Trend in Göttingen: Fitnessstudios warten ab, Vereine gehen in die Offensive

Sport in einer Gruppe ist nur möglich, wenn die Gruppe gleichzeitig auch eine Familie ist. Ein Gerichtsurteil (sie Infokasten) könnte Einzelpersonen jetzt wieder den Zugang zu den Fitnessstudios ermöglichen, allerdings haben die Betreiber in Göttinger Studios bislang eher zurückhaltend reagiert. In vielen Göttinger Fitnessstudios lief am Mittwoch wegen des Lockdowns nur eine Bandansage. Im „FIZ“, dem Fitness- und Gesundheitszentrum des Hochschulsports der Universität Göttingen wartet man hingegen bereits auf definitive Rechtssicherheit. „Sobald wir sicher sind, dass das Urteil Bestand hat, können wir auch loslegen“, sagt Stefan Meyer vom FIZ. Da bereits im vergangenen Jahr ein Hygienekonzept erarbeitet wurde, sei man „innerhalb von zwei Minuten startklar“, sagt Meyer. Schon damals konnten Nutzer auf einer Onlineplattform so genannte „Slots“ buchen, also Zeiten, in denen sie trainieren dürfen. Damit wird verhindert, dass zu viele Menschen zeitgleich auf der Trainingsfläche schwitzen. Die Göttinger Sport- und Freizeit GmbH (GöSF) plant derzeit noch keine Änderungen. Die Angebote wie Fitness@home bleiben bestehen. Wie GoeSF-Chef Andreas Gruber erklärt, seien beispielsweise für die Bäder und Saunen der Eisweise keine individuellen Buchungen machbar. In den Sporthallen hingegen sei Individualsport möglich. ASC-Studios sind dicht, Kursräume werden vermietet: Der ASC 46 Göttingen hat sich vorerst gegen die Öffnung seiner Fitnessstudios entschlossen, hält aber an den seit Mitte Januar bestehenden Angeboten fest. Familien können sich in den Bewegungslandschaften austoben. Außerdem werden Kursräume vermietet, die auch mit einem Personal Trainer nutzbar sind. Für das persönliche Fitnesstraining stellt der Verein unterschiedliches Sportmaterial zur Verfügung – wie Cycling Bikes, Jumping Trampoline, TRX-Bänder und diverse Kleingeräte. Der Raum „Dynamik“ im ASC Sportcentrum kann als Familie (ein Haushalt pro Einheit) für 45 Minuten gebucht werden, Airtrack und Sportlandschaft bieten Gelegenheit zum Austoben. „Alles ist mit dem Gesundheitsamt und den Verantwortlichen der Stadt Göttingen abgesprochen“, sagt Franziska Rien, die beim ASC das Social Media Management betreut. „Alles ist gut besucht und wird sehr gut angenommen – vor allem die Bewegungslandschaften für Kinder.“ Lesen Sie auch Göttingen im Teil-Lockdown: Das sind die Alternativen zum Betriebssport Göttinger nach Quarantäne-Verstoß angeklagt Göttingen: Corona-Lockerungen im Sport als Blaupause für die Kultur Beim Bovender SV beschäftigt sich eine – wie es der Vorsitzende Alexander Schneehain nennt – „Sonderkommission“ ständig mit der Weiterentwicklung der Angebote. „Wir tun alles, um den Zusammenhalt zu stärken.“ Die „BSV-Sportarena“ ist neu im Portfolio des Klubs. Dort haben ausschließlich Vereinsmitglieder die Möglichkeit sich auszutoben. Enge Abstimmung mit Gesundheitsamt: „In enger Abstimmung mit dem Gesundheitsamt“ hat, laut Schneehain, der Verein gestanden, um die Genehmigung zu erhalten. So dürfen in der vereinseigenen Tennis- und Spielhalle beispielsweise keine Leder- und Plastikbälle ausliegen, nur Filzbälle sind erlaubt. Teamsportarten wie Fußball, Handball, Basketball oder Volleyball sind untersagt. Dafür kann Tischtennis, Badminton und Kleinfeldtennis gespielt werden, eine Bewegungslandschaft bietet viele Gelegenheiten zum Austoben, für die Kleinsten gibt es einen Bobbycar-Parcours. Schneehain hat mit seiner Familie – dazu gehören vier Kinder – das neue Angebot am Eröffnungswochenende getestet. „Wir versuchen schon viel mit Wanderungen und anderen Aktionen zu machen, aber die Kinder kennen in der Umgebung inzwischen fast jeden Stein. Das war mal etwas ganz anderes in der Halle – und alle waren begeistert“, berichtet der BSV-Vorsitzende. Binnen einer halben Stunde waren die zur Verfügung stehenden Termine am vergangenen Wochenende ausgebucht. Am Montag und Dienstag während der Zeugnisferien konnte die Sportarena auch genutzt werden. „Das Feedback ist sehr positiv – vor allem von Familien mit kleinen Kindern“, sagt Schneehain. Neues Angebot, neue Mitglieder: Es dürfen nur Mitglieder eines Hausstandes die Halle nutzen, ausnahmslos alle müssen Mitglied im Bovender SV sein. Das wird dokumentiert, falls eine Nachverfolgung notwendig wird. „Diese Vorgaben haben uns auch schon ein paar neue Eintritte gebracht, da wurde dann schnell mal von Einzelmitgliedschaften auf den Familienbeitrag umgestellt“, erzählt der Vereinsboss, der berichtet, dass der BSV vergleichsweise gut im Corona-Jahr 2020 davon gekommen ist: „Wir hatten zwar erstmals seit einer Ewigkeit ein Saldo in der Statistik, aber es waren nur 15 Mitglieder weniger. Das hält sich in Grenzen.“ Wer die BSV-Sportarena nutzen möchte, verpflichtet sich zur strikten Einhaltung des Hygienekonzeptes und der Verhaltensregeln. Die reservierte Zeit für jede Buchung beträgt 90 Minuten, 60 Minuten beträgt der „Slot“ für die aktive Nutzung der Halle. Die Mitarbeiterinnen der Vereins-Geschäftsstelle haben die Kontrollen übernommen. Einzeln darf man ins Fitnessstudio: Privatleute können Räume mieten, soweit sie nur mit Mitgliedern des eigenen Haushalts trainieren, das hat das Verwaltungsgericht Hannover entschieden. Eine Betreiberin eines Fitnessstudios darf demnach ihre Räume an Privatleute vermieten, solange diese einzeln oder mit der Familie trainieren. Der Gerichtsbeschluss ist zu Wochenbeginn gefallen. Er gilt so lange, bis das Land Niedersachsen oder eine regionale Gesundheitsbehörde dagegen vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg Rechtsmittel einlegt. Die Betreiberin hat ein Konzept erarbeitet, mit dem sie ihr Fitnessstudio im Speckgürtel von Hamburg stundenweise an Einzelpersonen und deren Haushaltsmitglieder vermieten will. Mit einem QR-Code könnten die Besucher ihren Zutritt für die gebuchte Zeit freischalten und dann ohne Kontakt zu anderen trainieren. Sie argumentiert, dass Fitnessstudios im herkömmlichen Sinne zwar laut gültiger Corona-Verordnung geschlossen seien (§10, Absatz 1, Satz 1, Nummer 7). Mit diesem Konzept aber sei ihre Trainingsstätte eine „Anlage für den Individualsport (§10, Absatz 1, Satz 1, Nummer 7). Und die dürfen öffnen. Von Britta Bielefeld und Kathrin Lienig