verständlich ist“. In den Wochen seit der Schließung wurden 15 Tiere vermittelt – „das ist ein guter Schnitt“, freut er sich. Im Vorraum des Tierheims wurde zudem eine kontaktlose Spendenbox aufgestellt, außerdem würden alle Lichtschalter und Türklinken nach Benutzung desinfiziert. In Osterode gibt es „keinen Plan B“: Für Besucher geschlossen ist auch das Tierheim in Osterode. „Das merken wir schon, denn oft wurde uns etwas mitgebracht“, berichtet Leiterin Joan Remy. Die Futterspenden seien merklich zurückgegangen, dafür habe sie aber Verständnis: „Viele sind in Kurzarbeit und müssen erst einmal sehen, wie sie selbst zurechtkommen.“ Die Tiervermittlung erfolge nur noch unter strengen Auflagen und Kontrollen. Wer Interesse an einem Tier hat, müsse ein Online-Formular ausfüllen. Entscheidet sich Remy, rauszufahren und sich das potenzielle neue Zuhause des Tiers anzusehen, dürfe dort nur ein Familienmitglied anwesend sein. Die Tierheimleiterin trägt dabei Mundschutz und Handschuhe. Verläuft der Besuch positiv, vereinbart sie einen Termin beim Tierarzt. Auch die Zahlungsweise hat sich geändert: „Es läuft nichts mehr mit Bargeld.“ Es werde viel telefoniert, bei Fundtieren werde die Identität per Videostream überprüft. Insgesamt sei es ein „großer Aufwand, aber machbar“, sagt Remy. Ein besonderes Lob hat sie für ihre Mitarbeiter übrig: „Ich habe ein tolles Team, das ist nicht zu ersetzen.“ Sie hoffe, dass alle gesund bleiben, denn „es gibt für uns keinen Plan B.“ Lesen Sie auch: Wegen Corona: Tierheim für Besucher geschlossen Tierschutzbund über Corona: Tierheime sind bald überlastet – und es mangelt an Spenden Das tägliche GT/ET Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Göttingen täglich gegen 17 Uhr im E-Mail-Postfach Von Tobias Christ

Auf Spenden angewiesen - Tierheime kämpfen wegen Corona mit Finanzproblemen