Wie bewerten Göttingens OB Köhler und Landrat Reuter Konjunkturpaket?

Wie wird das Konjunkturpaket der Bundesregierung in Stadt und Landkreis Göttingen aufgenommen? Rund 130 Milliarden Euro sollen, so hat es die Große Koalition dargelegt, „Wohlstand sichern, Zukunftsfähigkeit stärken“. Doch wie soll das konkret funktionieren – und was haben die Menschen in Stadt und Landkreis Göttingen davon? Das Tageblatt hat bei Rolf-Georg Köhler, Oberbürgermeister der Stadt Göttingen, und Bernhard Reuter, Landrat des Landkreises Göttingen (beide SPD), nachgefragt. Zu den Maßnahmen gehören eine vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer von 19 auf 16 Prozent in der zweiten Jahreshälfte 2020, ein „Kinderbonus“ von 300 Euro pro Kind und Maßnahmen zur Stabilisierung der Strompreise. Die Kommunen sollen vom Bund finanziell entlastet und der Kauf von Elektroautos mit 6000 statt bisher 3000 Euro subventioniert werden. Das vorgelegte Konjunkturpaket ist das größte der Nachkriegszeit in Deutschland. Zuvor hatten die Bundestagsabgeordneten aus dem Kreis Göttingen das Paket sehr unterschiedlich bewertet. Welches sind die bemerkenswertesten Posten im Konjunkturpaket? Oberbürgermeister Rolf-Georg Köhler (SPD): Das Konjunkturpaket ist wirklich ausgesprochen breit aufgestellt. Das ist angesichts der gesellschaftlichen Tragweite der Corona-Pandemie auch wichtig. Ein gutes Signal war zudem, dass es in kurzer Zeit verabschiedet werden konnte. Es sind sehr viele positive Aspekte enthalten, die viele Bereiche wie beispielsweise die Mobilität erfassen. Der Ausgleich der Verluste aus der Gewerbesteuer kann für Kommunen ein besonders wichtiges Element sein. Wie das Paket im Detail aussieht, müssen wir uns sicherlich aber noch anschauen. Landrat Bernhard Reuter (SPD): Ich greife vier Dinge heraus: Erstens die Übernahme der Ausfälle bei der Gewerbesteuer durch Bund und Länder. Sie sichert die finanzielle Leistungsfähigkeit der Städte und Gemeinden. Zweitens die Förderung von Investitionen in Kindertagesstätten und der Ausbau von Ganztagsschulen. Landkreis und Gemeinden haben hier bereits große Anstrengungen unternommen, das wird nun unterstützt. Drittens die Übernahme von bis zu 75 Prozent der Kosten der Unterkunft. Das ist eine nachhaltige Stärkung der kommunalen Haushalte und wird vermutlich die Belastung, die durch steigende Arbeitslosigkeit auf uns zukommt, vollständig ausgleichen. Viertens sind die in Aussicht gestellten Mittel für den ÖPNV dringend notwendig. Ist bereits absehbar, was davon im Kreis Göttingen ankommen könnte? Köhler: Das gilt auch für die Frage, was für Göttingen unterm Strich bei herumkommt. Das lässt sich erst sehen, wenn die Ausführungsbestimmungen vorliegen. Wirklich kontraproduktiv wäre es, wenn die guten Verabredungen in der Politik durch zusätzliche Hürden erschwert würden. Darauf können wir verzichten. Reuter: Nein, das ist noch nicht seriös berechenbar. So wissen wir beispielsweise nicht, wann die höheren Erstattungsquoten bei den Kosten der Unterkunft greifen. Grob über den Daumen rechne ich durch diese Maßnahme mit Mehrerträgen von mehreren Millionen Euro, zugleich werden wir höhere Aufwendungen haben, weil die Zahl der Bedarfsgemeinschaften steigt. Eine präzise Aussage kann ich derzeit nicht treffen. Was fehlt in dem Paket? Köhler: Gut ist, dass im Paket von Zuschüssen die Rede ist. Für die Betroffenen ist das besser als Darlehensprogramme, auch wenn Zuschüsse den Staat mehr kosten. Was mir persönlich aufgefallen ist: Es fehlt ein Impuls, der die Situation von Künstlern und des Kulturbetriebs deutlich berücksichtigt. Auch die Unterstützung von Familien – die häufig genannten 300 Euro je Kind - entwickelt bei allem Wohlwollen auch Ungerechtigkeiten. Die finanziell schwächer gestellten Familien werden damit nicht im gleichen Maße erreicht wie jene, die auf das Geld möglicherweise gar nicht angewiesen sind. Reuter: Aus kommunaler Sicht ist das Paket schlüssig und konsequent. Es ist dem Koalitionsausschuss überraschend gut gelungen, ein Paket zu schnüren, das ausgewogen Hilfen für alle bietet und nicht große gegen kleine Kommunen, Städte nicht gegen Landkreise ausspielt. Das war aufgrund der Vorgeschichte nicht selbstverständlich. Lesen Sie auch: Konjunkturpaket: Mit 130 Milliarden Euro gegen die Corona-Krise Kinderbonus, Mehrwertsteuer, Kaufprämie und mehr: Wer profitiert vom Konjunkturpaket? Konjunkturpaket der GroKo: Ein Wumms für die Zukunft Reaktionen auf Konjunkturpaket - Kevin Kühnert: “Mit Karacho in die Zukunft" 300 Euro pro Kind: Mehrheit für Familienbonus des Konjunkturpakets Konjunkturpaket: Regierung zufrieden - aber Kritik wird lauter Kinderbonus: Wer profitiert und wann bekommen Eltern das Geld ausgezahlt? Mehrwertsteuersenkung in Corona-Krise: Was wird nun billiger? Sie erreichen den Autor per Mail an lokales@goettinger-tageblatt.de. Von Tammo Kohlwes

Corona-Krise - Corona-Konjunkturpaket: So bewerten es Göttingens Oberbürgermeister Köhler und Landrat Reuter