„Wissen verdoppeln“: Göttinger Aids-Hilfe beteiligt sich mit Schnitzeljagd an Welt-Aids-Tag

Die Göttinger Aids-Hilfe hat eine Botschaft: „HIV ist im Alltag nicht übertragbar – unter medikamentöser Therapie auch nicht in der Sexualität“, sagt Simone Kamin aus dem Geschäftsführungsteam. Mit einer Schnitzeljagd und gesprayten Motiven will die Organisation zum Welt-Aids-Tag am Dienstag, 1. Dezember, darauf aufmerksam machen. Vier verschiedene Motive haben ehrenamtliche Helfer der Aids-Hilfe mithilfe von Schablonen in den vergangenen Tagen in und rund um die Göttinger Innenstadt, auf dem Campus und bei Tegut in Weende mit auffälligen Neon-Kreidefarben auf den Boden gesprayt. Außer der roten AIDS-Schleife ist dort „HIV ist unter Therapie nicht übertragbar“, „nicht nachweisbar = nicht übertragbar“ und die Kurzform „n=n“ zu lesen. Mit den Botschaften will die Aids-Hilfe darauf hinweisen, dass es seit rund 20 Jahren längst Medikamente gibt, die eine Vermehrung von HIV im Körper so weit unterdrücken, bis das Virus im Blut nicht mehr nachweisbar sei. So sei es auch nicht mehr übertragbar, erläutert die Aids-Hilfe. In Deutschland lebten Ende 2019 nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) 90 700 Menschen mit HIV. Etwa 77.000 Menschen sind in Behandlung, rund 88 Prozent der HIV-Positiven. Die Neuinfektionen bei Männern, die Sex mit Männern haben, gehe seit Jahren zurück, sagt Simone Kamin von der Göttinger Aids-Hilfe. Die Gründe dafür seien eine hohe Testbereitschaft in dieser Zielgruppe in Verbindung mit gezielten Testangeboten. Die geschätzte Zahl der HIV-Neuinfektionen in Deutschland lag 2019 bei 2600. In Niedersachsen lebten nach RKI-Schätzungen Ende 2019 3900 Menschen mit HIV, darunter etwa 3000 Männer und knapp 1000 Frauen. Die geschätzte Zahl an HIV-Neuinfektionen lag in Niedersachsen 2019 bei 170. Die Todesfälle schätzt das RKI in Niedersachsen auf 40. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die Deutsche Aids-Stiftung und die Deutsche Aidshilfe haben vor der Diskriminierung von Menschen mit einer HIV-Infektion gewarnt. Diskriminierung begegne HIV-positiven Menschen in Form von Vorurteilen und aufgrund von Unwissenheit, erklärten die Organisationen zum Welt-Aids-Tages am 1. Dezember. Mit einer Gemeinschaftsaktion unter dem Titel „Leben mit HIV – anders als du denkst“ wollen sie Berührungsängste, Ablehnung und Diskriminierung entgegenwirken. „Viele Menschen wissen nicht, dass sich das Leben mit HIV durch Fortschritte der Medizin wirksam verändert hat“, sagte die Leiterin der Bundeszentrale, Heidrun Thaiss. Sylvia Urban vom Vorstand der Deutschen Aidshilfe ergänzte, dass Menschen mit HIV ein Recht darauf hätten, „dass ihnen wegen HIV keine unnötigen Schwierigkeiten gemacht werden“. Auf Basis neuer Medikamente kann die Vermehrung des HI-Virus im Körper der Betroffenen verhindert werden. 20 Wirkstoffe gegen HIV sind verfügbar. „Diesen Wissenstand wollen wir der Bevölkerung vermitteln“, erläutert Simone Kamin von der Göttinger Aids-Hilfe. Auch wenn es HIV und Aids immer noch gebe: Die Nachrichten rund um die Infektion mit dem HI-Virus und die dadurch hervorgerufene Krankheit Aids seien aber „steil ins Positive“ gerichtet, sagt Kamin. Menschen mit HIV könnten ein Leben leben, wie jeder andere auch, und jeden Beruf ausüben. Dennoch: HIV-Positive erführen auch heute noch Stigmatisierung und Diskriminierung. „Mit Ausgrenzung muss immer noch gerechnet werden“, sagt Kamin. Das hänge auch mit einem zu geringen Wissen in der Bevölkerung zusammen. Kampagne „Wissen verdoppeln“: Die Göttinger Aktion ist Teil der deutschlandweiten Kampagne „Wissen verdoppeln“. Mit ihm will die Göttinger Aids-Hilfe den Wissensstand in der Bevölkerung vergrößern, um Diskriminierung und Stigmatisierung von Menschen mit HIV weiter abzubauen, „sodass alle Menschen entspannt und selbstverständlich zusammen leben können“, erklärt Kamin. Johanna Gather, ehrenamtliche Mitarbeiterin, ergänzt, dass diese Aktion der Aids-Hilfe die Gelegenheit gebe, in die Öffentlichkeit zu gehen. Die Corona-Pandemie habe die Präventions- und Aufklärungsarbeit stark eingeschränkt. Finde unsere Schnitzeljagd-Motive und poste Bilder davon auf fb. Dafür #göttingeraidshilfe liken und den Post mit uns... Posted by Göttinger AIDS-Hilfe on Friday, November 27, 2020 Die ebenso bunten wie wichtigen Botschaften sollen vielen Menschen „über den Weg laufen“ – virtuell und draußen, erläutert Kamin. So würden auf der Facebook-Seite der Aids-Hilfe „Fährten“ wie Koordinaten und Suchbilder ausgelegt, die auf die Orte mit den Sprühmotiven hinweisen. Wer die Orte findet, dort Bilder von den Motiven macht, auf Facebook hochlädt und die Aids-Hilfe markiert, bekommt ein Geschenk. Broistedt lobt wichtige Arbeit der Göttinger Aids-Hilfe: Göttingens Sozialdezernentin Petra Broistedt lobte die Arbeit der Göttinger Aids-Hilfe. Seit 35 Jahre leiste sie wichtige Arbeit bei der Beratung und Begleitung von Menschen mit HIV und deren Angehörigen, in der Prävention und Öffentlichkeit. Schulen und andere Einrichtungen können Workshops und Schulungen bei der Aids-Hilfe buchen. Auch bietet sie einen HIV-Selbststest an. Lesen Sie auch: Aids-Bekämpfung könnte durch Corona-Pandemie herben Rückschlag erleiden Ohne Therapie: Wieso können manche Menschen HIV in Schach halten? Göttinger Aidshilfe weiterhin erreichbar Die Göttinger Schnitzeljagd wird umgesetzt mit Fördermitteln der Deutschen Aids-Hilfe im Rahmen der deutschlandweiten Kampagne. Die Platzierung der Sprühmotive auf städtischen Bodenflächen sei von der Stadt Göttingen genehmigt worden, betont Kamin. Die Universität habe den Bereich am ZHG für die Aktion freigegeben und Tegut die Nutzung betrieblicher Flächen an ihrem Markt in Weende erlaubt. Die Firma „Die Signmaker“ hat die Herstellung der Sprühmotive gesponsert. Von Michael Brakemeier