Trotz Ausflugswetters halten sich Göttinger an Corona-Bestimmungen

Die Tage werden schöner und wärmer: Halten sich die Göttinger am sonnendurchfluteten Sonntagnachmittag an die in Coronazeiten geforderte Kontaktsperre? Rainer Dunker vom Ordnungs- und Ermittlungsdienst der Stadt Göttingen und der Auszubildende Kai Haase finden am Kiessee nicht so viele Leute vor, wie erwartet – und die, die da sind, verhalten sich vorbildlich. Weil Kollegen aus Urlaubstagen zurückgekehrt sind, wurde die Anzahl der Teams, die Tag für Tag die Einhaltung der Verordnung überprüfen, noch mal aufgestockt. Mittlerweile gehen um die 20 Duos auf Corona-Streife. „Der Großteil der Leute ist verständig“, sagt Dunker. So auch am Sonntagnachmittag am Kiessee. Bestes Wetter, aber es sind noch viele Parkplätze frei – ein erster Fingerzeig. Mit Dunker und Haase geht es vom Haus am See aus entlang des nördlichen Ufers in Richtung Liegewiese und Spielplatz im östlichen Uferbereich. Was auffällt: Die Göttinger sind fast ausschließlich zu zweit unterwegs – hier und da mal eine Dreiergruppe, die allerdings leicht als Familie zu identifizieren ist. Dunker soll sich als Enkel mit auf die Decke setzen: Dunker spricht in freundlichem Tonfall mehrere Menschen unterschiedlichen Alters an, die es sich auf einer Decke bequem gemacht haben. Ein älterer Mann, der offenbar südländische Wurzeln hat, ergreift das Wort und witzelt: „Ich bin der Opa, das da ist mein Enkel. Setz’ dich zu uns, dann bist du auch mein Enkel.“ Dunker lacht, lehnt aber ab. Der Göttinger Stadtordnungsdienst (SOD) umfasst rund 30 Mitarbeiter. Der SOD ist unterteilt in die Verkehrsüberwachung, den Verkehrsaußendienst und den Ordnungs- und Ermittlungsdienst, der wiederum acht Mitarbeiter zählt. Ihr Aufgabengebiet ist vielfältig: Es werden nach Anzeigen durch Kfz-Versicherungen Fahrzeuge gesucht, die beispielsweise wegen ausstehender Beitragszahlungen stillzulegen sind, Schrottfahrzeuge, die auf öffentlichem Grund abgestellt sind, erhalten einen roten Punkt und damit die ultimative Aufforderung, das Fahrzeug zu entsorgen, oder es werden im Rahmen der Nachlasssicherung Wertsachen in Komission genommen. Momentan dreht sich vieles um die Durchsetzung der städtischen Allgemeinverfügung wegen der Coronavirus-Pandemie. Supermärkte verhielten sich vorbildlich, berichtet Rainer Dunker, auch Döner-Imbisse hielten sich an die Vorgaben: Döner dürfen nur zur Mitnahme zubereitet werden. In dieser Hinsicht überwacht der Ordnungsdienst auch, ob Gaststätten oder Baumärkte die Allgemeinverfügung umsetzen. In diesem Fall sind die familiären Verbindungen leicht zu erkennen, aber der Verweis darauf, dass man zu einer Familie gehört, sei eine beliebte Ausrede, berichtet der Mitarbeiter der Stadt Göttingen. Personalausweise lässt er sich aber nur bei begründetem Verdacht zeigen. Einige Kiessee-Besucher, die das Team vom Ordnungsdienst vom weitem erspähen, bringen zwischen sich und die Begleitung sofort etwas mehr Abstand – ebenfalls eine Verhaltensweise, die das städtische Team kennt. Wann ist ein Picknick ein Picknick? Etwas weiter helfen zwei junge Männer einer jungen Frau dabei, einen Baum zu erklimmen. Dunker tritt hinzu und will wissen, ob da oben Ostereier vermutet werden. Nein, Leon klettert gern, und Lara und Baris haben mitgemacht – die drei betonen umgehend, dass sie zusammenwohnen. Die Fitnessgeräte im Jahnsportpark sind mit Flatterband abgesperrt, da klettert man einfach mal drauflos. Flatterband werde sehr häufig abgerissen und müsse von den Ordnungsdienst-Teams regelmäßig erneuert werden, berichtet Dunker, der wie auch sein Kollege eine Gesichtsmaske trägt. Die meisten Kiesseebesucher sind ohne Maske unterwegs. „Man kriegt halt keine, und es ist selbst für uns schwierig, an Masken und Handschuhe ranzukommen“, sagt Dunker. Auf einer Bank haben es sich im gebotenen Abstand zwei Fußballer gemütlich gemacht – Philipp Käschel, Trainer des Landesligisten I. SC Göttingen 05, und Jan Hoffmann, ehemaliger SVG-Spieler. Zuvor hätten sie auf der anderen Seeseite am Tisch gesessen und einen Burger gegessen, erzählt Käschel. Ein anderes Ordnungsdienst-Team habe sie freundlich darauf aufmerksam gemacht, dass seit Sonnabend Picknicks grundsätzlich untersagt seien. Sie sollen aber in Ruhe zu Ende essen. Was ist ein Picknick? Fragen wie diese tauchen dieser Tage wie aus dem nichts auf. Die Grenzen sind fließend, und Dunker hat eine eindeutige Meinung: „Ich verstehe darunter eine Decke und Leute, die darauf sitzen und was essen.“ Sonntagnachmittag, Sonne, Kiessee – und keine einzige Übertretung, die Dunker und Haase hätte auf den Plan rufen müssen. So kann es weitergehen. Mehr zum Thema: Corona in Göttingen und Südniedersachsen: Der Überblick für Sonntag, 5. April Göttingens Helden in der Corona-Krise: Die Physiotherapeutin Corona-Liveticker: Die aktuellen Entwicklungen in Göttingen und der Region Von Eduard Warda

Rundgang am Kiessee - Trotz Ausflugswetters halten sich Göttinger an Corona-Bestimmungen