Windkraft in Göttingen: Was kostet das eigentlich?

Nützlicher Faktor bei der Energiewende oder Verschandelung der Landschaft? Bei Windkraftanlagen gehen die Meinungen wie bei kaum einem anderen Thema auseinander. Auch im Landkreis Göttingen drehen sich einige Räder, teilweise schon seit Jahren. Wie oft müssen sie gewartet werden, welche Kosten sind für Reparaturen einzukalkulieren? Wir haben bei Windkraftanlagenbetreibern aus der Region nachgefragt. Windräder in der Region Göttingen: Wie oft gibt es Defekte? „Grundsätzlich gilt: Je mehr Technik, insbesondere Elektronik, in der Anlage verbaut ist, desto mehr Störungen werden erkannt“, unterstreicht Regine Bomhoff, Prokuristin bei der Windkraft Diemarden GmbH & Co. KG, die in Ludolfshausen in der Gemeinde Friedland ansässig ist. „In aller Regel können die Fehler aber entweder aus der Ferne quittiert werden, ohne dass die Anlage längere Zeit stillsteht, oder es kommt kurzfristig ein Wartungs- beziehungsweise Reparaturteam und behebt die Störung.“ Die mittlerweile 24 Jahre alten Windräder der Windkraft Diemarden oberhalb der Deponie in Deiderode „hatten in 2020 eine Verfügbarkeit von fast 99 Prozent, die übrigen sechs Anlagen mindestens 97 Prozent“, berichtet Bomhoff. Verfügbar heißt in diesem Zusammenhang: Die Anlagen könnten Strom erzeugen, sofern der Wind weht. „Dass Großkomponenten wie Getriebe, Generator oder Hauptlager getauscht werden müssen, passiert glücklicherweise nur sehr selten“, so Bomhoff. „Wir versuchen durch eine Jahreswartung und eine große Wartung alle zwei Jahre Defekte zu vermeiden“, sagt Joachim Kelpe, einer von zwei Geschäftsführern der Windkraft Solling-Vorland GmbH & Co. KG, die in Adelebsen ansässig ist und deren drei Windräder am Imbser Weg zwischen Dransfeld und Imbsen stehen. „Natürlich gab es im Lauf der Jahre den einen oder anderen Problemfall, aber wir setzen auf Prävention.“ Darüber hinaus werde bei modernen Getrieben der Ölstand automatisch überwacht und das Rad bei einem Leck automatisch abgeschaltet. Die Windkraft Diemarden hat 2020 rund 28 Millionen Kilowattstunden ins Stromnetz eingespeist. Zum Vergleich: Ein Vier-Personen-Haushalt verbraucht jährlich rund 4000 Kilowattstunden. Die drei großen Enercon-Anlagen in der Gemeinde Gleichen (Bischhausen und Weißenborn) haben jeweils eine Nabenhöhe von 135 Metern und eine Leistung von 3000 Kilowatt. Drei kleinere Anlagen bei Bischhausen (68 Meter) leisten je 1300 Kilowatt, dazu kommen zwei 58 Meter hohe Räder oberhalb von Deiderode mit jeweils 600 Kilowatt. Das größte Windrad der Windkraft Solling-Vorland misst 149 Meter (Nabenhöhe), leistet 3000 Kilowatt und kommt auf acht Millionen Kilowattstunden im Jahr. Die anderen beiden sind 54 und 44 Meter hoch und produzieren 1,3 Millionen und 750000 Kilowattstunden jährlich. Solling-Vorland-Geschäftsführer Kelpe erläutert: „Hohe Windkraftanlagen haben den Vorteil, dass man nicht so viel davon benötigt, weil sie relativ viel mehr Strom produzieren.“ Warum drehen sich manche Räder scheinbar so gut wie nie? „Dass sich Anlagen so gut wie nie drehen, trifft auf unsere nicht zu. Unsere acht Anlagen waren im Jahr 2020 zwischen 6000 und 7500 Stunden in Betrieb“, berichtet Bomhoff. Abschaltungen aufgrund von Strom-Überangebot gebe es in der Region Göttingen „so gut wie nicht. In 2020 wurden unsere drei großen Anlagen im Frühjahr ein einziges Mal für wenige Stunden abgeregelt“, so Bomhoff. „Es gibt Tage, an denen die Betriebe nicht arbeiten – wie Ostern, Weihnachten oder Himmelfahrt. Da ist der Strombedarf nicht so hoch wie sonst, und dann wird abgeschaltet“, so Solling-Vorland-Geschäftsführer Kelpe. Zum Energiemix gehört Solarstrom, und deshalb beeinflusst auch die Sonnenscheindauer den Windkraft-Bedarf. Ein grundsätzlicher Einflussfaktor ist ebenso der Strompreis, der seit 2016 an der Leipziger Strombörse gehandelt werde. In anderer Hinsicht stellt starker Wind keine Gefahr für Windkraftanlagen dar, so Kelpe: „Die Windräder richten sich dann von der Verstellung her automatisch anders aus“, erläutert er. Lesen Sie auch Wann öffnen Friseure in Niedersachsen? Was gilt für den Friseurbesuch? Wetter-Liveticker: Wie wird das Wetter morgen in Göttingen? Cantus-Bahnen fahren wieder Winterchaos in Göttingen: Ärger und Unmut über nicht geräumten Schnee in den Straßen Wie oft wird gewartet? Wartungen werden bei den Anlagen der Windkraft Diemarden zweimal pro Jahr durchgeführt. „Dafür stehen die Anlagen je nach Typ ein bis drei Tage“ erläutert Bomhoff. Je nach Alter würden die Anlagen darüber hinaus alle zwei bis vier Jahre durch einen Sachverständigen auf ihre Betriebssicherheit überprüft. Bomhoff: „Vergleichbar mit der Hauptuntersuchung eines Autos, nur nicht so günstig.“ Eine Jahreswartung nehme rund zwei bis drei Tage in Anspruch, erläutert Joachim Kelpe von der Windkraft Solling-Vorland, die mit einer Wartungsfirma aus Bremervörde mit Filiale in Peine zusammenarbeitet. Wie teuer ist die Wartung im Verhältnis zu Anschaffungskosten und Nutzungsdauer? „Bei uns belaufen sich die Kosten für Wartung und Reparaturen auf etwa 10 bis 15 Prozent der Erlöse“, sagt Bomhoff – die allerdings über die Höhe der jährlichen Erlöse nichts sagen will. Es gilt aber: Die Kosten für einen größeren Schaden, etwa einen Generatoren- oder Getriebetausch bei einem älteren Windrad, sind im fünfstelligen Bereich angesiedelt. Der Jahresumsatz der Windkraft Diemarden beläuft sich auf rund 2,7 Millionen Euro. Für Wartungskosten kalkuliert die Windkraft Solling-Vorland laut Geschäftsführer Kelpe rund 10 000 Euro im Jahr ein. „Wir fahren nach Plan“, sagt er. Von Eduard Warda