Wird der trockene Frühling in und um Göttingen zum Problem?

Es ist trocken in Deutschland. Viel trockener, als es sein sollte, vermeldete der Deutsche Wetterdienst vergangenen Woche. In der ersten April-Hälfte fielen demnach nur knapp drei Prozent der sonst für den Monat typischen 58 Liter pro Quadratmeter. Das sorgt auch in der Region für poröse Ackerböden und hebt das Risiko von Waldbränden. Landwirte fürchten einen neuen Dürresommer, Jäger mahnen Waldbesucher zur Achtsamkeit. Mit einem beherzten Spatenstich entnimmt Ralf Bartens eine Erdprobe auf seinem Acker in Groß Ellershausen. Er bricht ein Stück Erde von den Wurzeln des Winterweizens und zerreibt es in der Hand: „So schlimm ist es noch nicht. Sie könnte aber etwas fester sein. So langsam sollte es regnen“, sagt der Landwirt. „Das Problem ist die niedrige Luftfeuchtigkeit, das ist Stress für die Pflanzen.“ Konsequenzen hat das bereits jetzt für die Milchviehbetriebe: „In circa 14 Tagen steht der erste Schnitt des Futtergrases an. Der wird wohl hinter den Erwartungen zurückbleiben.“ Am deutlichsten zeigt sich die Trockenheit in den rissigen Böden. Das veranschaulicht Markus Gerhardy, Ackerbauer aus Gieboldehausen. Auf einem Foto seines Instagram-Kanals verschwindet ein ganzes Taschenmesser in einer dieser Bodenspalten: Hoffen auf langsamen Landregen: Auch bei Kreislandwirt Hubert Kellner in Desingerode macht sich die Trockenheit bemerkbar. „Die Maschinen für die Mais-Aussaat verschwinden fast in den großen Staubwolken.“ Sorgen macht er sich dennoch nicht. „Extremes Wetter hat es schon immer gegeben. Wir leben hier am Rande des Harz in einer gesegneten Region.“ Im Vergleich zu den Betrieben im Norden und Osten, die die Trockenheit der vergangenen Jahre besonders getroffen habe, sei „die Welt im Eichsfeld noch in Ordnung“. „Was wir brauchen, ist ein langsamer Landregen“, erklärt Kellner, ein Regen mit niedriger Intensität über mehrere Tage, den die trockenen Böden gut aufnehmen könnten. „Dieses Risiko kann uns keiner nehmen“: Anders als Kellner zeigt sich Bartens besorgt über die Häufung der Trockenperioden. „Es ist bezeichnend, dass wir das immer wieder haben. Das totzuschweigen, wird sich für die Gesellschaft nicht lohnen.“ Ein weiterer Hitzesommer wäre nicht nur für ihn ein großes Problem. „Wir Bauern spekulieren mit unserer Aussaat auf Regen und eine gute Ernte. Dieses Risiko kann uns keiner nehmen.“ Dennoch wünscht sich Bartens, dass die Gesellschaft den Landwirten „einen fairen Umgang“ mit diesem Risiko ermöglicht. Das bedeute im Zweifelsfall auch Hilfe bei der Kompensation der wirtschaftlichen Schäden. Ein internationaler Austausch sei dafür unerlässlich. Für Katastrophen-Prognosen ist es jedoch noch zu früh. „Das wäre Kaffeesatzleserei“, sagt der Diplom-Agraringenieur Achim Hübner, Geschäftsführer des Göttinger Landvolks. Dennoch sei es wichtig, sich auch in Krisenzeiten mit den drohenden Problemen auseinanderzusetzen. „Ein drittes trockenes Jahr können wir uns nicht leisten.“ Und noch ein weiterer Gedanke treibt Hübner in diesen Tagen um. „Die Republik läuft grade im Sparmodus. Viele Menschen leiden unter existenziellen Sorgen und erhalten finanzielle Unterstützung. Vielleicht können sie jetzt besser verstehen, in welcher Lage die Landwirte in den vergangenen Trockenjahren waren.“ Brandgefahr in trockenen Wäldern: In den Wäldern besteht durch das trockene Wetter eine höhere Brandgefahr. Der Waldbrandgefahrenindex des Deutschen Wetterdienstes verzeichnet für die kommenden Tagen die dritte von fünf Warnstufen in Südniedersachsen. „Grundsätzlich ist ein Waldbrandrisiko im Frühling nicht ungewöhnlich“, sagt Axel Pampe, Forstamtsleiter in Reinhausen. Dennoch sei hier ein Wandel zu verzeichnen: „Eigentlich liegen die typischen Waldbrandgefahrengebiete nördlich des Mittellandkanals. Aber Südniedersachsen holt auf.“ Ursache hierfür seien sind die durch Stürme entstandenen Freiflächen und die durch den Borkenkäfer geschädigten trockenen Bäume. Die niedersächsischen Landesforsten reagieren mit verschiedenen Maßnahmen auf das gestiegene Risiko. Neben dem Aufstellen von Löschtanks sei vor allem die Erschließung des Waldes wichtig, erklärt Pampe, damit die Feuerwehr im Falle eines Brandes nah genug an die Flammen herankomme. Außerdem versuche man, gezielt Laubbäume anzupflanzen, da sie schlechter brennen als Nadelbäume. „Aber auch Laubwälder können brennen“, mahnt der Waldexperte. Deshalb sei es wichtig, dass sich Waldbesucher an die Schutzmaßnahmen hielten. „Schon eine achtlos weggeworfene Kippe kann schnell einen Flächenbrand auslösen“, sagt Thomas Ehbrecht, Vorsitzender der Jägerschaft Duderstadt. Er mahnt Waldbesucher deshalb zur besonderen Vorsicht. „In der Corona-Krise sind Naherholungsgebiete sehr beliebt für einen Ausflug – was auch ohne Wenn und Aber zu verstehen ist“, so Ehbrecht. Da Waldbrände jedoch häufig aus Fahrlässigkeit entstünden, gelte es, sich umsichtig zu verhalten. Hierzu gibt der Verband konkrete Tipps. Autos nur auf ausgewiesenen Parkplätzen abstellen, denn heiße Katalysatoren oder Auspuffrohre können trockenes Gras oder Laub entzünden. Zufahrtswege freihalten. Parkende Autos am Wegrand sind nicht nur brandgefährlich – sie behindern im Ernstfall Löschfahrzeuge. Keine offenen Lagerfeuer und kein Grillen in Waldnähe. Zigarettenkippen nicht achtlos wegwerfen und auf Rauchen am besten verzichten. Im Falle eines Brandes ist immer die Feuerwehr unter der Telefonnummer 112 oder die nächste Polizeidienststelle unter Telefon 110 zu verständigen. Lesen Sie auch: Viele Felder in Niedersachsen sind zu trocken: Bauern sorgen sich um Rüben und Gerste Früher und heute: So sorgen Dürren und Hitze im Harz für Probleme Von Hannah Rudolph

Dürre - Wird der trockene Frühling in und um Göttingen zum Problem?